Carl Christian Heinrich Rost
R. war eine zentrale Figur des Kunsthandels in Mitteldeutschland nach dem Siebenjährigen Krieg. Er handelte v.a. mit Druckgrafiken, aber auch mit Gemälden, Zeichnungen und anderen Kunstgegenständen, mit englischem Porzellan sowie mit Möbeln und Musikalien. Mit seiner Kunsthandlung und seinen Kunstauktionen kann er als Begründer des institutionalisierten Kunsthandels in Leipzig gelten. – Über R.s Ausbildung ist wenig bekannt. In seiner Jugend hat er sich musisch und sprachlich gebildet und ist wohl auch viel gereist. Er übersetzte englische Lustspiele und komponierte ein Oratorium, das von Johann Gottfried Schicht musikalisch umgesetzt wurde. Außerdem zeichnete er und nahm privaten Geigenunterricht bei dem späteren Komponisten
Johann Friedrich Reichardt. Nach einer Anstellung in der Handlung von Kunstsachen und englischen Waren von
Johann Georg Oetterich Retz übernahm R. diese und spezialisierte sich ab spätestens 1779 auf den Kunsthandel. 1794 wurde R. Kramermeister und ließ sich vom damals äußerst populären Bildnismaler Anton Graff porträtieren. Seine Handlung in Auerbachs Hof wurde als „Rostische Kunsthandlung“ bald zu einer überregional bekannten Institution, wovon ein Eintrag in der Ökonomischen Enzyklopädie von
Johann Georg Krünitz oder Erwähnungen in Reiseberichten und Stadtbeschreibungen zeugen. Von reisenden italienischen Gipshändlern erwarb R. die Formen zum Nachguss antiker Skulpturen und stellte ab 1778 Antikenreproduktionen in Gips und in einem selbst erfundenen witterungsbeständigen Material her. Die Werkstatt befand sich zunächst auf dem Zeugboden des Leipziger Gewandhauses und später am sog. Halleschen Zwinger. Mit dem Erwerb einer exklusiven Abformungsgenehmigung für die Dresdner Antiken gelang ihm ein weiterer wichtiger Schritt seines Unternehmertums. Seine Gipsproduktion machte ihn in Mitteldeutschland bekannt, setzte ihn aber auch der Kritik potenzieller Kunden und konkurrierender Unternehmer aus. So verhandelte R. u.a. mit der Berliner Kunstakademie und der Universität in Göttingen über umfangreiche Abgusslieferungen. Beide Geschäfte kamen jedoch nicht zustande, weil die Qualität seiner Güsse den hohen Ansprüchen der Institutionen nicht genügte. – Ab 1783 führte R. jährlich zu mindestens einem Messetermin Auktionen durch. Diese fanden im „Roten Collegio“ der Leipziger Universität statt. – R. war verwandt mit dem Leipziger Altertumsforscher Anton Ernst Klausing, dessen Dactyliothek er in seinen Verkaufskatalogen bewarb. Er korrespondierte außerdem mit dem in Weimar wirkenden Publizisten
Friedrich Justin Bertuch sowie mit
Johann Wilhelm Ludwig Gleim in Halberstadt. – In seinen letzten Lebensjahren widmete sich R. seinem „Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler“, wofür er u.a. auf seine eigene Sammlung von Druckgrafik und Zeichnungen zurückgreifen konnte. Bei dieser zusammen mit dem Philologen Michael Huber verfassten Publikation handelt es sich um eine Zusammenstellung von nach Schulen geordneten Künstlerviten von Kupferstechern und Zeichnern seit der Renaissance. R.s eigene Sammlung konzentrierte sich v.a. auf Landschaftsgrafiken und -zeichnungen, wobei er eine Vorliebe für sächsische Zeitgenossen entwickelte. Seine besondere Neigung zur Landschaftskunst spiegelt sich auch in seiner Bibliothek wider. Besonders schätzte R. den Zeichner Christoph Nathe, den er mit Aufträgen förderte. Eine gemeinsam geplante Mappe mit Landschaftsradierungen konnte jedoch nicht verwirklicht werden.
Quellen Stadtarchiv Leipzig, Bürgerbücher, Vormundschaftsstube, Kramerinnung, Ratsleichenbücher.
Werke Schriften: R. Cumberland, Die Brüder, Leipzig 1770 (anonym erschiene Übersetzung aus dem Englischen); J. Vanbrugh nach F. C. Dancourt, Das Land-Haus, Leipzig 1770 (Übersetzung aus dem Englischen); R. Cumberland, Miß Obre oder die gerettete Unschuld, Leipzig 1774 (Übersetzung aus dem Englischen); mit M. Huber, Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler, Bde. 1 und 2: Deutsche Schule, Zürich 1796; Anzeige einer ansehnlichen Kupferstichsammlung alter, neuer und seltener Blätter berühmter Meister, Leipzig 1784-1797; Musikstücke: Die Feyer der Christen auf Golgatha, Oratorium, Leipzig 1784; Moses auf Sinai oder die Gesetzgebung, Oratorium, Leipzig.
Literatur F. J. Bertuch, Der achte May auf der Leipziger Ostermesse 1798, in: Journal des Luxus und der Moden 13/1798, S. 327-351, hier S. 331f.; Nachruf, in: Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste 61/1798, S. 166-173; C. Schreiter, Antike um jeden Preis. Gipsabgüsse und Kopien antiker Plastik am Ende des 18. Jahrhunderts, Habil. Berlin 2010; K. Hommel, „... die ohnehin mehr eingebildeten als reellen Preise der Kunstsachen ...“, in: Leipziger Stadtgeschichte, Jahrbuch 2012, S. 55-82; S. Peinelt, Vom Suchen und Finden der Natur. Der Leipziger Kunsthändler Carl Christian Heinrich R. und das Sammeln von Landschaftszeichnungen am Ende des 18. Jahrhunderts, Masterarbeit TU Dresden 2013. – DBA I; J. G. Krünitz (Hg.), Ökonomische Encyklopädie, Bd. 55, Berlin 1791; J. G. Meusel (Hg.), Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller, Leipzig 1811.
Porträt Bildnis Carl Christian Heinrich R., A. Graff, 1784, Öl auf Leinwand, Museum der bildenden Künste Leipzig (Bildquelle).
Sabine Peinelt-Schmidt
12.3.2014
Empfohlene Zitierweise:
Sabine Peinelt-Schmidt, Artikel: Carl Christian Heinrich Rost,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26868 [Zugriff 2.11.2024].
Carl Christian Heinrich Rost
Quellen Stadtarchiv Leipzig, Bürgerbücher, Vormundschaftsstube, Kramerinnung, Ratsleichenbücher.
Werke Schriften: R. Cumberland, Die Brüder, Leipzig 1770 (anonym erschiene Übersetzung aus dem Englischen); J. Vanbrugh nach F. C. Dancourt, Das Land-Haus, Leipzig 1770 (Übersetzung aus dem Englischen); R. Cumberland, Miß Obre oder die gerettete Unschuld, Leipzig 1774 (Übersetzung aus dem Englischen); mit M. Huber, Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler, Bde. 1 und 2: Deutsche Schule, Zürich 1796; Anzeige einer ansehnlichen Kupferstichsammlung alter, neuer und seltener Blätter berühmter Meister, Leipzig 1784-1797; Musikstücke: Die Feyer der Christen auf Golgatha, Oratorium, Leipzig 1784; Moses auf Sinai oder die Gesetzgebung, Oratorium, Leipzig.
Literatur F. J. Bertuch, Der achte May auf der Leipziger Ostermesse 1798, in: Journal des Luxus und der Moden 13/1798, S. 327-351, hier S. 331f.; Nachruf, in: Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste 61/1798, S. 166-173; C. Schreiter, Antike um jeden Preis. Gipsabgüsse und Kopien antiker Plastik am Ende des 18. Jahrhunderts, Habil. Berlin 2010; K. Hommel, „... die ohnehin mehr eingebildeten als reellen Preise der Kunstsachen ...“, in: Leipziger Stadtgeschichte, Jahrbuch 2012, S. 55-82; S. Peinelt, Vom Suchen und Finden der Natur. Der Leipziger Kunsthändler Carl Christian Heinrich R. und das Sammeln von Landschaftszeichnungen am Ende des 18. Jahrhunderts, Masterarbeit TU Dresden 2013. – DBA I; J. G. Krünitz (Hg.), Ökonomische Encyklopädie, Bd. 55, Berlin 1791; J. G. Meusel (Hg.), Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller, Leipzig 1811.
Porträt Bildnis Carl Christian Heinrich R., A. Graff, 1784, Öl auf Leinwand, Museum der bildenden Künste Leipzig (Bildquelle).
Sabine Peinelt-Schmidt
12.3.2014
Empfohlene Zitierweise:
Sabine Peinelt-Schmidt, Artikel: Carl Christian Heinrich Rost,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26868 [Zugriff 2.11.2024].