Albert Soergel
S. war einer der anerkanntesten Literaturhistoriker und Literaturwissenschaftler seiner Zeit. Einige seiner Werke zur Literaturgeschichte erlangten eine große Popularität. – S. besuchte das Königliche Gymnasium in Chemnitz und beendete es Ostern 1899 mit der Reifeprüfung. Von einer Unterbrechung durch die einjährige Militärzeit 1899/1900 abgesehen, studierte er in Freiburg/Breisgau, Berlin und Leipzig die Fächer Germanistik, Geschichte und Philosophie. An der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig wurde er am 12.9.1905 zum Dr. phil. promoviert und bestand ein Jahr später, am 6.7.1906, die Staatsprüfung. Im Winterhalbjahr 1906 unterrichtete S. als Referendar am Königin-Carola-Gymnasium in Leipzig und im Sommerhalbjahr 1907 am Realgymnasium in Annaberg. Ende September 1907 trat er aus dem Schuldienst aus, um im Auftrag eines Leipziger Verlags an einem größeren Buchprojekt mit dem Titel „Dichtung und Dichter der Zeit - vom Naturalismus bis zur Gegenwart“ zu arbeiten. Am 1.10.1911 begann er seine Tätigkeit als Lehrer an der Königlichen Gewerbeakademie Chemnitz für die Fächer Deutsch, Deutsche Geschichte und Literaturgeschichte. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er als Reserveoffizier eingezogen und diente bis Kriegsende an der Front. S. erhielt 1916 das Ritterkreuz zweiter Klasse des sächsischen Albrechtsordens mit Schwertern und das Eiserne Kreuz erster Klasse. – Am 14.5.1920 erfolgte seine Ernennung zum Professor für Literatur- und Kulturgeschichte an der Königlichen Gewerbeakademie in Chemnitz. Von April 1922 bis März 1923 ließ er sich beurlauben, um „Im Banne des Expressionismus“ abschließen zu können, der als Band 2 seines Werks „Dichtung und Dichter der Zeit“ im In- und Ausland umfangreiche Verbreitung fand und seinen Ruf als Literaturwissenschaftler und -historiker etablierte. – Als Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter der „Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz“ trug S. wesentlich zu deren hohem Ansehen in Deutschland bei. Zwischen 1921 und 1945 organisierte er Vorträge und Veröffentlichungen und war für die Drucklegung der Publikationen zuständig. Unter seiner Leitung widmete sich die Vereinigung v.a. der Förderung zeitgenössischer Dichtung und Literatur in moderner Gestaltung. S.s Credo - „der Dichtung leben“ - wurde Programm der Gesellschaft und prägte nachhaltig das literarische und kulturelle Leben in Chemnitz zwischen den beiden Weltkriegen. Neben selbstständigen Publikationen verfasste er zahlreiche Aufsätze und war als Herausgeber von Zeitschriften und Editionen tätig. S. gilt als „Meister lebendiger Charakterisierung“ (
Munzinger). Besondere Attraktivität erlangten seine Bücher durch die originelle Gestaltung mit weithin unbekannten Bildnissen, Karikaturen und Faksimiles. 1929 zählte er zu den Gründungsmitgliedern des Rotary Clubs in Chemnitz. – S. war seit 1933 Mitglied der NSDAP, des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) und der SA. 1939 wurde er für das silberne Treudienst-Ehrenzeichen vorgeschlagen. Von November 1944 bis April 1945 gehörte er zum Volkssturm in Chemnitz. Am 8.11.1945 wurde S. wegen seiner Mitgliedschaft in den NS-Organisationen aus dem Dienst der Staatlichen Akademie Chemnitz entlassen und zog sich danach aus dem öffentlichen Leben zurück.
Quellen Universitätsarchiv Chemnitz, 100/742, 100/743; Stadtarchiv Chemnitz, Polizeimeldewesen, I S., Bl. 246.
Werke Ahasver-Dichtungen seit Goethe, Diss. Leipzig 1905; Die deutsche Dichtung der letzten 30 Jahre. Leitsätze und Streitsätze, Langensalza 1920; Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte, Bd. 1, Leipzig 1911, 1916, 1919, 1921, 1961, Bd. 2: Im Banne des Expressionismus, Leipzig 1925, 1926, 1927, 1930, 1963, Bd. 3: Dichter aus deutschem Volkstum, Leipzig 1934, 1935; Kristall der Zeit. Eine Auslese aus der deutschen Lyrik der letzten 50 Jahre, Leipzig/Zürich 1929; Goethe-Gedenkrede, gehalten am 08.3.1932 im Rotary Club Chemnitz, Chemnitz 1932; (Bearb.), C. M. Wieland, Die Abderiten, Berlin 1952; Anthologie der deutschen Landschaft, Bd. 1: Harz, 1953.
Literatur Festschrift für Albert S. zum fünfzigsten Geburtstage, hrsg. von der Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz, Chemnitz 1930; E. Kunze, Zur Neubestimmung des Bildes der deutschen Gegenwartsdichtung. Ein kritischer Bericht über die Arbeiten v. A. S. u.a., in: Germanisch-romanische Studien. Prof. H. Suolahti zum 60. Geburtstag am 7. Oktober 1934 von Fachgenossen, Freunden und Schülern dargebracht, Helsinki 1934, S. 511-544; R. Steude, Die Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz, in: Imprimatur NF 8/1972, S. 73-84; M. Zieger, Die Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz, in: Karl-Marx-Städter Almanach 7/1988, S. 33-35; Von Alberti bis Zöppel. 125 Biografien zur Chemnitzer Geschichte, hrsg. vom Stadtarchiv Chemnitz, Chemnitz 2000, S. 106; H.-J. Hermes/W. Lambrecht/S. Luther, Von der Kgl. Gewerbschule zur Technischen Universität, Chemnitz 2003, S. 78, 83, 103f.; W. Soergel, Geborgen und Getragen, Stadthagen o. J.; ders., Niemandsland. Rabenstein 1945, o. O. o. J. – DBA II, III; DBE 9, S. 359f.; Internationales biographisches Archiv 36/1959, Online-Ausgabe: www.munzinger.de.
Porträt Foto, um 1940, Universitätsarchiv Chemnitz, 502/277 (Bildquelle).
Renate Wißuwa
15.4.2008
Empfohlene Zitierweise:
Renate Wißuwa, Artikel: Albert Soergel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22852 [Zugriff 2.11.2024].
Albert Soergel
Quellen Universitätsarchiv Chemnitz, 100/742, 100/743; Stadtarchiv Chemnitz, Polizeimeldewesen, I S., Bl. 246.
Werke Ahasver-Dichtungen seit Goethe, Diss. Leipzig 1905; Die deutsche Dichtung der letzten 30 Jahre. Leitsätze und Streitsätze, Langensalza 1920; Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte, Bd. 1, Leipzig 1911, 1916, 1919, 1921, 1961, Bd. 2: Im Banne des Expressionismus, Leipzig 1925, 1926, 1927, 1930, 1963, Bd. 3: Dichter aus deutschem Volkstum, Leipzig 1934, 1935; Kristall der Zeit. Eine Auslese aus der deutschen Lyrik der letzten 50 Jahre, Leipzig/Zürich 1929; Goethe-Gedenkrede, gehalten am 08.3.1932 im Rotary Club Chemnitz, Chemnitz 1932; (Bearb.), C. M. Wieland, Die Abderiten, Berlin 1952; Anthologie der deutschen Landschaft, Bd. 1: Harz, 1953.
Literatur Festschrift für Albert S. zum fünfzigsten Geburtstage, hrsg. von der Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz, Chemnitz 1930; E. Kunze, Zur Neubestimmung des Bildes der deutschen Gegenwartsdichtung. Ein kritischer Bericht über die Arbeiten v. A. S. u.a., in: Germanisch-romanische Studien. Prof. H. Suolahti zum 60. Geburtstag am 7. Oktober 1934 von Fachgenossen, Freunden und Schülern dargebracht, Helsinki 1934, S. 511-544; R. Steude, Die Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz, in: Imprimatur NF 8/1972, S. 73-84; M. Zieger, Die Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz, in: Karl-Marx-Städter Almanach 7/1988, S. 33-35; Von Alberti bis Zöppel. 125 Biografien zur Chemnitzer Geschichte, hrsg. vom Stadtarchiv Chemnitz, Chemnitz 2000, S. 106; H.-J. Hermes/W. Lambrecht/S. Luther, Von der Kgl. Gewerbschule zur Technischen Universität, Chemnitz 2003, S. 78, 83, 103f.; W. Soergel, Geborgen und Getragen, Stadthagen o. J.; ders., Niemandsland. Rabenstein 1945, o. O. o. J. – DBA II, III; DBE 9, S. 359f.; Internationales biographisches Archiv 36/1959, Online-Ausgabe: www.munzinger.de.
Porträt Foto, um 1940, Universitätsarchiv Chemnitz, 502/277 (Bildquelle).
Renate Wißuwa
15.4.2008
Empfohlene Zitierweise:
Renate Wißuwa, Artikel: Albert Soergel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22852 [Zugriff 2.11.2024].