Hans Heinrich von Heringen

Der aus alteingesessenem thüringischen Adel stammende Jurist H. promovierte im Alter von 20 Jahren an der Universität Leipzig. Danach stand er, zuletzt im Rang eines Hof- und Justizrats, bis zum Frühjahr 1734 in Diensten des Herzogs von Sachsen-Eisenach. Anschließend wurde er auf den Posten eines Akziserats an den kurfürstlichen Hof Friedrich Augusts II. (König August III. von Polen) nach Dresden berufen. Damit nahm eine fast 40 Jahre währende Laufbahn als Finanz- und Steuerfachmann in der kursächsischen Verwaltung ihren Anfang. 1739 folgten die Ernennungen zum Obersteuereinnehmer und zum Kammerherrn. 1748 wurde ihm der Titel eines Geheimen Rats verliehen. Auf dem Landtag von 1749 sprach er sich als Mitglied des Engeren Ausschusses der Ritterschaft gegen eine Fortführung der desaströsen Finanz- und Steuerpolitik seines Vorgesetzten, des sächsischen Premierministers und Obersteuerdirektors Heinrich Graf von Brühl, aus. Seine Einwände gegen eine weitere Geldbewilligung der Stände fanden jedoch kein Gehör. Das letzte Jahrzehnt seiner Tätigkeit in der kursächsischen Steuerverwaltung war von der Beseitigung der Schäden des Siebenjährigen Kriegs und der Sanierung der Staatsfinanzen geprägt. Dabei brachte H. sein profundes Fachwissen am Ende der Ära Brühl in mehreren Kommissionen ein. 1760 wurde er zunächst Mitglied der „Kommission zur Beförderung des Landesbesten“, deren Hauptaufgabe in der Organisation des Wiederaufbaus des im Krieg zerstörten Dresden bestand. Zusammen mit seinem Kollegen Christian Wilhelm von Nitzschwitz erarbeitete er darüber hinaus in der „Kommission zur Wiederherstellung des Steuerkredits“ für Brühl erste Vorschläge zur Tilgung der sächsischen Staatsschulden. Schließlich wurde H. 1762 auf ausdrücklichen Wunsch des Kopfs der reformorientierten Kräfte in der kursächsischen Verwaltung, Thomas von Fritsch, Mitglied der Restaurationskommission. Hier war er an der Konzeption der kursächsischen Staatsreform im Geist des aufgeklärten Absolutismus beteiligt. Seine Bedeutung für die Arbeit in dieser Kommission lässt sich daran ermessen, dass Fritsch die Verzögerung des von Brühl dringend angemahnten Gutachtens zur Steuerpolitik mit einer Erkrankung H.s begründete. Sein Wirken in der Restaurationskommission war von einem moderaten Kurs geprägt. Zusammen mit Fritsch setzte er sich für Innovationen in der Agrarpolitik ein. Die von ihnen befürwortete Legalisierung der Erbteilung landwirtschaftlich genutzter Güter (Dismembration) wurde 1766 zumindest partiell kodifiziert. Dagegen hielt er das Modell des Kollegiums zur Schuldentilgung mittels Staatsschuldscheinen, die von einer Steuer- und einer Kammerkreditkasse getragen werden sollten, für unhaltbar. H. erachtete die als zu erwartende Einnahmen kalkulierten Summen für zu hoch veranschlagt. Dass seine Bedenken übertrieben waren, zeigte sich 1774, als der sächsische Staatshaushalt einen ersten Überschuss erzielte. Im Zuge der Staatsreform erlebte H. auch einen weiteren Aufstieg in der Steuerverwaltung. 1765 folgte er dem zwei Jahre zuvor verstorbenen Brühl auf den Posten eines Generalakzisedirektors. Die Reformpartei vertraute ihm damit eine der wichtigsten Einnahmequellen der kursächsischen Administration an. Diese Position behielt er bis zu seinem Tod.

Quellen Denkmal kindlicher Ehrfurcht und Liebe, Dresden 1773; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Finanzarchiv (Bestallungen).

Werke mit S. G. Hilliger, Dissertatio Juris Feudalis De Vasallo Contra Dominum Feudi Propria Autoritate Sibi Jus Dicente, Leipzig 1717; Trauer-Rede, welche bey solennen Leichen-Exequien Des weyland Hoch-Wohlgeborenen Herrn Levin Adolph Marschalls, … am 12. Januarii 1721 in Altengottern abgelegt worden, in: Der frommen christ-ritterlichen Wandel auff der Welt für Gott wollte als Herr Levin Adolph Marschall nach dem er am 15. Dec. 1720 seelig entschlafen in einer den 12. Januarii 1721 gehaltenen Trauer- und Gedaechtniß-Predigt vorstellen, Langensalza 1721, S. 71-78.

Literatur J. G. Hunger, Denkwürdigkeiten zur Finanzgeschichte von Sachsen, Leipzig 1790; H. Schlechte, Die Staatsreform in Kursachsen 1762-1763, Berlin 1958; A. Kobuch, Ständische Opposition in Kursachsen im Jahre 1749 und Gedanken über Veränderungen hauptsächlich im Finanz- und Steuerwesen, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte und Landeskunde 18/1991/92, S. 77-105; U. Schirmer (Hg.), Sachsen 1763-1832, Beucha 2000. – Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, Bd. 22: Deutscher Uradel, Gotha 1921, S. 358-363; J. H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste, Bd. 12, Halle u.a. 1735, Sp. 1697f., Online-Ausgabe: www.zedler-lexikon.de.

Lutz Bannert
16.7.2009


Empfohlene Zitierweise:
Lutz Bannert, Artikel: Hans Heinrich von Heringen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2111 [Zugriff 22.11.2024].

Hans Heinrich von Heringen



Quellen Denkmal kindlicher Ehrfurcht und Liebe, Dresden 1773; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Finanzarchiv (Bestallungen).

Werke mit S. G. Hilliger, Dissertatio Juris Feudalis De Vasallo Contra Dominum Feudi Propria Autoritate Sibi Jus Dicente, Leipzig 1717; Trauer-Rede, welche bey solennen Leichen-Exequien Des weyland Hoch-Wohlgeborenen Herrn Levin Adolph Marschalls, … am 12. Januarii 1721 in Altengottern abgelegt worden, in: Der frommen christ-ritterlichen Wandel auff der Welt für Gott wollte als Herr Levin Adolph Marschall nach dem er am 15. Dec. 1720 seelig entschlafen in einer den 12. Januarii 1721 gehaltenen Trauer- und Gedaechtniß-Predigt vorstellen, Langensalza 1721, S. 71-78.

Literatur J. G. Hunger, Denkwürdigkeiten zur Finanzgeschichte von Sachsen, Leipzig 1790; H. Schlechte, Die Staatsreform in Kursachsen 1762-1763, Berlin 1958; A. Kobuch, Ständische Opposition in Kursachsen im Jahre 1749 und Gedanken über Veränderungen hauptsächlich im Finanz- und Steuerwesen, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte und Landeskunde 18/1991/92, S. 77-105; U. Schirmer (Hg.), Sachsen 1763-1832, Beucha 2000. – Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, Bd. 22: Deutscher Uradel, Gotha 1921, S. 358-363; J. H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste, Bd. 12, Halle u.a. 1735, Sp. 1697f., Online-Ausgabe: www.zedler-lexikon.de.

Lutz Bannert
16.7.2009


Empfohlene Zitierweise:
Lutz Bannert, Artikel: Hans Heinrich von Heringen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2111 [Zugriff 22.11.2024].