Johann Christian Schubart Edler von Kleefeld
Johann Christian Schubart Edler von Kleefeld trug mit seinen agrarreformerischen Schriften und mit seinem beispielhaften Wirtschaften entscheidend dazu bei, den Kleeanbau auf deutschem Gebiet zu etablieren. Dies erreichte er v.a., indem er mit Geschick die Regierenden darüber aufklärte, inwieweit die überholte Agrarverfassung die Ausbreitung des Futterbaus behinderte. Albrecht Daniel Thaer, der Begründer der Agrarwissenschaft in Deutschland, würdigte Schubart als „Wohltäter der Menschheit“. Schubarts Wirken findet international bis in die Gegenwart Beachtung. – Schubart besuchte die Stadtschule in
Zeitz im kursächsischen Stift
Naumburg und lernte danach als Schreiber bei dem Amtmann des Stiftsamts Zeitz
Johann Carl Tischer. Schon seinerzeit fiel Schubarts schöne Handschrift auf. Mit 16 Jahren nahm diese Tätigkeit wegen eines Streichs des Lehrlings ein plötzliches Ende. Schubart fand für ein Jahr eine Anstellung als Schreiber bei dem Patrimonialgericht des Ritterguts in
Klein-Lauchstädt (heute Bad Lauchstädt), das
Johann Adam Böttcher - der Vater von Schubarts Stiefmutter
Christiana Maria Schubart - gepachtet hatte. Hier kam Schubart wohl zum ersten Mal auch mit der Landwirtschaft in Berührung. 1751 arbeitete er für ein halbes Jahr bei dem Amt
Rammelburg bei
Mansfeld im Unterharz, danach als Kopist in Leipzig und anschließend für ein knappes Jahr in
Hirschberg (poln. Jelenia Góra) in Schlesien. Ab Ostern 1753 war Schubart in
Wien. Auffallend schöne Kopien aus seiner Hand lagen der Kaiserin Maria Theresia vor und er erhielt das Angebot einer Anstellung. Wegen der zu erwartenden Verpflichtung, die katholische Konfession annehmen zu müssen, lehnte er jedoch ab. Schubart fungierte zuletzt für neun Monate als Haushofmeister beim sächsischen Gesandten Karl Georg Friedrich von Flemming. 1756 erhielt er ein Angebot seines ehemaligen Arbeitgebers in Hirschberg, des Justizkommissars
Christian Benedikt Kahl, das er annahm. 1759 reiste er von Hirschberg zunächst nach Zeitz, wo er sich mit seinem Vater nach vorherigem Zerwürfnis wieder versöhnte, und kehrte hiernach nach Schlesien zurück, um in den Dienst als Sekretär der preußischen Generäle Georg Reinhold von Thadden und danach Johann Paul von Werner zu treten. Im Zuge von Kriegshandlungen im Rahmen des Siebenjährigen Kriegs gerieten Werner sowie 2.000 Mann der preußischen Armee im September 1761 bei
Treptow an der Rega (poln. Trzebiatów) in russische Gefangenschaft. Schubart, der sich im Gefolge des Generals befand, entkam jedoch nach
Berlin. Hier wurde er zum Kriegs- und Marschkommissar der britisch-hannoverschen Armee ernannt, die unter dem Kommando des Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg auf preußischer Seite kämpfte. – Während seiner Zeit in braunschweigischen Diensten trat Schubart 1762 in
Braunschweig in den Freimaurer-Orden ein, für den er nach Kriegsende 1763 weiterhin tätig war, da er sein Amt verloren hatte. Karl Gotthelf Reichsfreiherr von Hund und Altengrotkau, der in Kittlitz in der Oberlausitz ansässig war, hatte ab 1751 den Ritus der Strikten Observanz begründet. Er trat für eine regionale Wiedererweckung des 1312 aufgelösten Templerordens ein. Im Auftrag Hunds und oft zusammen mit ihm besuchte Schubart 1766 die Logen in Ansbach, Dresden,
Berlin, Braunschweig,
Darmstadt,
Hannover,
Hamburg, Leipzig,
Mainz,
Nürnberg,
Rostock und
Stettin (poln. Szczecin), um für die Strikte Observanz zu werben. Bei Aufenthalten in Residenzstädten traf er auch die dortigen Herrscher, so in Mainz den Kurfürsten und Erzbischof Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim oder in Darmstadt den Landgrafen Ludwig VIII., der ihm 1767 den Titel eines Hofrats verlieh. Schubart unternahm auch Reisen nach Holland, England, Dänemark, Schweden, Russland, Italien und der Schweiz. Auf diesen Reisen lernte er in England, der Schweiz und der Pfalz unterschiedliche Methoden des Ackerbaus und der Tierzucht kennen und sah fremde Futtergewächse, wohlgenährtes Vieh sowie gut gehende Wirtschaften. In Hunds Auftrag entwarf er einen „Ökonomischen Plan“ für die Freimaurer-Logen, der aber auf Widerstand stieß. Als Hund Ende 1767 versuchte, sich mit seinen Gegnern zu einigen, trat Schubart 1768 von seinen Ordensämtern zurück. Er ging nach Leipzig, wo sein Bruder im Ratskeller als Pächter eine gut gehende Gastwirtschaft betrieb. Als Hofrat und weitgereister Weltmann fand Schubart Zugang zur Leipziger Gesellschaft. Am 3.1.1769 heiratete er die fünfzehn Jahre jüngere
Christiane Caroline Mittler. Die Mitgift der Braut soll 80.000 Taler betragen haben. – Das junge Paar kaufte 1769 für 14.000 Taler das 80 Hektar große Rittergut
Würchwitz bei Zeitz von dem Kammerkommissionsrat und Amtmann Georg Gottlieb Tischer. Das Rittergut hatte die Gerichtsbarkeit nur über fünf Häuser im Dorf, während elf Höfe und Häuser der Gerichtsbarkeit des benachbarten, viel größeren Ritterguts Wildenborn unterlagen. Wildenborn war auch zur Hutung in der Würchwitzer Gemarkung berechtigt. Der Vorbesitzer hatte das Gut noch für zwei Jahre an Amtmann Tischer, Schuberts ersten Lehrer, verpachtet. Schubart nutzte die Zeit dieser Verpachtung, um landwirtschaftliche Literatur zu studieren. Er lernte in dieser Zeit im benachbarten Dorf
Podebuls den Bauern
Christoph Schneider kennen, mit dem er zusammenarbeitete und den er in seinen späteren Schriften lobend hervorhob. – Ab 1771, nach dem Ende der Verpachtung an Tischer, bestellte Schubart seine Besitzungen zunächst nach der traditionellen Dreifelderwirtschaft. 1774 kaufte er noch die beiden ehemals Gräflich Wertherschen Güter in
Pobles und
Kreischau bei
Lützen für 34.000 Taler hinzu. Unzufrieden mit den Wirtschaftsergebnissen erinnerte sich Schubart an seine Reisen und führte die dort gewonnen Erkenntnisse in seinen eigenen Besitzungen ein: Nach verschiedenen Anbauversuchen, die Schubart zusammen mit Schneider durchführte, wurde das Vieh fortan nicht mehr über die Brache getrieben, sondern auch im Sommer im Stall gehalten. Futterpflanzen wie Klee, Esparsette und Runkelrüben - letztere führte er erstmals in dieser Gegend ein - wurden nun auf dem ruhenden Feld angebaut. Dadurch wurde es möglich, mehr Vieh zu halten und so auch mehr Dünger zu produzieren. Zusätzlich setzte Schubart Gips zur Düngung der Felder ein. Der wirtschaftliche Erfolg brachte ihm 1779 ein lukratives Abwerbeangebot der russischen Zarin Katharina II., das er aus unbekannten Gründen ablehnte, und die Bekanntschaft mit dem Leipziger Universitätsprofessor Nathanael Gottfried Leske ein. Leske war einer der Leiter der Leipziger Ökonomischen Gesellschaft und gab das „Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oeconomie“ heraus. Schubart kam dessen Drängen nach, schon fertiggestellte und neue Artikel in dem Magazin zu veröffentlichen. So schrieb er hierin u.a. über Klee-, Luzerne-, Rübenanbau, über die Anwendung des Gipses und warb für eine grundlegende Verbesserung des Ackerbaus, für neue Fruchtfolgen, für den Anbau von Runkelrüben und Hülsenfrüchten, für die Abschaffung der Brache und für den Feldfutterbau. Die Beiträge, die auch in anderen Zeitschriften bekannt gemacht wurden, fanden allgemeinen Beifall, sodass sie vereint 1783 unter dem Titel „Ökonomisch-kameralistische Schriften“ in Leipzig herausgebracht wurden. – Je mehr Schubart publizierte, desto deutlicher wandte er sich den Fragen der Agrarverfassung zu und kritisierte dabei v.a. die Trift- und Hutungsrechte, die den Anbau von Feldfrüchten im Brachfeld behinderten. 1783 veröffentlichte er die Schrift „Hutung, Trift und Brache, die größten Gebrechen und die Pest der Landwirtschaft“. Er fordert darin die Regierungen auf, die Triftrechte als überkommene Einrichtung abzuschaffen. Darüber hinaus verteidigte er die Unversehrtheit des Grundeigentums und appellierte an die Einsicht, dass der Anbau von Früchten und Futter im Brachfeld verbunden mit der Stallfütterung auch den bisher Triftberechtigten Vorteile verschaffe. Diese Argumente brachte er auf Drängen Leskes und anderer zudem 1782 in der Lösung einer von der Akademie der Wissenschaften in Berlin gestellten Preisaufgabe vor, was ihm eine mit 50 Dukaten dotierte Belohnung einbrachte. Die Summe setzte er für gemeinnützige Zwecke ein. Er publizierte seine Ergebnisse zusammen mit dem Vorwort in dem agraraufklärerischen Werk „Gutgemeinter Zuruf an alle Bauern, die Futtermangel leiden, besonders an die Kursächsischen“, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen. In dem Vorwort hob er den Bauern Schneider lobend hervor. Preisschrift und Vorwort machten Schubart weithin bekannt. Herzog Ernst Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld ernannte ihn 1784 zum Geheimrat. Die Schriften wurden ins Tschechische, Dänische, Lettische, Englische, Französische, Schwedische und später ins Russische übersetzt. Besonders gesucht waren sie in den böhmisch-österreichischen Ländern. Wohl durch den böhmischen Adel angeregt, erhob Kaiser Josef II. Schubart 1784 in den Reichsadelstand, mit dem Prädikat von Kleefeld. Im November/Dezember 1785 besuchte er, von böhmischen Adeligen eingeladen, Böhmen und Österreich und wurde in Wien vom Kaiser empfangen. – Schubarts Ruf als Agrarreformer machte Würchwitz zum Ziel vieler Besucher: Allein Januar bis Oktober 1785 schrieben sich 52 Besucher in das Gästebuch ein, im Folgejahr wiederum 43 Besucher. Zu den Gästen gehörten Herzöge, Fürsten, Grafen, aber auch andere Rittergutsbesitzer, bürgerliche Landwirte und Pächter sowie aufgeklärte Beamte und Verwalter, die seinen Betrieb zu besichtigen wünschten. Hinzu kam eine umfangreiche Korrespondenz mit ca. 1.000 Briefen jährlich. – Schubarts Wirken blieb jedoch nicht ohne Kritik, auch leisteten bisweilen Knechte, Mägde und Untertanen (Zehntschnitter und Erbdrescher) Widerstand gegen seine Neuerungen. Mit manchen Kritikern führte er heftige Auseinandersetzungen. Rittergutsbesitzer etwa verteidigten ihre Triftgerechtigkeiten. Sie fürchteten, nach einer Abschaffung würden auch die Frondienste beseitigt. Mit scharfen Worten warf Schubart den Verteidigern der alten Ordnung vor, sie beraubten den Landmann und würden ihm die Rechte der Menschlichkeit enthalten. – Bereits im Alter von 53 Jahren verstarb Schubart nach langer Krankheit 1787. Er wurde in Pobles in einer Gruft bei der Kirche, über die er das Patronat innehatte, begraben. Am 19.6.1851 wurde oberhalb von Würchwitz eine von dem Bauinspektor
Garcke entworfene Stele zur Erinnerung an Schubart eingeweiht. Das Dorf feiert seitdem jährlich um diese Zeit das „Kleefest“.
Quellen Handschriftliche Aufzeichnung des Gutspächters G. Kober, Wildenborn, über die Entstehung des Schubart-Denkmals in Würchwitz, um 1851 (Privatbesitz F. K. Steinbach, Würchwitz, zukünftig voraussichtlich Stadtarchiv Zeitz); Auskunft H.-J. Verlohren, Markranstädt; Auskunft F. K. Steinbach, Würchwitz.
Werke Gutgemeinter Zuruf an alle Bauern, die Futtermangel leiden, besonders an die Kursächsischen, Leipzig 1782; Hutung, Trift und Brache, die größten Gebrechen und die Pest der Landwirtschaft, Leipzig 1783; Oekonomisch=kameralistische Schriften …, hrsg. von Nathanael Gottfried Leske, 6 Teile, Leipzig 21784/1785; Oekonomischer Briefwechsel als eine Fortsetzung seiner ökonomisch=kameralistischen Schriften, 4 Hefte, Leipzig 1786/1787.
Literatur Albrecht Daniel Thaer, Grundsätze der rationellen Landwirtschaft, Bd. 1, Berlin 1809; Christian Rockstroh, Johann Christian Schubart, Edler von Kleefeld. Eine dessen Andenken gewidmete, von der ökonomischen Gesellschaft im Königreich Sachsen gekrönte und von ihr herausgegebene Preisschrift, Dresden/Leipzig 1846; Gertrud Schröder-Lembke, Die Einführung des Kleebaus in Deutschland vor dem Auftreten Schubarts von dem Kleefelde, Berlin 1954; Adolf Schmiedecke, Johann Christian Schubart. Ein bedeutender Förderer der Landwirtschaft und der Bauernbefreiung, Zeitz 1956; Bernard Slicher van Bath, De agrarische geschiedenis van West-Europa (500-1850), Utrecht 1960, S. 307; Hans-Heinrich Müller, Ein Wohltäter der Menschheit. Johann Christian Schubart. 1734-1787, Würchwitz 2004 (ND Bonn 2012). – ADB 32, S. 602-606; DBA I, III; NDB 23, S. 603f.
Porträt Bildnis des J. C. Schubart von Kleefeld, Christian Gottlieb Geyser, 1757/1803, Radierung, Universitätsbibliothek Leipzig, Porträtstichsammlung, Inventar-Nr. 46/147 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; Oekonomisch=kameralistische Schriften, 1. Teil, Leipzig 31786, Umschlagseite.
Klaus Garcke
14.7.2025
Empfohlene Zitierweise:
Klaus Garcke, Artikel: Johann Christian Schubart Edler von Kleefeld,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3589 [Zugriff 6.9.2025].
Johann Christian Schubart Edler von Kleefeld
Quellen Handschriftliche Aufzeichnung des Gutspächters G. Kober, Wildenborn, über die Entstehung des Schubart-Denkmals in Würchwitz, um 1851 (Privatbesitz F. K. Steinbach, Würchwitz, zukünftig voraussichtlich Stadtarchiv Zeitz); Auskunft H.-J. Verlohren, Markranstädt; Auskunft F. K. Steinbach, Würchwitz.
Werke Gutgemeinter Zuruf an alle Bauern, die Futtermangel leiden, besonders an die Kursächsischen, Leipzig 1782; Hutung, Trift und Brache, die größten Gebrechen und die Pest der Landwirtschaft, Leipzig 1783; Oekonomisch=kameralistische Schriften …, hrsg. von Nathanael Gottfried Leske, 6 Teile, Leipzig 21784/1785; Oekonomischer Briefwechsel als eine Fortsetzung seiner ökonomisch=kameralistischen Schriften, 4 Hefte, Leipzig 1786/1787.
Literatur Albrecht Daniel Thaer, Grundsätze der rationellen Landwirtschaft, Bd. 1, Berlin 1809; Christian Rockstroh, Johann Christian Schubart, Edler von Kleefeld. Eine dessen Andenken gewidmete, von der ökonomischen Gesellschaft im Königreich Sachsen gekrönte und von ihr herausgegebene Preisschrift, Dresden/Leipzig 1846; Gertrud Schröder-Lembke, Die Einführung des Kleebaus in Deutschland vor dem Auftreten Schubarts von dem Kleefelde, Berlin 1954; Adolf Schmiedecke, Johann Christian Schubart. Ein bedeutender Förderer der Landwirtschaft und der Bauernbefreiung, Zeitz 1956; Bernard Slicher van Bath, De agrarische geschiedenis van West-Europa (500-1850), Utrecht 1960, S. 307; Hans-Heinrich Müller, Ein Wohltäter der Menschheit. Johann Christian Schubart. 1734-1787, Würchwitz 2004 (ND Bonn 2012). – ADB 32, S. 602-606; DBA I, III; NDB 23, S. 603f.
Porträt Bildnis des J. C. Schubart von Kleefeld, Christian Gottlieb Geyser, 1757/1803, Radierung, Universitätsbibliothek Leipzig, Porträtstichsammlung, Inventar-Nr. 46/147 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; Oekonomisch=kameralistische Schriften, 1. Teil, Leipzig 31786, Umschlagseite.
Klaus Garcke
14.7.2025
Empfohlene Zitierweise:
Klaus Garcke, Artikel: Johann Christian Schubart Edler von Kleefeld,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3589 [Zugriff 6.9.2025].