Widar Ziehnert
Trotz seines jugendlichen Alters pflegt Z. eine Vielzahl künstlerischer Neigungen und ist heute v.a. als einer der frühesten Publizisten sächsischer Volkssagen bekannt. – 1816 wurde Z.s Vater in ein geistliches Amt nach Großenhain berufen und erteilt dort seinem Sohn den ersten Schulunterricht. Mit sechs Jahren lernte er Latein, bald darauf Französisch und mit zehn Jahren fertigte er bereits Übersetzungen aus dem Altgriechischen an. Später besuchte Z. die öffentliche Schule in Großenhain, wo er Reime für Spiele verfasste und die Klassenchronik schrieb. Nach der Konfirmation Ostern 1828 waren alle Versuche, ihn in Dresden, Leipzig oder anderswo in einem Lehrberuf (Buchhandel, Apotheke bzw. Kaufmannsgeschäft) unterzubringen, vergeblich. Als der Vater eine Berufung als Pfarrer nach Schlettau erhielt, konnte Z. das Lyzeum in Annaberg besuchen, um sich auf ein Hochschulstudium vorzubereiten. In seiner Freizeit verfasste er humoristische Erzählungen und Gedichte. Außerdem beschäftigte er sich mit Malerei, wobei er sich auf eine fünfjährige Ausbildung bei einem Zeichenlehrer stützen konnte. Nach der Reifeprüfung ging er im Herbst 1832 an die Universität Leipzig, um Theologie zu studieren. Zugleich widmete er sich weiterhin der Dichtkunst. 1833 wurde eine von ihm verfasste Ode preisgekrönt. Im selben Jahr erhielt er ein dreijähriges königliches Stipendium. Während dieser Zeit lernte Z. auch Flöte spielen und wurde Mitglied in einem studentischen Musizierkreis. In den Hochschulferien 1833/34 kopierte er in Gouache-Technik Gemälde von
Peter Paul Rubens,
Michelangelo Buonarroti,
Leonardo da Vinci u.a., um die dürftigen Bildwerke in der Schlettauer Kirche zu ersetzen. Im Sommer 1835 wurde seine Ballade vom „Mönchsgesicht an der Schlettauer Kirche“ publiziert. In den Folgejahren benutzte Z. zahlreiche sächsische und andere (Volks-)Sagen, die er unermüdlich gesammelt hatte, als Grundlage für dramatische Dichtungen. 1838 erschien das zunächst zweibändige Werk „Sachsens Volkssagen“, in welchem er bemüht war, die Stoffe so zu verarbeiten, dass sie dem „Volksgerede“ und den Chroniknachrichten gleichermaßen nahe blieben. Auf Anregung seines Verlegers begann er auch die Sagen Preußens systematisch zu sammeln und in dramatisierter Form zu publizieren. Mit diesen Arbeiten beschäftigte er sich im Elternhaus in Schlettau, in das er Ostern 1837 zurückgekehrt war, nachdem er Weihnachten 1836 sein theologisches Examen absolviert hatte und Kandidat der Theologie geworden war. Am Predigen, dem er anfangs gewissenhaft nachging, fand er aber keinen Gefallen, sodass er auch kein geistliches Amt übernahm. Im Herbst 1838 machte sich bei Z. ein bösartiges Drüsenleiden bemerkbar, das zu seinem frühen Tod im Februar 1839 führte.
Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Biografischer Zettel-Katalog.
Werke Neues Bilderallerlei für gute Kinder, bestehend aus 14 fein col. und 14 schw. Blättern mit 100 Zeichnungen aus der Natur- und Kunstgeschichte, Annaberg 1837; Sachsens Volkssagen, 3 Bde., Annaberg 1838/39, 51885; Deutsche Sagen und Mährchen für die Jugend, Leipzig 1838; Preußens Volkssagen, Mährchen und Legenden, Bd. 1-3, Leipzig 1838-1840, 21842; Nachgelassene Gedichte ernsten und scherzhaften Inhalts, Annaberg 1850, 21851.
Literatur R. Berthold, Ein sächsischer Heimatdichter, in: Freiberger Heimat 1/1928, S. 64f.; Ein fast vergessener sächsischer Heimatdichter, in: Die Elbaue 12/1935, S. 32; Ein fast vergessener sächsischer Heimatdichter, in: Heimat und Welt. Waldheimer Tageblatt 1935, Nr. 10; Fritsch, Widar Z., in: Erzgebirgische Heimatblätter. Wochenblatt und Anzeiger für Eppendorf 1939, Nr. 12; M. Wenzel, Ernst Widar Amadeus Z., in: Vom silbernen Erzgebirge. Kreis Annaberg, Bd. 2, 1939, S. 313f.; P. Thomas, Widar Z., in: Glückauf. Zeitschrift des Erzgebirgsvereins 59/1939, Nr. 5, S. 107-109; M. Wenzel, Widar Z., in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 24/1935, H. 9/12, S. 258-260; Dichter sächsischer Volkssagen, in: Die Union 19/1964, Nr. 163. – DBA I.
Brigitte Emmrich †
5.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Widar Ziehnert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22474 [Zugriff 22.11.2024].
Widar Ziehnert
Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Biografischer Zettel-Katalog.
Werke Neues Bilderallerlei für gute Kinder, bestehend aus 14 fein col. und 14 schw. Blättern mit 100 Zeichnungen aus der Natur- und Kunstgeschichte, Annaberg 1837; Sachsens Volkssagen, 3 Bde., Annaberg 1838/39, 51885; Deutsche Sagen und Mährchen für die Jugend, Leipzig 1838; Preußens Volkssagen, Mährchen und Legenden, Bd. 1-3, Leipzig 1838-1840, 21842; Nachgelassene Gedichte ernsten und scherzhaften Inhalts, Annaberg 1850, 21851.
Literatur R. Berthold, Ein sächsischer Heimatdichter, in: Freiberger Heimat 1/1928, S. 64f.; Ein fast vergessener sächsischer Heimatdichter, in: Die Elbaue 12/1935, S. 32; Ein fast vergessener sächsischer Heimatdichter, in: Heimat und Welt. Waldheimer Tageblatt 1935, Nr. 10; Fritsch, Widar Z., in: Erzgebirgische Heimatblätter. Wochenblatt und Anzeiger für Eppendorf 1939, Nr. 12; M. Wenzel, Ernst Widar Amadeus Z., in: Vom silbernen Erzgebirge. Kreis Annaberg, Bd. 2, 1939, S. 313f.; P. Thomas, Widar Z., in: Glückauf. Zeitschrift des Erzgebirgsvereins 59/1939, Nr. 5, S. 107-109; M. Wenzel, Widar Z., in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 24/1935, H. 9/12, S. 258-260; Dichter sächsischer Volkssagen, in: Die Union 19/1964, Nr. 163. – DBA I.
Brigitte Emmrich †
5.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Widar Ziehnert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22474 [Zugriff 22.11.2024].