Markus Bondi

Das private Bank- und Wechselgeschäft B.s in Dresden wurde in zeitgenössischen Reiseführern als eines der ersten Häuser der Stadt angeführt. Trotz der rechtlichen Zurücksetzung der in Sachsen lebenden Juden, denen auch B., ein Enkel des kursächsischen Hoffaktors Simon Isaac Bondi, unterlag, gelang es ihm, sich sowohl ökonomisch als auch sozial innerhalb der stadtbürgerlichen Gesellschaft zu etablieren. – Über die Erziehung und Ausbildung von B. ist kaum etwas bekannt. Es darf angenommen werden, dass er neben einer traditionellen jüdischen Bildung Privatunterricht im Deutsch Schreiben und Lesen sowie im Rechnen erhielt. Bereits früh stieg er in die Geld- und Wechselgeschäfte seines Vaters ein, der ihn mit den hierfür notwendigen finanziellen Mitteln ausstattete. Sein Dresdner Geschäftslokal befand sich auf der Inneren Pirnaischen Gasse, der späteren Landhausstraße, direkt im Stadtzentrum. Zu B.s Kunden, über die aufgrund fehlender Geschäftsunterlagen nur wenig bekannt ist, zählten u.a. Adlige und Amtsträger, zeitweilig auch der Anarchist Michael Bakunin. B. handelte v.a. mit Wechsel- und Pfandbriefen, später dann auch mit Staatspapieren und Aktien. Geschäftlich war er viel unterwegs und reiste u.a. immer wieder nach Berlin, Wien sowie zur Leipziger Messe. Trotz seines Erfolgs verliefen seine Geldgeschäfte nicht immer problemlos: 1825 wurde gegen ihn eine, schließlich auf nur vier Wochen halbierte Haftstrafe wegen des Vorwurfs des Betrugs verhängt. – B. gehörte der Dresdner jüdischen Gemeinde an. Hatte er zunächst noch den Unterhalt einer der seit dem 18. Jahrhundert von Mitgliedern der Familie Bondi unterhaltenen jüdischen Betstuben mitfinanziert, zog er sich in den 1820er-Jahren davon wie aus der jüdischen Gemeinde insgesamt zurück. Obwohl deshalb innerjüdisch als „Sonderling“ wahrgenommen, förderte er mit Zuwendungen weiterhin verschiedene jüdische Reform- und Wohltätigkeitsprojekte. So gab er Gelder für den interkonfessionell angelegten Mendelssohnverein. Außerdem gehörte er zu den Aktienzeichnern für den geplanten Neubau einer großen Gemeindesynagoge, deren Vollendung er 1840 durch eine Spende von 1.000 Talern mitfinanzierte. B. verwaltete in dieser Zeit darüber hinaus die von den wohlhabenden Gemeindemitgliedern unterhaltene Unterstützungskasse für arme durchreisende Israeliten. – B. war wohl der erste Dresdner Jude, der - zunächst aufgrund des bestehenden Verbots des Grunderwerbs für Juden - nur über einen Mittelsmann 1828 ein Haus erwarb. Er gehörte auch dem Verein zu gegenseitiger, jedoch freiwilliger Unterstützung bei Feuerschäden an. Mit dem formalen Übergang des Hauses in B.s Eigentum erlangte er 1847 das Dresdner Bürgerrecht. Obwohl er zur städtischen Oberschicht gehörte, nahm er am bürgerlichen Vereinswesen offensichtlich kaum teil. Lediglich für den Sächsischen Kunstverein lässt sich in den 1840er-Jahren eine Mitgliedschaft durch Aktienzeichnung nachweisen. Gleichwohl nahm er mit seiner Frau etwa durch Theaterbesuche und Kurreisen aktiv am bürgerlichen Leben teil. – Die Ehe von B. blieb kinderlos, doch nahm das Paar mit Lina (Caroline) eine Tochter der verwitweten und verarmten Bella Nachod (geb. Liebling) als Pflegetochter auf. Auch war ihr Haus ein Anlaufpunkt für zahlreiche Gäste, darunter namhafte reformorientierte jüdische Gelehrte. Zu den Besuchern zählten u.a. die Hamburger Tempelprediger Eduard Kley und Gotthold Salomon sowie der Dessauer Reformer Moses Philippson und sein Sohn Ludwig, deren Schriften B. z.T. auch subskribierte. Zur Familie Philippson hielt das Ehepaar zeitlebens freundschaftlichen Kontakt und unterstützte diese auch finanziell. – Die Zinsen der 1860 mit 6.000 Talern testamentarisch von B. errichteten Markus-Bondi-Stiftung gingen Bedürftigen und den Wohltätigkeitseinrichtungen der jüdischen Gemeinde zu. Seine Witwe stiftete mit ihrem Tod 1869 weitere 12.000 Taler zu einer zweiten Markus-Bondi-Stiftung, die sowohl jüdischen als auch christlichen Bedürftigen finanzielle Unterstützung für Bäderkurreisen gewährte.

Quellen Leo Baeck Institute New York, MF 542 Elias Bondi Collection; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10025 Geheimes Konsilium, Loc. 5749, Bd. 10: Die Menge derer Juden bey der Residenz Dreßden und deren angetragene Verminderung und Einschränckung, 1806-1810, Loc. 6518/05, Des jüdischen Wechslers Marcus B. Strafmilderungsgesuch, 1827; 10736 Ministerium des Inneren, Nr. 831: Die Gemeindeverfassungsverhältnisse der Juden zu Dresden, 1838-1846, Nr. 3637: Marcus-Bondi-Stiftung, Rechnungsführung, 1870-1871; 10747 Kreishauptmannschaft Dresden, Nr. 872: Die Marcus-Bondi’sche Stiftung, 1869; Stadtarchiv Dresden, 2.1 Ratsarchiv C.XLII 199.II: Die zu treffenden Einrichtungen der inneren Verfassung der hiesigen Israelitischen Gemeinde, 1838-1842.

Literatur Dresdner Anzeiger 10.11.1860, S. 8 (Todesanzeige); Zacharias Frankel, Dr. Bernhard Beer. Ein Lebens- und Zeitbild, Breslau 1863, S. 111; Stiftungen in der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, Dresden [1902], S. 7; Rosenstein, Neil, The Unbroken Chain. Biographical Sketches and the Genealogy of Illustrious Jewish Families from the 15th-20th Century, Bd. 1, New York 1990, S. 330; Frank Thiele u.a. (Hg.), Alter jüdischer Friedhof in der Dresdner Neustadt, Dresden 2000, S. 111f.; Schulprojekt „Pegasus“ des Gymnasiums Großzschachwitz, Die Familie Bondi, in: Der Alte Jüdische Friedhof in Dresden, hrsg. von HATIKVA. Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur e.V., Teetz 2002, S. 170-181; Simone Lässig, Jüdische Wege ins Bürgertum, Göttingen 2004.

Daniel Ristau
20.5.2020


Empfohlene Zitierweise:
Daniel Ristau, Artikel: Markus Bondi,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27862 [Zugriff 18.4.2024].

Markus Bondi



Quellen Leo Baeck Institute New York, MF 542 Elias Bondi Collection; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10025 Geheimes Konsilium, Loc. 5749, Bd. 10: Die Menge derer Juden bey der Residenz Dreßden und deren angetragene Verminderung und Einschränckung, 1806-1810, Loc. 6518/05, Des jüdischen Wechslers Marcus B. Strafmilderungsgesuch, 1827; 10736 Ministerium des Inneren, Nr. 831: Die Gemeindeverfassungsverhältnisse der Juden zu Dresden, 1838-1846, Nr. 3637: Marcus-Bondi-Stiftung, Rechnungsführung, 1870-1871; 10747 Kreishauptmannschaft Dresden, Nr. 872: Die Marcus-Bondi’sche Stiftung, 1869; Stadtarchiv Dresden, 2.1 Ratsarchiv C.XLII 199.II: Die zu treffenden Einrichtungen der inneren Verfassung der hiesigen Israelitischen Gemeinde, 1838-1842.

Literatur Dresdner Anzeiger 10.11.1860, S. 8 (Todesanzeige); Zacharias Frankel, Dr. Bernhard Beer. Ein Lebens- und Zeitbild, Breslau 1863, S. 111; Stiftungen in der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, Dresden [1902], S. 7; Rosenstein, Neil, The Unbroken Chain. Biographical Sketches and the Genealogy of Illustrious Jewish Families from the 15th-20th Century, Bd. 1, New York 1990, S. 330; Frank Thiele u.a. (Hg.), Alter jüdischer Friedhof in der Dresdner Neustadt, Dresden 2000, S. 111f.; Schulprojekt „Pegasus“ des Gymnasiums Großzschachwitz, Die Familie Bondi, in: Der Alte Jüdische Friedhof in Dresden, hrsg. von HATIKVA. Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur e.V., Teetz 2002, S. 170-181; Simone Lässig, Jüdische Wege ins Bürgertum, Göttingen 2004.

Daniel Ristau
20.5.2020


Empfohlene Zitierweise:
Daniel Ristau, Artikel: Markus Bondi,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27862 [Zugriff 18.4.2024].