Christoph Nathe

Der aus einer Bauernfamilie stammende N. erhielt seinen ersten Zeichenunterricht Anfang der 1770er-Jahre bei Johann Gottfried Schultz in Görlitz. Anschließend ermöglichte ihm Adolf Traugott von Gersdorf ab 1774 eine Zeichenausbildung an der Leipziger Zeichenakademie bei Adam Friedrich Oeser. Mit von Gersdorf verband N., der ursprünglich ein Theologiestudium absolvieren sollte, ein über Aufträge hinausgehendes freundschaftliches Verhältnis, das seine Existenz als Künstler entscheidend geprägt hat. Auch andere Adlige - v.a. Carl Andreas von Meyer zu Knonow und Karl Adolf Gottlieb von Schachmann - förderten die Entwicklung seines Talents. So nahmen sie ihn beispielsweise auf Reisen mit, ermöglichten ihm den Zugang zu Kunstsammlungen und erteilten ihm künstlerische Aufträge. Über den akademischen Unterricht hinaus vervollkommnete N. seine Fähigkeiten im Kupferstechen bei Johann Friedrich Bause, der im Kontakt zu bedeutenden Leipziger Künstlern und Persönlichkeiten stand. U.a. lernte N. in Leipzig die Landschaftsmaler Johann Christian Reinhart und Jacob Wilhelm Mechau sowie den Kupferstecher Christian Gottlieb Geyser kennen. Wie diese setzte auch N. seine Ausbildung in Dresden fort. Ab 1780 erhielt er Unterricht bei Johann Christian Klengel, daneben wirkte sich aber auch Adrian Zinggs Einfluss aus. 1783 reiste N. zusammen mit von Meyer zu Knonow für ein Jahr in die Schweiz. Vermittelt durch Salomon Gessner traf er in Zürich Heinrich Wüst, ferner auch Caspar Lavater. Gessners idyllische Gedichte und Zeichnungen waren schon vorher eine wichtige Inspirationsquelle für N. gewesen. Nach Leipzig zurückgekehrt versuchte er sich in der Messestadt als freischaffender Künstler zu etablieren. Neben seinen Landschafts- und Städteansichten studierte er die Technik der Ölmalerei und schuf zum Broterwerb Porträts mit dem Silberstift. Zudem belieferte er weiterhin seine lausitzischen Förderer von Gersdorf und von Meyer zu Knonow gegen ein jährliches Gehalt mit Zeichnungen und Aquarellen. 1787 ging er nach Görlitz, um als Zeichenlehrer zu arbeiten. Hier entstanden zahlreiche Ansichten von Görlitz, Lauban/Oberlausitz (poln. Lubań) und deren Umgebung. 1798 bis 1802 weitete N. seine Interessen aus und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter von Gersdorfs. Beispielsweise illustrierte er 1801 dessen Abhandlung über die atmosphärische Elektrizität und unterstützte mit der Entwicklung vielbewunderter „elektrischer Gemälde“ dessen elektrische Versuche mit Lichtenberg-Figuren. – N. wirkte auch als Dichter, zudem war er ein begabter Pianist und studierte Philosophie, v.a. die Schriften von Immanuel Kant, sowie die Naturwissenschaften. Mehrmals reiste er nach Böhmen und Schlesien. Die Ergebnisse dieser Reisen fasste er 1803 in „Ansichten von Schlesien und dem Riesengebürge“ zusammen. In der bedingungslosen Reduktion auf geologische Grundformen griff er hier Caspar David Friedrich vor. Für Königin Luise von Preußen lieferte er zur Erinnerung an deren 1800 unternommene Riesengebirgsreise elf Sepiablätter, die bis 1806 von der Chalkographischen Gesellschaft Dessau als Aquatintablätter herausgegeben wurden. Zugleich erschienen sie in Weimar unter dem Titel „Mahlerische Wanderungen durch das Riesengebirge“. Seine Zeichnungen brachten ihm den Ruf des „Malers und künstlerischen Entdeckers des Riesengebirges“ ein. – Nach dem Tod seiner Frau lebte N. vier Jahre lang als freier Künstler in Görlitz, ehe er 1802 nach Lauban zog. Dort wandte er sich noch stärker mechanischen und naturwissenschaftlichen Themen zu. Er konstruierte eine „optische Glastafel“, die er zur perspektivischen Aufnahme der Landschaft benutzte. Ferner besuchte er Fabriken und interessierte sich für Architektur, besonders für die gotische, über die er einen Aufsatz publizierte. – Durch Oesers Vermittlung hatte N. die Landschaftszeichnungen von Johann Sebastian Bach d.J. kennengelernt. Er folgte Bach in der malerischen Auffassung sowie mit der Technik kleiner, dichtgesetzter Tupfen und schuf empfindsame Parklandschaften mit Hirtenpaaren, Denkmälern und allegorischen Kompositionen. Daneben entstanden - z.T. in direkter Bezugnahme auf Bernardo Bellottos sachliche Stadtansichten als Umrisszeichnungen mit dem Bleistift - Veduten von Leipzig, Dresden und zahlreichen anderen Städten in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Schlesien. N. hat aber auch ein bedeutendes radiertes Œuvre hinterlassen. 1808 gab der Leipziger Verleger Rost eine 48 Radierungen umfassende Sammlung heraus, die heute in vielen bedeutenden grafischen Sammlungen vertreten ist. – Mit seiner Orientierung an niederländischen Meistern, an Veduten und Idyllen griff N. unterschiedliche Strömungen in der Landschaftskunst seiner Zeit auf, die er zu einer - von wenigen Kennern hochgeschätzten - Blüte führte, ohne sich jedoch an deren Spitze zu stellen.

Quellen Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften Görlitz, Briefe von N.; Archiv der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, Sammlung von Briefen an A. T. v. Gersdorf, Sammlung von Briefen an v. Anton.

Werke Über die sogenannte Gothische Baukunst, in: Neue lausizische Monatsschrift 1/1800, 1. Teil, S. 350-367; Ansichten von Schlesien und dem Riesengebürge, Weimar 1803; Mahlerische Wanderungen durch das Riesengebirge, Weimar 1806; Sammlung radirter Blätter von C. N., Leipzig 1808 (Bildquelle).

Literatur [Dietrich], Einiges aus dem Leben des verstorbenen Zeichner und Maler N. aus Ludwigsdorf bey Görlitz, in: Muskauer Wochenblatt 2.8.1821, S. 107-110; I. G. Knebel, Christoph N., Görlitz 1807; [C. A.] Stölzer, Einige Bemerkungen zu Herrn D. Knebels Gedächtnißschrift auf Christoph N., in: Neue lausizische Monatsschrift 7/1807, 1. Teil, S. 241-256; I. G. Knebel, Kleiner Nachtrag zu vorstehenden Bemerkungen des Herrn D. Stölzer, in: ebd., S. 257f.; H. Klinkhardt, Christoph N., Leipzig 1928; G. Grundmann, Das Riesengebirge in der Malerei der Romantik, Breslau 1931, S. 51-53; A. Rümann, Christoph N., Dresden 1932; E. Scheyer, Christoph N. und die Landschaftskunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts, Würzburg 1958; W. Dittmann, Christoph N. (1753-1806), [Görlitz 1979]; M. Grönig/M. L. Sternath (Bearb.), Die deutschen und Schweizer Zeichnungen des späten 18. Jahrhunderts, Wien 1997, S. 172-178; A. Fröhlich, Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Weimar 2002, S. 251-260; dies., Dem Landschaftsmaler Christoph N. (1753-1806) zum 200. Todestag, in: Dresdener Kunstblätter 50/2006, S. 87-96; dies., Der Landschaftszeichner Christoph N. (1753-1806) als künstlerischer Entdecker des Riesengebirges, in: Silesia Nova 4/2007, S. 28-39. – DBA I, II; Thieme/Becker, Bd. 25, Leipzig 1999, S. 353f.; G. F. Otto, Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler, 2. Bd., 2. Abteilung, Görlitz 1803, S. 678-682.

Porträt Selbstporträt, o.J., Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett.

Anke Fröhlich
17.11.2011


Empfohlene Zitierweise:
Anke Fröhlich, Artikel: Christoph Nathe,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22167 [Zugriff 2.11.2024].

Christoph Nathe



Quellen Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften Görlitz, Briefe von N.; Archiv der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, Sammlung von Briefen an A. T. v. Gersdorf, Sammlung von Briefen an v. Anton.

Werke Über die sogenannte Gothische Baukunst, in: Neue lausizische Monatsschrift 1/1800, 1. Teil, S. 350-367; Ansichten von Schlesien und dem Riesengebürge, Weimar 1803; Mahlerische Wanderungen durch das Riesengebirge, Weimar 1806; Sammlung radirter Blätter von C. N., Leipzig 1808 (Bildquelle).

Literatur [Dietrich], Einiges aus dem Leben des verstorbenen Zeichner und Maler N. aus Ludwigsdorf bey Görlitz, in: Muskauer Wochenblatt 2.8.1821, S. 107-110; I. G. Knebel, Christoph N., Görlitz 1807; [C. A.] Stölzer, Einige Bemerkungen zu Herrn D. Knebels Gedächtnißschrift auf Christoph N., in: Neue lausizische Monatsschrift 7/1807, 1. Teil, S. 241-256; I. G. Knebel, Kleiner Nachtrag zu vorstehenden Bemerkungen des Herrn D. Stölzer, in: ebd., S. 257f.; H. Klinkhardt, Christoph N., Leipzig 1928; G. Grundmann, Das Riesengebirge in der Malerei der Romantik, Breslau 1931, S. 51-53; A. Rümann, Christoph N., Dresden 1932; E. Scheyer, Christoph N. und die Landschaftskunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts, Würzburg 1958; W. Dittmann, Christoph N. (1753-1806), [Görlitz 1979]; M. Grönig/M. L. Sternath (Bearb.), Die deutschen und Schweizer Zeichnungen des späten 18. Jahrhunderts, Wien 1997, S. 172-178; A. Fröhlich, Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Weimar 2002, S. 251-260; dies., Dem Landschaftsmaler Christoph N. (1753-1806) zum 200. Todestag, in: Dresdener Kunstblätter 50/2006, S. 87-96; dies., Der Landschaftszeichner Christoph N. (1753-1806) als künstlerischer Entdecker des Riesengebirges, in: Silesia Nova 4/2007, S. 28-39. – DBA I, II; Thieme/Becker, Bd. 25, Leipzig 1999, S. 353f.; G. F. Otto, Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler, 2. Bd., 2. Abteilung, Görlitz 1803, S. 678-682.

Porträt Selbstporträt, o.J., Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett.

Anke Fröhlich
17.11.2011


Empfohlene Zitierweise:
Anke Fröhlich, Artikel: Christoph Nathe,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22167 [Zugriff 2.11.2024].