Ludwig Zepner

Z. führte zunächst die Porzellanmanufaktur Meißen auf ein gestalterisch-zeitgenössisches Niveau, prägte dieses jahrzehntelang in führender Position und befasste sich schließlich mit ungelösten Problemen in der Porzellankunst und -technologie. – Seine Jugend verlebte Z. abwechselnd in Schlesien und der Eifel. Sein Vater fiel als Soldat 1943 in der Sowjetunion. 1946 wurde die Familie aus Oberschlesien vertrieben, gelangte schließlich nach Meißen und wohnte in einem Barackenlager. 1947 begann Z. eine keramische Ausbildung bei der Juventas GmbH in einer stillgelegten Ofenfabrik in Dobritz bei Meißen und wechselte 1948 an die Porzellanmanufaktur Meißen, wo er die Zeichenschule absolvierte und eine Lehre als Bossierer begann. Nachdem er diese Ausbildung mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, nahm er ein Studium an der neu gegründeten Fachschule für Keramik im thüringischen Hermsdorf auf. Von dort wechselte er 1954 unmittelbar an die Hochschule für Gestaltung Berlin-Weißensee, studierte bei Wolfgang Henze und Rudolf Kaiser und schloss das Studium 1958 als Diplom-Formgestalter ab. Da sich der VEB Staatliche Porzellanmanufaktur Meißen stärker und systematischer der künstlerischen Entwicklung zeitgenössischer Formen zuwenden wollte, wurde Z. dorthin zurückgeworben. 1960 formierte sich zunächst die „Sozialistische Arbeitsgemeinschaft für künstlerische Entwicklung“ mit Z., dem Porzellanmaler Heinz Werner und dem Plastiker Peter Strang. 1966 wurde aus der Gruppe durch Weisung des Generaldirektors der Vereinigung Volkseigener Betriebe Keramik Erfurt offiziell die Abteilung „Künstlerische Entwicklung“ mit Z. als Leiter gebildet, eine Position, die er bis 1990 innehatte. Diese Gruppe entwickelte seit 1961 unter Z.s Federführung bei der Formgestaltung mehrere Porzellan-Service, mit denen nach mehr als 30 Jahren wieder die zeitgenössische Formgestaltung in Verbindung mit den spezifischen Manufakturtechniken und -technologien in der Porzellanmanufaktur Einzug hielt und sich etablierte. Es entstanden 1961 das Kaffeeservice „607“ und 1964 das Speiseservice „Gitterrelief“. 1964 bis 1966, während einer Interimsphase im Direktorat der Porzellanmanufaktur, nahm das Gestalterkollektiv eine Einladung der Porzellanfabrik Lichte zur freien Mitarbeit für „Wallendorfer Porzellan“ an und entwickelte Designs und Dekore, darunter das seinerzeit beliebte „Flitterwochenservice“. In der Porzellanmanufaktur entstanden 1969/70 das Teeservice „Blütenrelief“ sowie 1972 bis 1974 das repräsentative Tafelensemble „Großer Ausschnitt“ als Auftrag der DDR-Regierung. 1975 wurde die Abteilung, inzwischen mit den beiden Porzellanmalern Rudi Stolle und Volkmar Bretschneider, mit dem Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur ausgezeichnet. Die Ausstellung „Meißen heute“ im Kunstgewerbemuseum Berlin zeigte 1976 erstmals einen Überblick des Schaffens der Gruppe außerhalb kommerzieller Kontexte. Studienreisen führten Z. viermal nach Indien, aber auch nach Finnland, Italien und zweimal nach Japan. 1978/79 erwirkte er die innerbetriebliche Nachwuchsförderung für die Abteilung „Künstlerische Entwicklung“. Daneben - und damit erstmalig in der fast 270-jährigen Geschichte der Porzellanmanufaktur Meißen - begann die Herstellung künstlerisch unikaler Porzellane. In den 1980er-Jahren entwickelte Z. das „Japangeschirr“ (1985), die Serviceform „Konus“ mit dem Dekor „Plus/Minus“ (1986) sowie das Teeservice „Kumitate“ (1987). Seine letzte Serviceform war eine Modifizierung der Entwicklung von 1972/73 „Großer Ausschnitt Relief“ und wurde 1993 abgeschlossen. Danach beschäftigte er sich mit der Weiterentwicklung von Kristall- und Laufglasuren auf Porzellan. Während Z.s knapp 30-jährigen Wirkens in der Porzellanmanufaktur entstanden von ihm insgesamt 352 Modelle für die serielle Herstellung sowie 254 unikale Gestaltungen. 1996 ging er offiziell in den Ruhestand, wirkte aber weiterhin als freier Mitarbeiter in der Porzellanmanufaktur. So entwickelte er 1998 bis 2000 stimmbare Orgelpfeifen aus Porzellan für die 2001 das Patent erteilt wurde. Die erste Orgel in Zusammenarbeit mit der Orgelbau Jehmlich Dresden GmbH mit 22 Porzellanpfeifen erklang im Sommer 2000 öffentlich im Grassimuseum Leipzig. – 1962 bis 2002 unterhielt Z. - ab 1966 zusammen mit seiner Frau - eine keramische Heimwerkstatt in der er Einzelstücke und Kleinserien für einen kleinen Kreis, aber auch für öffentliche Auftraggeber entwickelte und herstellte.

Quellen Auskunft Ludwig und Gudrun Zepner.

Werke Gitterrelief (1964); Blütenrelief (1969/70); Großer Ausschnitt (1972-1974); Japangeschirr (1985); Kumitate (1987); Großer Ausschnitt Relief (1993).

Literatur G. Reinheckel, Der Formgestalter Ludwig Z., in: Silikattechnik 18/1967, H. 1, S. 26f.; G. Meier, Künstlerisches Porzellan aus der Meißner Manufaktur, 2 Bde., Diss. Berlin 1980; J. Schärer, Meissner Konturen 1960-1990. Porzellane von Ludwig Z., Heinz Werner, Peter Strang, Rudi Stolle, Volkmar Bretschneider, Leipzig 1991, S. 25-29; H. Sonntag, Lebensstationen. Interview mit Ludwig Z., in: U. Beyer, Ludwig Z. Porzellane für die Meissener Manufaktur, Dresden 1996, S. 6-21; ders., Lebensstationen II. Ein Interview mit Ludwig Z. 2000, in: W. Siemen/S. Zehentmeier (Hg.), Ludwig Z. Ein Porzellinerleben für Meissen, Hohenberg/Eger 2001, S. 20-25. – DBA III.

Porträt Ludwig Z., K. Tänzer, um 2000, Fotografie, Privatbesitz (Bildquelle).

Steffen Förster
10.4.2017


Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Ludwig Zepner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25901 [Zugriff 26.11.2024].

Ludwig Zepner



Quellen Auskunft Ludwig und Gudrun Zepner.

Werke Gitterrelief (1964); Blütenrelief (1969/70); Großer Ausschnitt (1972-1974); Japangeschirr (1985); Kumitate (1987); Großer Ausschnitt Relief (1993).

Literatur G. Reinheckel, Der Formgestalter Ludwig Z., in: Silikattechnik 18/1967, H. 1, S. 26f.; G. Meier, Künstlerisches Porzellan aus der Meißner Manufaktur, 2 Bde., Diss. Berlin 1980; J. Schärer, Meissner Konturen 1960-1990. Porzellane von Ludwig Z., Heinz Werner, Peter Strang, Rudi Stolle, Volkmar Bretschneider, Leipzig 1991, S. 25-29; H. Sonntag, Lebensstationen. Interview mit Ludwig Z., in: U. Beyer, Ludwig Z. Porzellane für die Meissener Manufaktur, Dresden 1996, S. 6-21; ders., Lebensstationen II. Ein Interview mit Ludwig Z. 2000, in: W. Siemen/S. Zehentmeier (Hg.), Ludwig Z. Ein Porzellinerleben für Meissen, Hohenberg/Eger 2001, S. 20-25. – DBA III.

Porträt Ludwig Z., K. Tänzer, um 2000, Fotografie, Privatbesitz (Bildquelle).

Steffen Förster
10.4.2017


Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Ludwig Zepner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25901 [Zugriff 26.11.2024].