Johannes Ackermann
Als Mitglied des 1933 gegründeten Pfarrernotbunds war A. in Opposition zur sächsischen Kirchenregierung geraten. Die durch die sächsische Kirchenleitung mit besonderem Nachdruck vertretene deutsch-christliche Ausrichtung der Kirche und die damit verbundene organisatorische und ideologische Gleichschaltung mit dem NS-Staat hatte A. nicht mit seinem Gewissen sowie seiner tief im christlichen Glauben verwurzelten Überzeugung vereinbaren können. Seine Beteiligung am evangelischen Kirchenkampf zwischen der Bekennenden Kirche - die 1934 aus dem Pfarrernotbund hervorgegangen war - und den nationalsozialistisch orientierten Deutschen Christen führten zu seiner Amtsenthebung und zum Predigtverbot. – A. besuchte die Fürsten- und Landesschule in Grimma und studierte anschließend 1920 bis 1924 in Leipzig Theologie. Ein Jahr nach dem Abschluss des 2. Staatsexamens 1926 wurde A. zum Lizenziat promoviert. Nach kurzer Vikarszeit in Auerbach/Vogtland wurde er am 11.9.1927 ordiniert und trat wenige Tage später seine Pfarrstelle in der St.-Christophorus-Kirchgemeinde in Tannenberg an. – A. war einer von ca. 200 Pfarrern der Bekennenden Kirche, die am 31.3.1935 eine polizeilich verbotene Kanzelabkündigung ihrer Vorläufigen Kirchenleitung verlasen. Darin warnten sie vor der Deutschen Glaubensbewegung und riefen zur Fürbitte für die im Konzentrationslager Dachau inhaftierten Pfarrer der hessen-nassauischen Landeskirche auf. Infolgedessen nahm die Geheime Staatspolizei (Gestapo) A. zusammen mit weiteren 20 Anhängern der Bekennenden Kirche bis zum 4.6.1935 im Konzentrationslager Sachsenburg in „Schutzhaft“. Erst nach weiteren fünf Monaten Predigtverbot und Gehaltskürzung durch die sächsische Landeskirche durfte A. auf Anordnung des Reichskirchenministers sein Amt wieder ausüben. – Nach der faktischen Auflösung des zur Beilegung des Kirchenkampfs gegründeten Landeskirchenausschusses im Frühjahr 1938 wurde A. vermehrt disziplinarisch gemaßregelt und durch amtliche Anordnungen bedrängt. So musste er sich für angebliche staatsfeindliche Äußerungen rechtfertigen und wurde beschuldigt, Kollekten unkorrekt abgeführt zu haben. Außerdem sollte er vor einer landeskirchlichen Amtsstelle den Treueid auf Adolf Hitler leisten. Im April 1938 eröffnete die Landeskirche gegen A. ein Dienststrafverfahren wegen Amtspflichtverletzung, weil er eine Kanzelabkündigung der Bekennenden Kirche trotz Verbots durch das Landeskirchenamt verlesen und an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten geschickt hatte. Im Ergebnis wurde A. zu einer Geldstrafe verurteilt. Nachdem A. in seiner Silvesterpredigt 1938 seine Gemeinde hinsichtlich der Reichskristallnacht zur Buße aufgerufen hatte, enthob ihn das sächsische Landeskirchenamt am 10.2.1939 seines Amts. Zudem wurde beim Sondergericht des Landes Sachsen Anklage erhoben. Für die Dauer des Verfahrens erlegte ihm die Gestapo Predigtverbot im Regierungsbezirk Chemnitz auf. Obwohl das Gerichtsverfahren bereits im August von staatlicher Seite eingestellt wurde, untersagte ihm die sächsische Kirchenleitung weiterhin, den Dienst in der eigenen Gemeinde wieder aufzunehmen. Zusätzlich sah sich A. im Ort verstärkt öffentlichen Diffamierungen ausgesetzt. Im Wochenblatt „Der Stürmer“ erschien ein Hetzartikel mit dem Titel „A. riskiert eine Lippe“, der im Dorf öffentlich ausgehängt wurde. – Nachdem sich A. bereits 1937 auf Bitten des Landeskirchenausschusses vergebens auf andere Pfarrstellen beworben hatte, verlangte das nunmehrige Landeskirchenamt von ihm, Tannenberg zu verlassen, was er aber zurückwies. Weiterhin forderte ihn das Arbeitsamt Annaberg auf, sich beim Reichsarbeitsdienst zu melden. Auf diesem Weg hätte er jedoch sein geistliches Amt gänzlich verloren. Außerdem sah er sich durch ein erneutes Verfahren der Gestapo bedroht. Er bewarb sich daher zunächst erfolglos um eine Stellung als Feldgeistlicher und meldete sich schließlich am 3.2.1940 freiwillig zur Wehrmacht. 1940 diente er zunächst an der Westfront und ab 1941 als Unteroffizier in Russland. Ende 1941 sollte er zum Feldwebel befördert werden, doch in Kenntnis seines Vorlebens verlangte seine Dienststelle von ihm eine schriftliche Verpflichtung zu unbedingtem Gehorsam gegenüber staatlichen Maßnahmen oder Anordnungen. Als A. sich weigerte, den Revers zu unterschreiben, drohte man ihm mit Konsequenzen für seine weitere militärische wie auch zivile Karriere. Wenig später wurde er in ein Vorkommando versetzt und bald darauf in einem Gefecht an vorderster Front tödlich verwundet. – Tannenberg ehrt A. heute durch einen Gedenkstein nahe der Kirche und durch den im Ortszentrum gelegenen Pfarrer-Ackermann-Platz. Zudem hat die Kirchgemeinde die ehemalige Patronatsloge in der Kirche nach ihm benannt.
Quellen Archiv Kirchgemeinde Tannenberg, Akte A.; Landeskirchenarchiv Sachsen, Kirchenkampfsammlung 1933-1946; Privatarchiv und Auskunft G. Slenczka, geb. Ackermann.
Werke Tolstoi und das Neue Testament, Diss. Leipzig 1927.
Literatur F. Schulze (Hg.), Geschichte der Familie A., Leipzig 1912; A. riskiert eine Lippe, in: Der Stürmer 3.2.1939; R. Grünberg (Bearb.), Sächsisches Pfarrerbuch, T. 1, Freiberg 1939/1940, S. 639, T. 2/1, Freiberg 1940, S. 3; Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien 125/1959, S. 11, 165/1974, S. 221-223; G. Prater, Lasset uns halten an dem Bekenntnis, Kiel 1960; H. Hahn, Kämpfer wider Willen, Metzingen 1969; J. Fischer, Die sächsische Landeskirche im Kirchenkampf 1933-1937, Göttingen 1972.
Porträt Fotografie, um 1940, Privatbesitz G. Slenczka, geb. Ackermann (Bildquelle).
Anett Dost
28.10.2009
Empfohlene Zitierweise:
Anett Dost, Artikel: Johannes Ackermann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27 [Zugriff 26.11.2024].
Johannes Ackermann
Quellen Archiv Kirchgemeinde Tannenberg, Akte A.; Landeskirchenarchiv Sachsen, Kirchenkampfsammlung 1933-1946; Privatarchiv und Auskunft G. Slenczka, geb. Ackermann.
Werke Tolstoi und das Neue Testament, Diss. Leipzig 1927.
Literatur F. Schulze (Hg.), Geschichte der Familie A., Leipzig 1912; A. riskiert eine Lippe, in: Der Stürmer 3.2.1939; R. Grünberg (Bearb.), Sächsisches Pfarrerbuch, T. 1, Freiberg 1939/1940, S. 639, T. 2/1, Freiberg 1940, S. 3; Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien 125/1959, S. 11, 165/1974, S. 221-223; G. Prater, Lasset uns halten an dem Bekenntnis, Kiel 1960; H. Hahn, Kämpfer wider Willen, Metzingen 1969; J. Fischer, Die sächsische Landeskirche im Kirchenkampf 1933-1937, Göttingen 1972.
Porträt Fotografie, um 1940, Privatbesitz G. Slenczka, geb. Ackermann (Bildquelle).
Anett Dost
28.10.2009
Empfohlene Zitierweise:
Anett Dost, Artikel: Johannes Ackermann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27 [Zugriff 26.11.2024].