Robert von Welck
W. gehörte zwischen 1836 und 1866 zu den einflussreichsten Mitgliedern des Sächsischen Landtags, wo er viele Jahre lang Vorsitzender der Stände des Meißner Kreises und Sprecher der Konservativen war. – W. besuchte zunächst die Fürstenschule St. Afra in Meißen und begann hiernach ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig. Nach mehrmonatiger Bildungsreise nach
Paris, die er mit seinem Freund Friedrich Freiherr von Friesen zu Rötha unternommen hatte, trat W. 1820 in den sächsischen Staatsdienst. In diesem war er von 1825 bis 1836 als Amtshauptmann von Rochlitz tätig. Danach bewirtschaftete er das ererbte Rittergut Riesa, das er von Grund auf restaurieren ließ und dessen landwirtschaftlichen Betrieb er modernisierte. 1862 ließ er auf seinem Gut in Oberlößnitz eine Villa nach dem Entwurf von Moritz Ziller errichten. Das Gebäude wurde im Zuge der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 zerstört. W.s Leben ist in einem Tagebuch festgehalten, das vom Tag seiner Geburt an seine Mutter, sein Hauslehrer und er selbst geführt haben, und das als Quelle für zahlreiche historische Veröffentlichungen gedient hat. – Als Wortführer der Konservativen im Sächsischen Landtag setze sich W. während seiner 30 Jahre dauernden Mitgliedschaft in der Ersten Kammer in unzähligen Reden für eine konstruktive Unterstützung der Regierung ein. Er engagierte sich aber auch für Reformen, z.B. zur Pressefreiheit, forderte eine moderne, in ganz Deutschland geltende Pressegesetzgebung und nutzte seine Kontakte zu Regierungsmitgliedern für die Ansiedlung selbstständiger Gewerbebetriebe in ausgeprägten Industriegegenden Sachsens. Nach der landesweiten Hungersnot von 1855 forderte er z.B. die Ansiedlung neuartiger Gewerbe in Gebieten mit besonders hoher Arbeitslosigkeit wie dem Erzgebirge oder dem Vogtland. Auch für eine bessere Vertretung der Interessen der Landwirtschaft bzw. der dort Beschäftigten hat sich W. immer wieder eingesetzt. Noch wichtiger als diese inhaltlichen Beiträge zu den politischen Auseinandersetzungen im Landtag zwischen Konservativen und Liberalen waren aber W.s erfolgreiche Bemühungen um ein einheitliches Auftreten aller konservativen Abgeordneten im Parlament. Auf diese Weise trug er in Sachsen maßgeblich zur Entwicklung politischer Parteien und zur Bildung von Fraktionen und deren Geschäftsführung bei, wie sie heute in den Parlamenten westlicher Staaten zu finden sind. So setzte er sich mit Erfolg dafür ein, dass die konservativ eingestellten Mitglieder des Landtags vor wichtigen Abstimmungen zusammenkamen, um wenn irgend möglich ein einheitliches Votum abzugeben - u.a. durch die Einführung vorangehender Probeabstimmungen. Auch die zunehmend wichtiger werdende Darstellung parlamentarischer Gruppen und ihrer Politik nach außen wurde von ihm gefördert, z.B. durch die Zusammenarbeit mit Zeitungen, deren Leserschaft weit ins bürgerlich-liberale Lager hineinreichte. – Außerhalb des Parlaments bemühte sich W. um ein gemeinsames Auftreten der Konservativen in den immer intensiver werdenden politischen Auseinandersetzungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Den revolutionären Ereignissen von 1848/1849 stand er ausgesprochen ablehnend gegenüber und befürwortete z.B. im Landtag das von der Regierung eingebrachte sog. Tumultgesetz. Im Mai 1849, auf der Höhe der revolutionären Unruhen in Sachsen, forderte er die Entsendung starker preußischer Truppen nach Sachsen zur Niederschlagung der Aufständischen. 1849 gründete W. zusammen mit Friesen und Egon Heinrich Gustav Freiherr von Schönberg den Sächsischen Verein, dessen Vorstand bzw. Leitendem Ausschuss er jahrelang angehörte. Dieser ausgesprochen konservativ ausgerichtete Verein nahm durch seine persönlichen Verbindungen zu Mitgliedern der Regierung, aber auch nach außen durch eine eigene Zeitung erheblichen Einfluss auf das damalige politische Geschehen im Königreich Sachsen. W. blieb bis zu seinem Tod 1866 im dreiköpfigen Vorstand dieses Vereins und sicherte sich dadurch weiterhin Einfluss auf die soziale und politische Entwicklung in Sachsen.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 12633 Familiennachlass Freiherren von Welck (D); Ernst Freiherr von Welck, Curt Robert Freiherr von W. auf Riesa 1798-1866. Auszüge aus seinen Reden, Großenhain 1908.
Literatur Alfred Freiherr von Welck, Lebensbilder, Bonn/Bad Godesberg 21992; Arno Schmidt, Fouqué und einige seiner Zeitgenossen, Zürich 1993; Silke Marburg, Von Dresden nach Paris. Die Reise des Robert Freiherr von W. nach Paris 1820. Adeligkeit vor wechselnder Kulisse, in: Heike Düselder/Olga Weckenbrock/Siegrid Westphal (Hg.), Adel und Umwelt. Horizonte adeliger Existenz in der frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 361-382; Josef Matzerath, „Auch heute blieb das Land unberathen.“ Tagebucheintragungen zum Landtag 1824, in: Landtagskurier 2015, H. 1, S. 22f.; Stephan Freiherr von Welck, Die Familie der Freiherren von Welck in Riesa, in: Sächsische Heimatblätter 65/2019, H. 3, S. 247-251; Andreas Hoffmann, Parteigänger im Vormärz. Weltanschauungsparteien im sächsischen Landtag 1833-1848, Ostfildern 2019.
Porträt Curt Robert Freiherr von W. Dresden d. 26. Sept. 1834, [1834], Lithografie, aus: Album von Originalzeichnungen der Mitglieder des ersten constitutionellen Landtags 1833/34 und flg. / (sämmtlich mit eigenhändigen Namensunterschriften und zum Theil mit Motto versehen), 1881, Bl. 138, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: Dresdner Digitalisierungszentrum, 2015 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; Curt Robert von W., 1855, Fotografie, in: Alfred Freiherr von Welck, Lebensbilder, Bonn/Bad Godesberg 21992, S. 110.
Stephan Freiherr von Welck
3.11.2021
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Freiherr von Welck, Artikel: Robert von Welck,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26457 [Zugriff 22.12.2024].
Robert von Welck
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 12633 Familiennachlass Freiherren von Welck (D); Ernst Freiherr von Welck, Curt Robert Freiherr von W. auf Riesa 1798-1866. Auszüge aus seinen Reden, Großenhain 1908.
Literatur Alfred Freiherr von Welck, Lebensbilder, Bonn/Bad Godesberg 21992; Arno Schmidt, Fouqué und einige seiner Zeitgenossen, Zürich 1993; Silke Marburg, Von Dresden nach Paris. Die Reise des Robert Freiherr von W. nach Paris 1820. Adeligkeit vor wechselnder Kulisse, in: Heike Düselder/Olga Weckenbrock/Siegrid Westphal (Hg.), Adel und Umwelt. Horizonte adeliger Existenz in der frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 361-382; Josef Matzerath, „Auch heute blieb das Land unberathen.“ Tagebucheintragungen zum Landtag 1824, in: Landtagskurier 2015, H. 1, S. 22f.; Stephan Freiherr von Welck, Die Familie der Freiherren von Welck in Riesa, in: Sächsische Heimatblätter 65/2019, H. 3, S. 247-251; Andreas Hoffmann, Parteigänger im Vormärz. Weltanschauungsparteien im sächsischen Landtag 1833-1848, Ostfildern 2019.
Porträt Curt Robert Freiherr von W. Dresden d. 26. Sept. 1834, [1834], Lithografie, aus: Album von Originalzeichnungen der Mitglieder des ersten constitutionellen Landtags 1833/34 und flg. / (sämmtlich mit eigenhändigen Namensunterschriften und zum Theil mit Motto versehen), 1881, Bl. 138, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: Dresdner Digitalisierungszentrum, 2015 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; Curt Robert von W., 1855, Fotografie, in: Alfred Freiherr von Welck, Lebensbilder, Bonn/Bad Godesberg 21992, S. 110.
Stephan Freiherr von Welck
3.11.2021
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Freiherr von Welck, Artikel: Robert von Welck,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26457 [Zugriff 22.12.2024].