Herz Alexander Collin
Herz Alexander Collin gelang in der Messestadt Leipzig ein dauerhafter sozialer Aufstieg, zugleich galt er als angesehenes Mitglied der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig. – Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende Collin trat um 1812 im Alter von etwa 14 Jahren in
Frankfurt/Main in das Unternehmen des Rauchwarenhändlers und Hutstofffabrikanten Christoph Friedrich Donner ein und schloss dort eine Lehre als Kaufmann ab. Als Erwachsener wandte er sich, wohl ohne seine Bindung zu Frankfurt/Main aufzugeben, vorübergehend nach dem nahe gelegenen
Offenbach/Main,, wo er als Ortsbürger und Handelsvertreter Mitglied der jüdischen Gemeinde war. Für seinen Arbeitgeber in Frankfurt/Main, wo er dann spätestens ab 1841 bis mindestens 1844 unter der Anschrift Rechneigasse A 63r verzeichnet wurde, war er hauptsächlich mit den Einkäufen von Häuten und Fellen betraut. Zu diesem Zweck führten ihn seit etwa 1816 regelmäßige Besuche nach Leipzig, wo er sich um die Besorgung von Schweinsborsten und Hasenfellen kümmerte. Wegen seiner regelmäßigen Besuche auch außerhalb der Messezeiten stellte Collin erstmals am 19.7.1844 ein Gesuch an das Ministerium des Innern in Dresden mit der Bitte um Aufnahme in die Leipziger Bürgerschaft und eine Niederlassungserlaubnis für sich und seine Familie. Er war, so seine Argumentation, mit den Verwaltungsaufgaben des Frankfurter Unternehmens weniger vertraut und wollte daher aktiv am Leipziger Geschäftsleben teilnehmen. Trotz exzellenter Referenzen seines Arbeitgebers und bedeutender Fürsprecher wie u.a. des Bankiers Christian Gottlob Frege und des Leipziger Handelsvorstands, die Collins Verlässlichkeit und Integrität betonten, lehnten die Stadtverordneten seine Aufnahme Ende 1844 mit einer Mehrheit von 33 zu 22 Stimmen ab, da seine Geschäfts- und Einkaufstätigkeit nicht zwingend von einer Niederlassung in Leipzig abhängig wäre. Zudem gab es hier bereits eine Anzahl bedeutender Rauchwarenhändler, für die Collin eine unerwünschte Konkurrenz dargestellt hätte. Ferner soll er seinen finanziellen Status nicht hinreichend nachgewiesen haben. Erst die Revolution von 1848/1849 mit ihrem Verfassungsentwurf, der auf eine faktische Gleichstellung der Juden hinauslief, ermutigte Collin am 4.4.1849, ein neues Gesuch an den Stadtrat zu richten. Am 9.7.1849 legte Collin dazu eine explizite Bitte um Erteilung des hiesigen Bürgerrechts vor, in der er mit demonstrativer Beilage der entworfenen Verfassung darum ersuchte, angesichts seiner langjährigen Beziehung zu Leipzig, wo er auch außerhalb der Messezeiten jedes Jahr zugegen war, den Aufenthalt unkompliziert bewilligt zu bekommen. Zur Durchsetzung seines Anspruchs nahm er auch die Hilfe des jüdischen Rechtsanwalts Isidor Kaim in Anspruch. Selbstbewusst verwies Collin zudem auf sein nachweisbares Vermögen von 30.000 Talern, das ihm als nunmehrigem Geschäftsführer des Handelshauses Donner in Frankfurt/Main zur Verfügung stand. Collins Bestreben hatte diesmal mehr Erfolg: Am 3.12.1849 wurde er aus der Staatsbürgerschaft des Großherzogtums Hessen entlassen und erhielt am 4.1.1850 das Leipziger Bürgerrecht zuerkannt. Schon ab 1850 wurde Collin unter der geschäftlichen Anschrift seiner Rauchwarenhandlung am Brühl 19 verzeichnet, privat war er zuletzt unter der Adresse Querstraße 2 ansässig. Ab 1853 fungierte Collin als Vorsteher der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig und saß hier über zwei Wahlperioden (1853-1856 und 1856-1859) als Beisitzer im Gemeindevorstand. Nach seinem Tod wurde er auf dem ersten jüdischen Friedhof Leipzigs im Johannistal bestattet.
Quellen Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem, D/Le1/9-11; Stadtarchiv Leipzig, 0006 Leichenschreiberei, Geschäftsbücher, Ratsleichenbücher, Reg.-Nr. 605 (1863), 0008 Ratsstube, Titelakten LI, Nr. 107, 0056 Wahl- und Listenamt, Fallakten/Aufnahme- und Bürgerakten, Nr. 11040; Leipziger historische Adressbücher; Frankfurter historische Adressbücher.
Literatur Paul Benndorf, Der alte israelitische Friedhof in Leipzig, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs 10/1911, S. 127-131; Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Dresden 1999; ders., Die verspätete Emanzipation der Juden in Sachsen als legislativer Rahmen. Die Konstituierung der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig und die ersten Jahrzehnte ihrer Entwicklung, in: JJIS. Journal Juden in Sachsen 2010, H. 4, S. 3-19; Katrin Löffler, Leipzigs alter jüdischer Friedhof im Johannistal, Leipzig 2022.
Lucas Böhme
8.9.2025
Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Herz Alexander Collin,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27868 [Zugriff 30.10.2025].
Herz Alexander Collin
Quellen Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem, D/Le1/9-11; Stadtarchiv Leipzig, 0006 Leichenschreiberei, Geschäftsbücher, Ratsleichenbücher, Reg.-Nr. 605 (1863), 0008 Ratsstube, Titelakten LI, Nr. 107, 0056 Wahl- und Listenamt, Fallakten/Aufnahme- und Bürgerakten, Nr. 11040; Leipziger historische Adressbücher; Frankfurter historische Adressbücher.
Literatur Paul Benndorf, Der alte israelitische Friedhof in Leipzig, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs 10/1911, S. 127-131; Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Dresden 1999; ders., Die verspätete Emanzipation der Juden in Sachsen als legislativer Rahmen. Die Konstituierung der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig und die ersten Jahrzehnte ihrer Entwicklung, in: JJIS. Journal Juden in Sachsen 2010, H. 4, S. 3-19; Katrin Löffler, Leipzigs alter jüdischer Friedhof im Johannistal, Leipzig 2022.
Lucas Böhme
8.9.2025
Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Herz Alexander Collin,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27868 [Zugriff 30.10.2025].