Fritz Beier
B. war ein in den Bereichen der Denkmalpflege und der künstlerischen Glasgestaltung über die sächsischen Landesgrenzen hinaus angesehener, akademisch ausgebildeter Kunsthandwerker. – B. war der jüngste Sohn des Dresdner Glaserobermeisters Oskar Beier, in dessen 1899 gegründeten Werkstätten u.a. 1909 die Jugendstil-Bleiglasfelder der Graupaer Kirche gefertigt wurden. Der Vater förderte das künstlerische Talent des Sohns. B. konnte, nachdem er 1922 bis 1925 in der elterlichen Glaswerkstatt die Grundfertigkeiten erlernt hatte, an mehreren Studienorten seiner künstlerischen Ausbildung nachgehen. Zunächst studierte er 1925 bis 1927 an der Dresdner Kunstgewerbeschule bei den Professoren Josef Goller und Richard Guhr v.a. Glasmalerei und Glasgravur. Im Anschluss an die Dresdner Studienzeit wirkte B. als Meisterschüler an der Werkschule Köln bei
Jan Thorn-Prikker. Die nächste Studienstation war die Kunstgewerbeschule Stuttgart, wo er bei
Wilhelm von Eiff die spezielle Technik des Glastiefschliffs perfektionierte. Danach kehrte er zurück in den väterlichen Betrieb am Dürerplatz Nr. 10, der 1945 zerstört wurde. 1939 wurde B. zum Kriegsdienst nach Norwegen eingezogen und kam 1948 aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück. In der Kriegs- und Gefangenenzeit entstanden v.a. Aquarelle und er verdiente sich in französischer Gefangenschaft durch künstlerische Dekorationsmalerei ein Zubrot. Nach der Rückkehr gründete B. 1948 eine Kunst- und Bauglaserei in der Dresdner Südvorstadt in einem der wenigen noch nutzbaren Gebäude, dem Kontor-Haus der ehemaligen Reemtsma-Zigarettenfabrik, Chemnitzer Straße 4 b. Dort wurde zunächst mit Bauglaserei begonnen. Mit Beginn der späten 1950er-Jahre konnte sich B. wieder verstärkt künstlerischen Arbeiten zuwenden und betrieb diese neben der Bauglaserei bis zu seinem Tod nach schwerer Krankheit im April 1972. Nach seinem Tod konnte die Witwe,
Ruth Beier, unter Mitarbeit eines betriebszugehörigen Glasermeisters die Geschäfte ein Jahr lang weiterführen. Mit Hilfe der Stammmannschaft wurden begonnene Arbeiten vollendet, z.B. 1972/73 die Neugestaltung der Bleiglasfelder der Lukaskirche zu Dresden nach Entwürfen von
Werner Juza und die Ausführung der Bleiglasfenster der Kirche Seifhennersdorf, deren Entwürfe vom Schweizer Künstler
Willy Fries stammten. 1973 wurde der Betrieb an den VEB Denkmalpflege Dresden übergeben, weil beide Töchter keine handwerklich-künstlerischen Berufe ergriffen hatten. – Baugebundene Kunstglasarbeiten, ausgeführt und z.T. auch entworfen von B., sind v.a. in Sachsen im sakralen, öffentlichen und privaten Bereich zu finden. Die plastischen Glas- und Steinschliffarbeiten wie figürliche Darstellungen, Hohlgläser als Vasen bzw. Dosen, Porträt-Hochreliefschliffe, Tiefschliffe und Schmuckelemente befinden sich weitestgehend in Privatbesitz, aber auch im Staatlichen Kunstgewerbemuseum Pillnitz bzw. im Augustinermuseum in Freiburg/Breisgau. Sämtliche Hinterglasmalereien befinden sich in Privatbesitz. – In Zusammenarbeit mit der evangelisch-lutherischen Kirche Sachsens, hier v.a. mit Christian Rietschel, dem Architekten
Fritz Steudtner, dem Grafiker Paul Sinkwitz und mit den Kunstmalern Wilhelm Juza und Hans Jüchser sowie Helmar Helas entstanden Bleiglasfelder für verschiedene sächsische bzw. Dresdner Kirchen, wie z.B. die Friedenskirche in Radebeul. In Dresden sind es beispielsweise die Bethlehemkirche in Tolkewitz, die Lukaskirche in der Südvorstadt, die Friedenskirche in Löbtau, die Martin-Luther-Kirche und die Garnisonkirche St. Martin in der Neustadt, die Thomaskirche in Gruna, die Nazarethkirche in Seidnitz, die Reformierte Kirche an der Brühlschen Terrasse, die Friedhofskapelle in Bühlau. – Im öffentlichen Bereich wurden etwa für das Kurmittelhaus Bad Elster, die Siemens-Glashütte in Freital und das Großkraftwerk Mumsdorf Arbeiten geschaffen. Außerdem wurden Kulturhäuser, u.a. in Eisenhüttenstadt, die Studentenwohnheime Hoyerswerdaer und Teplitzer Straße in Dresden, die Gaststätten Nürnberger Ei, Astoria und Hansa-Hotel in Dresden sowie das Aquarienhaus des Dresdner Zoos ausgestaltet. Ebenso wirkte B. 1969 bis 1971 an der Restaurierung der Meißner Albrechtsburg mit. Auch im privaten Bereich finden sich Ausgestaltungen von Villen in Dresden und Umgebung.
Quellen Privatarchiv Familie Beier (P, WV).
Werke Friedhofskapelle Dresden-Bühlau, Bleiglasfelder, 1938; Siemens-Glashütte Freital, Glasbleifelder, Eigenentwurf, ca. 1949; Bethlehemkirche Dresden-Tolkewitz, Bleiglasfelder, 1951; Nazarethkirche Dresden-Seidnitz, Bleiglasfelder, 1951; Friedenskirche Dresden-Löbtau, Bleiglasfelder, 1952; Thomaskirche Dresden-Gruna, Bleiglasfelder, Entwurf H. Helas, Anfang der 1950er-Jahre; Martin-Luther-Kirche Dresden, Ergänzung der Bleiglasfelder, 1960er-Jahre; Garnisonkirche St. Martin Dresden, Ergänzung der Bleiglasfelder, 1960er-Jahre; Studentenwohnheim Dresden, Hoyerswerdaer Straße, farbige Glasklebearbeit, Entwurf von H. Naumann, 1962; Aquarienhaus des Dresdner Zoos, drei runde Tiefschliff-Gläser mit Tiermotiven, Eigenentwurf, ca. 1963; Friedenskirche Radebeul, Bleiglasfelder, Entwurf C. Rietzschel, 1963; Reformierte Kirche Dresden, Bleiglasfelder, ca. 1966; Lukaskirche Dresden, Bleiglasfelder, 1972; Kreuzkirche Seifhennersdorf, Bleiglasfenster, Entwurf W. Fries, 1972-1978; Kurmittelhaus Bad Elster, Glastiefschliffarbeiten, Eigenentwurf; Großkraftwerk Mumsdorf, Glasklebearbeit.
Literatur Sonder-Schrift zum Ableben Prof. Wilhelm v. Eiff, in: Die Schaulade 1943; Wort und Werk, Faltblatt Leipzig 1958; [J. R.], Blei, Zinn und bunte Gläser, in: Die Union 7.12.1969, S. 4; G. Messner, Arbeiten aus Glas und Holz, in: Dresdener Kunstblätter 14/1970, H. 5, S. 142-147; S. Pahlitzsch, Mit Diamant, Brennofen und Blei, in: Sächsische Zeitung 24.1.1972; M. Schüly, „Glas ist der Erde Stolz und Glück“ - Wilhelm von Eiff und seine Schule, Freiburg/Breisgau 1990; Elbhangkurier 2008, Heft 2, S. 18, 2012, Heft 2, S. 26; Manufaktur des Gläsernen, in: Dresdner Neueste Nachrichten 8.2.2008, S. 10.
Porträt Fritz B., Fotografie, Privatarchiv Familie Beier, Dresden (Bildquelle).
Angelika Schuster
5.4.2017
Empfohlene Zitierweise:
Angelika Schuster, Artikel: Fritz Beier,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25598 [Zugriff 18.12.2024].
Fritz Beier
Quellen Privatarchiv Familie Beier (P, WV).
Werke Friedhofskapelle Dresden-Bühlau, Bleiglasfelder, 1938; Siemens-Glashütte Freital, Glasbleifelder, Eigenentwurf, ca. 1949; Bethlehemkirche Dresden-Tolkewitz, Bleiglasfelder, 1951; Nazarethkirche Dresden-Seidnitz, Bleiglasfelder, 1951; Friedenskirche Dresden-Löbtau, Bleiglasfelder, 1952; Thomaskirche Dresden-Gruna, Bleiglasfelder, Entwurf H. Helas, Anfang der 1950er-Jahre; Martin-Luther-Kirche Dresden, Ergänzung der Bleiglasfelder, 1960er-Jahre; Garnisonkirche St. Martin Dresden, Ergänzung der Bleiglasfelder, 1960er-Jahre; Studentenwohnheim Dresden, Hoyerswerdaer Straße, farbige Glasklebearbeit, Entwurf von H. Naumann, 1962; Aquarienhaus des Dresdner Zoos, drei runde Tiefschliff-Gläser mit Tiermotiven, Eigenentwurf, ca. 1963; Friedenskirche Radebeul, Bleiglasfelder, Entwurf C. Rietzschel, 1963; Reformierte Kirche Dresden, Bleiglasfelder, ca. 1966; Lukaskirche Dresden, Bleiglasfelder, 1972; Kreuzkirche Seifhennersdorf, Bleiglasfenster, Entwurf W. Fries, 1972-1978; Kurmittelhaus Bad Elster, Glastiefschliffarbeiten, Eigenentwurf; Großkraftwerk Mumsdorf, Glasklebearbeit.
Literatur Sonder-Schrift zum Ableben Prof. Wilhelm v. Eiff, in: Die Schaulade 1943; Wort und Werk, Faltblatt Leipzig 1958; [J. R.], Blei, Zinn und bunte Gläser, in: Die Union 7.12.1969, S. 4; G. Messner, Arbeiten aus Glas und Holz, in: Dresdener Kunstblätter 14/1970, H. 5, S. 142-147; S. Pahlitzsch, Mit Diamant, Brennofen und Blei, in: Sächsische Zeitung 24.1.1972; M. Schüly, „Glas ist der Erde Stolz und Glück“ - Wilhelm von Eiff und seine Schule, Freiburg/Breisgau 1990; Elbhangkurier 2008, Heft 2, S. 18, 2012, Heft 2, S. 26; Manufaktur des Gläsernen, in: Dresdner Neueste Nachrichten 8.2.2008, S. 10.
Porträt Fritz B., Fotografie, Privatarchiv Familie Beier, Dresden (Bildquelle).
Angelika Schuster
5.4.2017
Empfohlene Zitierweise:
Angelika Schuster, Artikel: Fritz Beier,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25598 [Zugriff 18.12.2024].