Carl Schröder
S. gehörte in den 1950er-Jahren zusammen mit seiner Frau
Henriette zu den besten Puppenspielern der DDR und erlangte auch in Westdeutschland großen Bekanntheitsgrad. Als Regisseur inszenierte er v.a. an den staatlichen Puppentheatern Sachsens: in Dresden, Bautzen und Chemnitz, aber auch in Berlin und Magdeburg sowie in St. Gallen (Schweiz). – Seinen Weg zum Puppenspiel fand der ausgebildete Maschinenschlosser und Techniker über die Bildende Kunst. Aus der Arbeitslosigkeit heraus entschloss sich S. 1925 zu einer Umschulung zum Werklehrer in Berlin. Ab 1926 studierte er an der Hochschule für Bildende Kunst Berlin Grafik bei
Emil Orlik. Mit dem Puppenspiel beschäftigte er sich erst ab 1928 intensiver. Gemeinsam mit seiner Frau Henriette baute S. 1929 eine eigene Puppenbühne in Radebeul auf, mit der sie Sachsen bereisten. Anfangs spielten sie noch mit Hohnsteiner Puppen im Stil Max Jacobs. Spätestens seit 1934 entwickelte S. einen eigenen Stil, wenn auch beeinflusst durch den Dresdner Puppenspieler Oswald Hempel. 1941 bis 1944 wurde S. im Rahmen der Frontbetreuung eingesetzt. Im letzten Kriegsjahr wurde er selbst eingezogen. Bereits 1946 nahm S. jedoch seinen Spielbetrieb wieder auf. 1950 gewann er den Landeswettbewerb der sächsischen Puppenspieler. – Seine erfolgreichste Kinderinszenierung „Pinocchios Abenteuer“ (1954) war wegweisend. Hier trat S. im Kostüm des Meisters Holzspan vor die Bühne und unterhielt sich mit den Zuschauern. Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit Pinocchio in Gestalt einer Handpuppe ging S. hinter die Bühne, und es erschien eine zweite Handpuppe mit seinen eigenen Gesichtszügen und Meister Holzspans Anzug. Die Besonderheit der Bühne bestand im gleichzeitigen Einsatz eines Rundhorizonts und stilisierter Kulissen. Die Musik für das Stück wurde eigens von
Siegfried Kurz komponiert. „Pinocchios Abenteuer“ inszenierte S. noch mehrmals an Puppentheatern der DDR. Seine letzte Pinocchio-Inszenierung in Dresden blieb 1979 bis 1985 auf dem Spielplan. – Die Aufführung „Der Bauer als Millionär“ von 1956 entwickelte sich mit neuen Figuren und gestrafftem Text zur erfolgreichsten Abendinszenierung des Dresdner Puppentheaters. Seit S.s Teilnahme an der Internationalen Woche des Puppenspiels in Braunschweig gab er auch Gastspiele in der BRD. Nachfolgende Ausstattungen und Puppengestaltungen verrieten die Bekanntschaft mit dem westdeutschen Gestalter
Harro Siegel. 1961 stellte S. seinen Spielbetrieb ein und arbeitete von da an hauptsächlich als Regisseur und Ausstatter an Theatern und am DEFA-Studio für Trickfilme in Dresden-Kesselsdorf für Handpuppenfilme. Zwei seiner Bühneninszenierungen („Der Bauer als Millionär“ unter dem Titel „Der Teufelstaler“ und „Pinocchios Abenteuer“) waren bereits 1958/59 verfilmt worden. 1966 bis 1969 war S. Intendant des Puppentheaters Berlin. Danach fertigte er nur noch vereinzelt Ausstattungen für Kollegen an, so z.B. für
Kurt Seiler in Hannover. Die Bekanntschaft mit der Künstlerin
Brigitte Schiefelbein 1972 weckte sein Interesse am Puppenspiel erneut. In den Folgejahren entstanden gemeinsame Inszenierungen. Zunächst fertigte Schiefelbein nur die Kostüme an, doch ihr Anteil an den Ausstattungen wuchs, und S. konnte sich auf die Regiearbeit konzentrieren. 1979 endete ihre Zusammenarbeit. S.s letzte Regiearbeit war „Das tapfere Schneiderlein“ 1984 in Bautzen. Seine letzte komplette Ausstattung stellte S. 1993 für das Windsbacher Puppentheater Kaspari für den „Freischütz“ her. – S. erhielt eine Reihe von Ehrungen: Nach zehnjähriger Mitgliedschaft im Präsidium der Union Internationale de la Marionnette (UNIMA) wurde er 1972 zum Ehrenmitglied der UNIMA und später zum Ehrenpräsidenten des Nationalen UNIMA-Zentrums der DDR ernannt, dessen Vorsitz S. seit 1963 innehatte. 1972 bis 1980 engagierte er sich im UNIMA-Rat und in der UNIMA-Publikationskommission. Außerdem war S. Ehrenmitglied des Theaterverbands der DDR und des wissenschaftlichen Beirats der Puppentheatersammlung Radebeul. Darüber hinaus erhielt er den Preis für künstlerisches Volksschaffen der DDR erster Klasse, die Verdienstmedaille der DDR sowie den Vaterländischen Verdienstorden in Silber.
Quellen Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv der Puppentheatersammlung, Spielerakte S.
Literatur F. Gay, Der Puppenspieler Carl S., Bochum 1960; R. Mäser, Carl S. - Puppenspieler - Gestalter - Regisseur, in: Jahrbuch der staatlichen Kunstsammlungen Dresden 1970-1971, S. 217-229; ders., Gestaltung und Funktion der Handpuppe in den gegenwartsbezogenen Handpuppenfilmen Carl S., in: Material zum Theater 53/1975, S. 74-86.
Porträt Carl S., 1979, 1994, Fotos, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Puppentheatersammlung, Fotoarchiv; Selbstporträt des Puppenspielers Carl Schröder, um 1980, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Dorothee Carls
26.6.2006
Empfohlene Zitierweise:
Dorothee Carls, Artikel: Carl Schröder,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22763 [Zugriff 2.11.2024].
Carl Schröder
Quellen Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv der Puppentheatersammlung, Spielerakte S.
Literatur F. Gay, Der Puppenspieler Carl S., Bochum 1960; R. Mäser, Carl S. - Puppenspieler - Gestalter - Regisseur, in: Jahrbuch der staatlichen Kunstsammlungen Dresden 1970-1971, S. 217-229; ders., Gestaltung und Funktion der Handpuppe in den gegenwartsbezogenen Handpuppenfilmen Carl S., in: Material zum Theater 53/1975, S. 74-86.
Porträt Carl S., 1979, 1994, Fotos, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Puppentheatersammlung, Fotoarchiv; Selbstporträt des Puppenspielers Carl Schröder, um 1980, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Dorothee Carls
26.6.2006
Empfohlene Zitierweise:
Dorothee Carls, Artikel: Carl Schröder,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22763 [Zugriff 2.11.2024].