Carl von Salza und Lichtenau

S. entstammte der Linie Lichtenau (Nebenlinie Lichtenau-Wingendorf) des Oberlausitzer Adelsgeschlechts Salza. – Die Gymnasialausbildung absolvierte S. am Königlichen Kadettenhaus in Dresden. 1820 nahm er das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig auf, das er 1824 abschloss. 1825 wurde er Auditor beim Oberhofgericht in Leipzig. 1826 erfolgte gemeinsam mit dem späteren Justizminister Albert von Carlowitz, mit dem S. bereits zusammen studiert hatte, die Ernennung zum Assessor und zwei Jahre später zum Referendar bei der königlichen Landesregierung in Dresden. 1835 wurde S. als Appellationsrat Richter am Appellationsgericht in Leipzig, um dann am 1.10.1843 zum Oberappellationsrat und damit zum Richter am königlich sächsischen Oberappellationsgericht in Dresden berufen zu werden. An seinem neuen Wirkungsort war S. zunächst dem Kriminalsenat zugeteilt. Schon im Jahr seiner Berufung an das Oberappellationsgericht erfolgte jedoch eine zeitweilige Abordnung in das Kriegsministerium. Zusätzlich fungierte er ab 1856 als Richter am Oberkriegsgericht. Nach Ausscheiden des Vizepräsidenten des Oberappellationsgerichts Carl Philipp Heinrich Thierbach übernahm S. schließlich 1864 den Vorsitz des Kriminalsenats des Gerichts. Wegen eines Unfalls konnte er das Amt aber zunächst nur kurz ausüben. S., der seit 1855 auch Ehrenritter des Johanniterordens war und in dessen Sächsischer Genossenschaft zu den Gründungsmitgliedern gehörte, hatte soeben seine Tätigkeit wieder aufgenommen, als er am 10.6.1865 während eines Kartenspiels an einem Hirnschlag verstarb. – S. gilt als einer der profiliertesten sächsischen Juristen der Mitte des 19. Jahrhunderts. Als Vertreter des nationalen Liberalismus des Vormärz in Sachsen veröffentlichte er den ersten Entwurf einer Verfassung für das Königreich Sachsen sowie politische Schriften. Neben seinen zahlreichen maßgebenden Gerichtsentscheidungen sowie juristischen Aufsätzen - so für Julius Weiskes „Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten“ - sind einige seiner Monografien hervorzuheben. Bereits 1825 erschien das zweibändige Werk „Handbuch des Polizeirechts, mit besonderer Berücksichtigung der im Königreiche Sachsen geltenden Polizeigesetze“. Dabei handelt es sich um eine der maßgeblichen frühen Schriften zum öffentlichen Recht im Königreich Sachsen. Während etwa die Werke von Friedrich von Bülau, Friedrich Milhauser und Julius Heinrich Grünler vom Staatsrecht handeln, befasst sich S.s Handbuch erstmals und grundlegend mit einem Hauptthema des sächsischen Verwaltungsrechts, das sich eben zu formieren begann. – 1830 legte S. unter dem Kürzel „C. v. S.“ mit der Schrift „Ueber die künftige ständische Verfassung Sachsens. Eine Stimme zu dem bevorstehenden Landtage“ einen erst kürzlich wiederentdeckten Entwurf einer Verfassung für das Königreich Sachsen vor. Vorbild war die Konstitution Württembergs. S. forderte die Ablösung der überkommenen altständischen Verfassung zugunsten einer konstitutionellen Monarchie innerhalb des Deutschen Bunds und maß den Freiheits- und Gleichheitsrechten wesentliche Bedeutung zu. So enthält sein Entwurf etwa das verfassungsmäßige Recht auf Pressefreiheit und die Pflicht zur Abschaffung der „Leibeigenschaft“, womit er über den Inhalt der letztlich in Kraft getretenen Verfassung für das Königreich Sachsen von 1831, die maßgeblich auf den Vorschlägen von Hans Georg von Carlowitz und Bernhard von Lindenau beruhte, hinaus geht. In der politischen Schrift „Polen und die öffentliche Meinung“, die 1832 im Zusammenhang mit der Annexion des Königreichs Polen (Kongresspolen) durch Russland erschien, ergriff S. Partei für die polnische Seite. Er führte als maßgebliches Argument den Nationalstaatsgedanken an, den er territorialstaatlichen Interessen überordnete. – Daneben trat S. als Dichter hervor. Von ihm stammen mehrere Gedichte, die zusammengefasst unter dem Titel „Erotische Kleinigkeiten“ in dem 1851 in Leipzig von der Gesellschaft der Menschenfreunde herausgegebenen „Album“ erschienen. S. stand mit namhaften Lyrikern seiner Zeit in Kontakt. Im „Dresdner Album zur Unterstützung der Nothleidenden im sächsischen Erzgebirge, im Voigtlande und in den Weberdörfern der Oberlausitz“ von 1847 veröffentlichte er das Gedicht „Abendsegen“ aus dem Nachlass von Friedrich von Hardenberg (Novalis). 1853 gab S. die „Regesten des aus dem alten deutschen Herrenstande hervorgegangenen Geschlechts Salza“ heraus. Das Regestenwerk ist noch heute maßgebliche Grundlage für die Erforschung der Geschichte dieser Familie.

Quellen Staatsfilialarchiv Bautzen, Familiennachlass von Salza.

Werke Handbuch des Polizeirechts, 2 Bde., Leipzig 1825; Ueber die künftige ständische Verfassung Sachsens, Dresden 1830; Polen und die öffentliche Meinung, Altenburg 1832; Politisches Taschenbüchlein, Leipzig 1832; Die Lehre von Familien-, Stamm- und Geschlechts-Fideicommissen, Leipzig 1838; Familienfideicommisse, in: Julius Weiske (Hg.), Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten, Bd. 4, Leipzig 1843, S. 237-255; Gewohnheitsrecht, in: ebd., S. 836-856; Erotische Kleinigkeiten, in: Album, hrsg. von der Gesellschaft der Menschenfreunde in Deutschland, Leipzig 1851, S. 53-58; Regesten des aus dem alten deutschen Herrenstande hervorgegangenen Geschlechts Salza, Leipzig 1853.

Literatur Nekrolog Carls von S., in: F. A. v. Langenn/E. O. Schumann/K. M. Pöschmann (Hg.), Annalen des Königl[ich] Sächs[ischen] Oberappellationsgerichts zu Dresden, NF Bd. 1, Leipzig 1866, S. 94-96; P. Reinhardt, Die Unruhen der Jahre 1830-1831 und Sachsens Uebergang zum Verfassungsstaat, Halle 1916, S. 242; V. Eichstädt, Die deutsche Publizistik von 1830, Berlin 1933, S. 57, 180; M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 2: 1800-1914, München 1992, S. 211, 214f.

Porträt Fotografie, um 1860, Privatbesitz H. Freiherr von Salza und Lichtenau (Bildquelle).

Hermann Freiherr von Salza und Lichtenau
23.11.2010


Empfohlene Zitierweise:
Hermann Freiherr von Salza und Lichtenau, Artikel: Carl von Salza und Lichtenau,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25729 [Zugriff 29.3.2024].

Carl von Salza und Lichtenau



Quellen Staatsfilialarchiv Bautzen, Familiennachlass von Salza.

Werke Handbuch des Polizeirechts, 2 Bde., Leipzig 1825; Ueber die künftige ständische Verfassung Sachsens, Dresden 1830; Polen und die öffentliche Meinung, Altenburg 1832; Politisches Taschenbüchlein, Leipzig 1832; Die Lehre von Familien-, Stamm- und Geschlechts-Fideicommissen, Leipzig 1838; Familienfideicommisse, in: Julius Weiske (Hg.), Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten, Bd. 4, Leipzig 1843, S. 237-255; Gewohnheitsrecht, in: ebd., S. 836-856; Erotische Kleinigkeiten, in: Album, hrsg. von der Gesellschaft der Menschenfreunde in Deutschland, Leipzig 1851, S. 53-58; Regesten des aus dem alten deutschen Herrenstande hervorgegangenen Geschlechts Salza, Leipzig 1853.

Literatur Nekrolog Carls von S., in: F. A. v. Langenn/E. O. Schumann/K. M. Pöschmann (Hg.), Annalen des Königl[ich] Sächs[ischen] Oberappellationsgerichts zu Dresden, NF Bd. 1, Leipzig 1866, S. 94-96; P. Reinhardt, Die Unruhen der Jahre 1830-1831 und Sachsens Uebergang zum Verfassungsstaat, Halle 1916, S. 242; V. Eichstädt, Die deutsche Publizistik von 1830, Berlin 1933, S. 57, 180; M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 2: 1800-1914, München 1992, S. 211, 214f.

Porträt Fotografie, um 1860, Privatbesitz H. Freiherr von Salza und Lichtenau (Bildquelle).

Hermann Freiherr von Salza und Lichtenau
23.11.2010


Empfohlene Zitierweise:
Hermann Freiherr von Salza und Lichtenau, Artikel: Carl von Salza und Lichtenau,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25729 [Zugriff 29.3.2024].