Christoph Meißner
M. trat als Chronist seiner Heimatstadt Altenberg in Erscheinung. Obwohl sein historiografisches Schaffen einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Stadt- und Bergbaugeschichte des Osterzgebirges darstellt, geriet M. rasch in Vergessenheit. Zu Unrecht steht sein Leben heute im Schatten der bekannteren Erzgebirgschronisten Christian Lehmann, Christian Meltzer, Johann Christian Engelschall oder Gotthelf Friedrich Oesfeld. – M. entstammte einer Familie, die sich über mehrere Generationen im Zinnbergbau und in der Bergverwaltung der Stadt Eibenstock engagiert und dort auch Ratsämter bekleidet hatte. In Altenberg, wo ebenfalls Zinn gefördert wurde, erreichte M.s Vater die Amtsstellung eines Obersteigers. Nach dem ersten Unterricht durch die Eltern besuchte M. ab dem fünften Lebensjahr die Stadtschule in Altenberg. Danach begann er eine kirchenmusikalische Ausbildung bei dem seinerzeit bekannten Kantor
Christian Schnatz in Dresden. M.s Gesangstalent weckte in seiner Familie die Hoffnung, er könne in die kurfürstliche Kapelle aufgenommen werden. Der Plan scheiterte zwar, doch trug die Lehrzeit bei Schnatz dazu bei, dass der inzwischen zwölfjährige M. eine tiefe Religiosität entwickelte. 1715 wurde er Schüler der Dresdner Kreuzschule. Gegen ein sich anschließendes Universitätsstudium regten sich seitens seiner Eltern finanzielle Bedenken, die jedoch durch die Förderung M.s durch den an der Kreuzkirche amtierenden Diakon Gottfried Müller zerstreut werden konnten. Zu Ostern 1724 immatrikulierte sich M. in Leipzig und betrieb dort anfangs philosophische Studien. Durch eine Hauslehrerstelle verbreiterte sich seine finanzielle Basis, sodass er sich nun an der theologischen Fakultät auf das Predigtamt vorbereiten konnte. Nach einer Probepredigt im Dom zu
Merseburg legte M. am 31.3.1727 die Prüfung vor dem Oberkonsistorium in Dresden ab. – In den nächsten sieben Jahren versuchte M. vergeblich und mit zunehmender Frustration, eine Predigerstelle zu erlangen. Vermutlich galt er aufgrund wiederkehrender längerer Krankheitsphasen als wenig belastbar. In jener Zeit hielt sich M. als Privatlehrer in verschiedenen bürgerlichen, aber auch adligen Familien auf und knüpfte auf diese Weise Kontakte zur Dresdner Oberschicht. 1734 trat M. eine reguläre Stelle als Knabenerzieher (Regens Alumnorum) an der Dresdner Kreuzschule an. Zweimal, 1738 und 1755, wurde M an diesem renommierten Bildungsinstitut befördert und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1777. Darüber hinaus ging er aber auch eigenen wissenschaftlichen Interessen nach. Diese beinhalteten v.a. die Beschäftigung mit Moraltheologie und protestantischer Glaubenslehre, zu denen M. eigene Schriften, zumeist in Form von Leichenpredigten, vorlegte, die in ihrer Bedeutung und Rezeption aus heutiger Sicht freilich nur untergeordneten Wert besitzen. Wichtiger erscheinen M.s christliche Bergmannslieder, die Eingang in die Kirchengesangbücher von Altenberg und Schneeberg fanden. Als das Hauptwerk M.s gilt jedoch die 1747 erschienene „Umständliche Nachricht von der Churfl. Sächß. Schrifftsäßigen freyen Zien-Berg-Stadt Altenberg“. Sie folgt inhaltlich und konzeptionell der obersächsischen Stadtchronistik des 18. Jahrhunderts, indem thematische Kapitel zur Stadtgeschichte von den Ursprüngen bis 1747 um Jahresannalen über denselben Zeitraum ergänzt werden. Eine Vorbildfunktion, beispielsweise von Meltzers „Historia Schneebergensis renovata“, ist nicht zu verkennen. Ihren besonderen Wert erhält M.s Chronik durch eigene Quellenstudien, die der Verfasser in Altenberg und Dresden betrieben hatte. Außerdem fügte M. den Altenberger Ereignissen zahlreiche historische und topografische Informationen über die Nachbarorte Bärenstein, Dippoldiswalde, Geising, Glashütte, Lauenstein, Sayda, Schmiedeberg und Zinnwald bei. In diesem Werk hielt M. mit großem Fleiß und Akribie das beeindruckende Panorama einer der wichtigsten Zinn-Regionen Europas für die Nachwelt fest. Exemplare der Originalausgabe von 1747 zählen heute zu den bibliophilen Kostbarkeiten der sächsischen Literatur, da viele der von der Druckerei ausgelieferten Bände - Schätzungen belaufen sich auf ca. 400 Stück - beim preußischen Beschuss Dresdens im Siebenjährigen Krieg am 19.7.1760 in M.s Wohnung verbrannten. Dieser verlor dabei seinen gesamten Hausrat, zu dem auch weitere unveröffentlichte Manuskripte gehörten. – Seit 1749 war M. Mitglied der Gesellschaft der christlichen Liebe und Wissenschaften in Dresden, die eine neue Plattform für gelegentliche Veröffentlichungen bot. Als Gelehrter war M. unumstritten, doch offenbarte sich bei ihm mit fortschreitendem Alter eine Neigung zu überzogener Strenge gegenüber seinen Schülern, was zu Klagen und Beschwerden führte. M. starb am 20.6.1780 wahrscheinlich kinderlos in Dresden, da sich nirgends Hinweise auf eventuelle Nachkommen finden.
Werke Umständliche Nachricht von der Churfl. Sächß. Schrifftsäßigen freyen Zien-Berg-Stadt Altenberg, in Meissen an der Böhmischen Gränze gelegen, Dresden/Leipzig 1747, ND Kleinvoigtsberg 2001; Die alle Todesfurcht austreibende Liebe …, Friedrichstadt 1754; Kurze historische Nachricht von 50 alten und wohlbetagten, meistens Jubel-Schul-Männern, welche in einem Glückwünschenden Sendschreiben an den Herrn D. Christian Gotthold Schwenken …, Dresden 1755; Das Bild der Sanftmuth und der Demuth Christi, besonders an einem gewissenhafften Christlichen Schul-Lehrer … Herrn Johann Gottlob Ottens, Friedrichstadt 1757; Bergmännisches Dank- und Jubellied, zum 300jährigen Bergjubelfest in Altenberg, Dresden 1758.
Literatur Samuel Christlieb Fiedler, Der Gerechte wird seines Glaubens leben! Eine theologische Gedächtnißschrift … zum gesegneten Andenken und wohlverdienten Nachruhm des weyland … Herrn M. Christoph M., [Dresden-]Friedrichstadt 1781 (WV); Rainer Sennewald, Erläuterungen und Kommentar, in: Umständliche Nachricht von der Churfl. Sächß. Schrifftsäßigen freyen Zien-Berg-Stadt Altenberg, in Meissen an der Böhmischen Gränze gelegen, Kleinvoigtsberg 2001, S. 23-61 (WV).
Michael Wetzel
20.10.2020
Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Christoph Meißner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29093 [Zugriff 21.11.2024].
Christoph Meißner
Werke Umständliche Nachricht von der Churfl. Sächß. Schrifftsäßigen freyen Zien-Berg-Stadt Altenberg, in Meissen an der Böhmischen Gränze gelegen, Dresden/Leipzig 1747, ND Kleinvoigtsberg 2001; Die alle Todesfurcht austreibende Liebe …, Friedrichstadt 1754; Kurze historische Nachricht von 50 alten und wohlbetagten, meistens Jubel-Schul-Männern, welche in einem Glückwünschenden Sendschreiben an den Herrn D. Christian Gotthold Schwenken …, Dresden 1755; Das Bild der Sanftmuth und der Demuth Christi, besonders an einem gewissenhafften Christlichen Schul-Lehrer … Herrn Johann Gottlob Ottens, Friedrichstadt 1757; Bergmännisches Dank- und Jubellied, zum 300jährigen Bergjubelfest in Altenberg, Dresden 1758.
Literatur Samuel Christlieb Fiedler, Der Gerechte wird seines Glaubens leben! Eine theologische Gedächtnißschrift … zum gesegneten Andenken und wohlverdienten Nachruhm des weyland … Herrn M. Christoph M., [Dresden-]Friedrichstadt 1781 (WV); Rainer Sennewald, Erläuterungen und Kommentar, in: Umständliche Nachricht von der Churfl. Sächß. Schrifftsäßigen freyen Zien-Berg-Stadt Altenberg, in Meissen an der Böhmischen Gränze gelegen, Kleinvoigtsberg 2001, S. 23-61 (WV).
Michael Wetzel
20.10.2020
Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Christoph Meißner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29093 [Zugriff 21.11.2024].