Johann Christian Dolz

In einem Zeitalter vielfacher Neuerungen und Experimente erwies sich D. in seiner Funktion als Lehrer, Vizedirektor und Direktor der Leipziger Ratsfreischule als ein besonnener, klar denkender und umsichtig prüfender Reformpädagoge. – D. entstammte einer damals vier Generationen zurückreichenden Golßener Bürgerfamilie. Er erhielt die Grundlagen seiner Schulbildung an der städtischen Knabenschule, danach am Lyzeum in Lübben. 1790 bis 1793 studierte er an der Universität Leipzig Philosophie, Theologie und Geschichte, um eine akademische Laufbahn einschlagen zu können, und erwarb den Titel eines Magisters Artium. Durch die enge freundschaftliche Verbindung zum Direktor der neu eröffneten Leipziger Ratsfreischule, Karl Gottlieb Plato, entschloss sich D. jedoch 1793, als Pädagoge tätig zu werden und die Stelle eines Volksschullehrers anzunehmen. Die Ratsfreischule war 1792 vom Bürgermeister Karl Wilhelm Müller und vom Superintendenten Johann Georg Rosenmüller als kostenlose Volksschule für Jungen und Mädchen errichtet worden. D., für den der Jugendunterricht zu einem wichtigen Teil seines Lebens werden sollte, arbeitete sich hier vom freiwilligen, unbesoldeten Mitarbeiter zum besoldeten Mitarbeiter (1796), Vizedirektor (1800) und schließlich Direktor der Freischule (1833) empor. 1841 verlieh ihm die Stadt Leipzig für diese Tätigkeit den Titel eines Ratsschulrats und die Ehrenbürgerschaft. – D.s Stärke zeigte sich v.a. im Bereich der Didaktik. Er strebte im Sinne des Philanthropen Johann Bernhard Basedow eine umfassende, dem Zeitgeist der Aufklärung verpflichtete Reform des Erziehungs- und Unterrichtswesens an. D. verteidigte die Auslegung der katechetischen Lehre an der Ratsfreischule und entkräftete Beschuldigungen und Anfeindungen durch Mitglieder des Leipziger Konsistoriums und der Theologischen Fakultät. Für weite Kreise der damaligen Gesellschaft wurde D. ein Musterlehrer. – Nach 1793 hatte D. wiederholt ehrenvolle Berufungen an andere Städte abgelehnt und der Leipziger Ratsfreischule die Treue gehalten. Neben Sachsen wurden auch in der Niederlausitz, z.B. in seinem Heimatort Golßen, Stadt- und Landschulen nach dem Vorbild der Ratsfreischule durch die Niederlausitzer Beamten August Wilhelm von Trosky und Friedrich Otto Gottlob von Manteuffel organisiert und mehrere Leipziger Lehrer, selbst noch in preußischer Zeit nach 1815, übernommen. – D. veröffentlichte zahlreiche Schriften für den Schulgebrauch, besonders für die Fächer Religion und Geschichte, und gab eine Jugendzeitung sowie ein „Taschenbuch für die Jugend“ heraus. – Als Freimaurer war D. Mitglied in der Leipziger Loge „Linde“ (ab 1809 „Balduin zur Linde“) und wurde 1833 zum Ehrenmitglied der Freimaurerloge „Minerva zu den drei Palmen“ ernannt. – Das Schaffen D.s und seine ganze Persönlichkeit wirkten besonders in den ersten 100 Jahren des Bestehens der Ratsfreischule auch über seinen Tod hinaus. Zum 50-jährigen Jubiläum der Schule 1842 errichteten ehemalige Ratsfreischüler eine „Dolz-Stiftung“, die der Lehrer-, Witwen- und Waisenkasse zugute kam. 1892 bis 1894 wurde anlässlich des 100. Gründungstags der Freischule den beiden großen Volksschulmännern Plato und D. an der Promenade am Dittrichring in Leipzig ein Denkmal nach einem Entwurf von Baurat Hermann Georg Carl Weidenbach mit Porträtmedallions gewidmet. Die ehemalige Dolzstraße in der Südvorstadt ist nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs heute überbaut. Nach seinem Tod erhielt D. eine Ehrengrabstätte neben seinem Freund Plato auf dem Alten Johannisfriedhof in Leipzig.

Quellen Universitätsarchiv Leipzig; Universitätsbibliothek Leipzig; Pfarrarchiv Golßen.

Werke Christliche Religionsgesänge für Bürgerschulen, Leipzig 1793, 51811; Katechetische Unterredungen über religiöse Gegenstände in den sonntäglichen Versammlungen in der Freyschule zu Leipzig gehalten, 4 Bde., Leipzig 1795-1798, Bd. 1-3: Leipzig 31811-1818; Andachtsbuch für gebildete junge Christen, Leipzig 1797; Praktische Anleitung zu schriftlichen Aufsätzen über Gegenstände des gemeinen Lebens besonders für Bürgerschulen, Leipzig 1798, 61826; Neue Katechisationen über religiöse Gegenstände, 6 Bde., Leipzig 1799-1801; Katechetische Anleitungen zu den ersten Denkübungen, 2 Bde., Leipzig 1799, 61836/37; Leitfaden zum Unterrichte in der sächsischen Geschichte für Bürgerschulen, Leipzig 1799, 31823; Leitfaden zum Unterricht in der Menschengeschichte für Bürgerschulen, Leipzig 1799, 71825; Hülfsbuch zur Schön- und Rechtschreibung und zum schriftlichen Gedankenvortrage, Leipzig 1801, 61820; Grundriß einer allgemeinen Religionsgeschichte für Schulen, Leipzig 1804, 21826; Katechetische Jugendbelehrungen über weltliche und religiöse Wahrheiten, 5 Bde., 1805-1818; (Hg.), Jugendzeitung 1806-1824; Anstandslehre für die Jugend, Leipzig 1810, 31825; (Hg.), Taschenbuch für die Jugend, 1812; Abriß der allgemeinen Menschen- und Völkergeschichte, 4 Bde., Leipzig 1813/21; Lehrbuch nothwendiger und nützlicher Kenntnisse, Leipzig 1815, 21818; D. Johann Georg Rosenmüllers, Superintendenten in Leipzig, Leben und Wirken, Leipzig 1816; Versuch einer Geschichte der Stadt Leipzig, Leipzig 1818; Die Moden in den Taufnamen, Leipzig 1825; Die Rathsfreischule in Leipzig während der ersten funfzig Jahre ihres Bestehens, Leipzig 1841.

Literatur F. H. Helm, Geschichte des städtischen Volksschulwesens in Leipzig, Leipzig 1892; H. Voigt, Gelebter Glaube an der Ratsfreischule um 1800, in: Leipziger Kalender 5/1999, S. 147-155; M. Bock, Johann Christian D. (1769-1843) aus Golßen und Johann Friedrich Wilhelm Döring (1773-1850) aus Luckau, beide Ehrenbürger der Stadt Leipzig, in: Luckauer Heimatkalender 42/2010, S. 31-38 (P). – ADB 5, S. 322f.; DBA I, III; DBE 2, S. 588.

Porträt Johann Christian D., Director der Ratsfreischule in Leipzig, J. G. Bach, 1837, Lithografie, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Johann Christian D., Direktor der ehemaligen Ratsfreischule, H. L. Heubner, 1892, Öl auf Leinwand, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (Bildquelle) [CC BY-NC-SA 3.0 DE, This work is licensed under a Creative Commons Attribution 3.0 Unported License].

Michael Bock
26.6.2017


Empfohlene Zitierweise:
Michael Bock, Artikel: Johann Christian Dolz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1201 [Zugriff 24.11.2024].

Johann Christian Dolz



Quellen Universitätsarchiv Leipzig; Universitätsbibliothek Leipzig; Pfarrarchiv Golßen.

Werke Christliche Religionsgesänge für Bürgerschulen, Leipzig 1793, 51811; Katechetische Unterredungen über religiöse Gegenstände in den sonntäglichen Versammlungen in der Freyschule zu Leipzig gehalten, 4 Bde., Leipzig 1795-1798, Bd. 1-3: Leipzig 31811-1818; Andachtsbuch für gebildete junge Christen, Leipzig 1797; Praktische Anleitung zu schriftlichen Aufsätzen über Gegenstände des gemeinen Lebens besonders für Bürgerschulen, Leipzig 1798, 61826; Neue Katechisationen über religiöse Gegenstände, 6 Bde., Leipzig 1799-1801; Katechetische Anleitungen zu den ersten Denkübungen, 2 Bde., Leipzig 1799, 61836/37; Leitfaden zum Unterrichte in der sächsischen Geschichte für Bürgerschulen, Leipzig 1799, 31823; Leitfaden zum Unterricht in der Menschengeschichte für Bürgerschulen, Leipzig 1799, 71825; Hülfsbuch zur Schön- und Rechtschreibung und zum schriftlichen Gedankenvortrage, Leipzig 1801, 61820; Grundriß einer allgemeinen Religionsgeschichte für Schulen, Leipzig 1804, 21826; Katechetische Jugendbelehrungen über weltliche und religiöse Wahrheiten, 5 Bde., 1805-1818; (Hg.), Jugendzeitung 1806-1824; Anstandslehre für die Jugend, Leipzig 1810, 31825; (Hg.), Taschenbuch für die Jugend, 1812; Abriß der allgemeinen Menschen- und Völkergeschichte, 4 Bde., Leipzig 1813/21; Lehrbuch nothwendiger und nützlicher Kenntnisse, Leipzig 1815, 21818; D. Johann Georg Rosenmüllers, Superintendenten in Leipzig, Leben und Wirken, Leipzig 1816; Versuch einer Geschichte der Stadt Leipzig, Leipzig 1818; Die Moden in den Taufnamen, Leipzig 1825; Die Rathsfreischule in Leipzig während der ersten funfzig Jahre ihres Bestehens, Leipzig 1841.

Literatur F. H. Helm, Geschichte des städtischen Volksschulwesens in Leipzig, Leipzig 1892; H. Voigt, Gelebter Glaube an der Ratsfreischule um 1800, in: Leipziger Kalender 5/1999, S. 147-155; M. Bock, Johann Christian D. (1769-1843) aus Golßen und Johann Friedrich Wilhelm Döring (1773-1850) aus Luckau, beide Ehrenbürger der Stadt Leipzig, in: Luckauer Heimatkalender 42/2010, S. 31-38 (P). – ADB 5, S. 322f.; DBA I, III; DBE 2, S. 588.

Porträt Johann Christian D., Director der Ratsfreischule in Leipzig, J. G. Bach, 1837, Lithografie, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig; Johann Christian D., Direktor der ehemaligen Ratsfreischule, H. L. Heubner, 1892, Öl auf Leinwand, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (Bildquelle) [CC BY-NC-SA 3.0 DE, This work is licensed under a Creative Commons Attribution 3.0 Unported License].

Michael Bock
26.6.2017


Empfohlene Zitierweise:
Michael Bock, Artikel: Johann Christian Dolz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1201 [Zugriff 24.11.2024].