Gottfried Vopelius
Der aus einer alteingesessenen mitteldeutschen Pfarrersfamilie stammende V. besuchte 1662 bis 1666 das Gymnasium in Zittau. Als Präfekt des Schülerchors hatte er wohl engen Kontakt zum Kantor der dortigen Johanneskirche, Andreas Hammerschmidt. 1667 begann V. ein Studium an der Universität Leipzig. Bereits 1671 wurde er „Collaborator ultimus“ (höchster Hilfslehrer) an der dortigen Nikolaischule. In seinem Bewerbungsschreiben für das Kantorat verwies V. 1676 auf seine Fähigkeiten als Lehrer, Musiker und Komponist. 1677 erhielt er als Nachfolger von
Elias Nathusius vom Rat der Stadt Leipzig die Berufung für dieses Amt an St. Nikolai. V. unterrichtete Grammatik, Bibellektüre, Latein, Erdkunde, Musik und Griechisch. Er hatte als „Praecentor choralium“ zugleich gottesdienstliche Aufgaben zu erfüllen und spielte außerdem nach eigener Aussage die Bassgeige. Möglicherweise sind in der schlechten Bezahlung der Nikolailehrer, die bereits von seinem Vorgänger beklagt wurde, in den beschränkten räumlichen Verhältnissen sowie in einer zunehmenden Disziplinlosigkeit der Schüler die Gründe dafür zu suchen, dass V. später seine Lehrtätigkeit, die er bis an sein Lebensende versah, offensichtlich nur noch halbherzig erfüllte. – V.s bleibendes Verdienst ist die Herausgabe des „Neu Leipziger Gesangbuchs“ 1682 (Neuauflagen „ohne Melodeyen“ 1693 und 1707), das als Kantional (mit mehrstimmigen Gesängen zum gottesdienstlichen Gebrauch) und nicht als Gemeindegesangbuch zu verstehen ist. Es enthält auf 1.104 Seiten insgesamt 432 Stücke, davon 113 nur in Textform, 55 einstimmige Gesänge und knapp 100 mit lateinischem Text. Der Hinweis im Titel „theils aber selbsten componiret“ lässt darauf schließen, dass ein erheblicher Teil der anonym veröffentlichten Sätze vom Herausgeber stammt. Im Übrigen sind dort außer Heinrich Schütz,Johann Schelle, Johann Rosenmüller und Michael Praetorius etwa 20 weitere namhafte Komponisten vertreten. Den Textteil betreute der Theologe Georg Moebius. Verlegt wurde das Buch von
Christoph Klinger und gedruckt von
Gallus Niemann. Die Bedeutung des mit musterhafter Gründlichkeit abgefassten Werks, das
Melchior Francks „Dulces mundani“ (1631) und Johann Hermann Scheins „Cantional“ (1627) als Grundlage der Leipziger Figuralmusikausübung ablöste, reicht weit über Leipzig hinaus. Sein erheblicher Einfluss auf andere Gesangbücher nicht nur der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist unbestritten. Von Johann Sebastian Bachs überlieferten Choralsätzen sind mehr als 30 Stücke direkt vom Gesangbuch des V. beeinflusst. Es ist nicht zuletzt ein außerordentlich aussagekräftiges Zeugnis der Leipziger Liturgiegeschichte.
Werke (Hg.), Neu Leipziger Gesangbuch, Von den schönsten und besten Liedern verfasset … Mit 4. 5. bis 6. Stimmen, deren Melodeyen Theils aus Johann Hermann Scheins Cantional, und andern guten Autoribus zusammen getragen, theils aber selbsten componiret, Leipzig 1682 (eigene Stücke: Meine Seele Gott erhebt, O treuer Jesu, Also hat Gott die Welt geliebt); (Hg.), Leipziger Gesang=Buch Welches Anno 1682. in octavo mit derer Lieder Melodeyen von 4. 5. biß 6. Stimmen: Jetzo aber ohne dieselben mit vielen Liedern vermehret und schönen Kupffern gezieret in diesem Format …, Leipzig 21693, 31707.
Literatur E. Dohmke, Die Nicolaischule im 17. Jahrhundert, in: Programm des Nicolaigymnasiums in Leipzig 1874, Leipzig 1874, S. 2-43; H. Hofmann, Zur Geschichte der Leipziger Gesangbücher, Leipzig 1904; A. Schering, Musikgeschichte Leipzigs, Bd. 2, Leipzig 1926; H. Koch, Gottfried V., Nikolai-Kantor in Leipzig (1645-1715), in: Aus der Geschichte der Familie Vopelius 1/1935, H. 2, S. 2-26; J. Grimm, Das Neu Leipziger Gesangbuch des Gottfried V. (Leipzig 1682), Berlin 1969. – ADB 40, S. 298f.; DBA I, II, III; DBE 10, S. 253.
Clemens Harasim
17.6.2005
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Harasim, Artikel: Gottfried Vopelius,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/4011 [Zugriff 22.11.2024].
Gottfried Vopelius
Werke (Hg.), Neu Leipziger Gesangbuch, Von den schönsten und besten Liedern verfasset … Mit 4. 5. bis 6. Stimmen, deren Melodeyen Theils aus Johann Hermann Scheins Cantional, und andern guten Autoribus zusammen getragen, theils aber selbsten componiret, Leipzig 1682 (eigene Stücke: Meine Seele Gott erhebt, O treuer Jesu, Also hat Gott die Welt geliebt); (Hg.), Leipziger Gesang=Buch Welches Anno 1682. in octavo mit derer Lieder Melodeyen von 4. 5. biß 6. Stimmen: Jetzo aber ohne dieselben mit vielen Liedern vermehret und schönen Kupffern gezieret in diesem Format …, Leipzig 21693, 31707.
Literatur E. Dohmke, Die Nicolaischule im 17. Jahrhundert, in: Programm des Nicolaigymnasiums in Leipzig 1874, Leipzig 1874, S. 2-43; H. Hofmann, Zur Geschichte der Leipziger Gesangbücher, Leipzig 1904; A. Schering, Musikgeschichte Leipzigs, Bd. 2, Leipzig 1926; H. Koch, Gottfried V., Nikolai-Kantor in Leipzig (1645-1715), in: Aus der Geschichte der Familie Vopelius 1/1935, H. 2, S. 2-26; J. Grimm, Das Neu Leipziger Gesangbuch des Gottfried V. (Leipzig 1682), Berlin 1969. – ADB 40, S. 298f.; DBA I, II, III; DBE 10, S. 253.
Clemens Harasim
17.6.2005
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Harasim, Artikel: Gottfried Vopelius,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/4011 [Zugriff 22.11.2024].