Liane Beier

Als Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek und der Hauptbibliothek hat B. das öffentliche Bibliothekswesen in Dresden v.a. in organisatorischer und praktischer Hinsicht über zwei Jahrzehnte mitgeprägt und zu dessen ausgezeichneten Ruf weit über die Stadtgrenzen hinaus beigetragen. – Nach dem Besuch der Grund- und Mittelschule in Wilsdruff sowie der Oberschule in Freital legte B. 1957 das Abitur ab, um danach Musik zu studieren. Diese Pläne musste sie aufgrund einer schweren Krankheit aufgeben. Nach ihrer Genesung absolvierte sie 1958 bis 1961 ein Studium an der Fachschule für Bibliothekare in Leipzig. – Der erste Abschnitt ihrer beruflichen Laufbahn führte B. in die Gewerkschaftsbibliothek des Stahl- und Walzwerks Riesa, wo sie als Bibliothekarin für Literaturvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig war. Sie übernahm die Buchausleihe am Arbeitsplatz der Stahlwerker, stellte bei Brigadeveranstaltungen und in der Werkszeitung Literatur vor und organisierte Schriftstellerlesungen. 1971 wurde ihr die Leitung der Bibliothek übertragen. Größte Herausforderung in dieser Funktion war der Umbau des ehemaligen „Hüttenkaufhauses“ für die um neue Medienarten erweiterte und auf Freihand umgestellte Bibliothek. – In überregionalen Leistungsvergleichen belegte B.s Bibliothek oft Spitzenplätze auf Bezirks- und DDR-Ebene. B. wurde in den Bibliotheksbeirat des FDGB-Bezirksvorstands Dresden gewählt und leitete ihn auch. Im Beirat des Bundesvorstands war sie Mitglied. Für ihre Arbeit wurden ihr u.a. die Kurt-Barthel-Medaille sowie der Titel „Oberbibliothekar“ verliehen. – In der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre stagnierte die Entwicklung der Gewerkschaftsbibliotheken in der DDR zunehmend, ihre starke ideologische Funktionalisierung ließ bei den Betriebsangehörigen das Interesse an ihren Beständen und Veranstaltungen sinken. Deshalb kam B. das Angebot der Stadt- und Bezirksbibliothek Dresden sehr entgegen, eine im Aufbau befindliche, für die DDR konzeptionell vollkommen neue Kinder- und Jugendbibliothek zu übernehmen. Sie wechselte im Januar 1979 nach Dresden und konnte ihre Erfahrungen schon bei der Neueinrichtung intensiv einbringen. Ihr engster Kooperationspartner wurde der Jugendklub „Kunst und Literatur“ der Stadt- und Bezirksbibliothek, der in den Räumen der Kinder- und Jugendbibliothek seine neue Heimat fand. Dank des modernen Konzepts, der guten technischen Ausstattung, der exponierten Lage in der Fußgängerzone der Straße der Befreiung (heute Hauptstraße) und der anspruchsvollen Klubarbeit wurde die Bibliothek DDR-weit zu einer Vorzeigeeinrichtung mit großer Präsenz in der Öffentlichkeit. B. gelang es mit ihrer nonchalanten, ausgeglichenen, aber auch zupackenden Art das Wesentliche des Tagesgeschäfts im Blick zu behalten und die Klippen geschickt zu umschiffen, die sich aus dem Konflikt zwischen den Erwartungen von Partei und staatlichen Stellen auf der einen und den Wünschen nach Überwindung ideologischer Scheuklappen der jugendlichen Zielgruppe auf der anderen Seite ergaben. Für die Jugend und ihre Interessen besaß sie großes Verständnis. Jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übertrug sie mit viel Vertrauen ein hohes Maß an Eigenverantwortung, was diese ihr mit persönlichem Engagement und Kreativität dankten. – 1982 bis 1989 war B. zusätzlich Vorsitzende der Betriebsgewerkschaftsleitung der Stadt- und Bezirksbibliothek. Den größten Schritt in ihrer beruflichen Entwicklung brachte das Jahr 1988, in dem sie zur Leiterin der Dresdner Hauptbibliothek berufen wurde. In dieser Funktion hatte sie von Anfang an mit enormen Problemen zu kämpfen. Die vorhandenen Räume reichten immer weniger, um die notwendigen Bestände unterzubringen, und die Mitarbeiter litten unter ungünstigen Arbeitsbedingungen. Mit ihrer Kollegialität und Praxisnähe motivierte B. jedoch ihr großes Team immer wieder zu Umbauten und Ablaufoptimierungen zugunsten der Nutzer. – 1989 bis 1991 setzte B. eine mit dem politischen Umbruch möglich gewordene und aus Bundesfördermitteln finanzierte umfassende Bestandserneuerung konsequent in die Tat um. Als sich 1995 die geplante Sanierung des für die Bibliothek vorgesehenen Stadthauses in der Theaterstraße verzögerte (und letztlich auch nicht zustande kam), nutzte B. die Zeit für eine Umstellung der Ausleihe auf elektronische Datenverarbeitung. 1997 zogen Haupt- und Musikbibliothek ins World Trade Center, eine logistisch komplexe Aufgabe, die sie mit Zähigkeit und großer Gelassenheit steuerte. Am neuen Standort stiegen Besucher- und Entleihungszahlen rasant und in einem nicht erwarteten Ausmaß an. Auch unter dem viel höheren Arbeitsdruck gelang es B., mit ihren Mitarbeitern weiter an Optimierungen von Abläufen, Bestandspräsentation und Dienstleistungen zu arbeiten. – Nach ihrer Pensionierung 1999 beteiligte sie sich noch bis zu ihrem Tod an der Betreuung der Bibliothek des Sächsischen Bergsteigerbunds.

Quellen Städtische Bibliotheken Dresden, Bibliotheksarchiv, Aufzeichnungen F. Beier.

Werke Die Gewerkschaftsbibliothek in Weida, in: Der Bibliothekar 23/1969, S. 905; Literatur 72 - Du und das Buch, in: ebd. 26/1972, S. 742-744; „Sein Held ist die Arbeiterklasse“, in: ebd. 31/1977, S. 520-524; Neue Kinder- und Jugendbibliothek, in: ebd. 34/1980, S. 71f.

Literatur Stadttore zur Medienwelt, hrsg. von den Städtischen Bibliotheken Dresden, Altenburg 2006.

Porträt Liane B., Fotografie, Städtische Bibliotheken Dresden (Bildquelle).

Roman Rabe
17.3.2010


Empfohlene Zitierweise:
Roman Rabe, Artikel: Liane Beier,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25055 [Zugriff 29.3.2024].

Liane Beier



Quellen Städtische Bibliotheken Dresden, Bibliotheksarchiv, Aufzeichnungen F. Beier.

Werke Die Gewerkschaftsbibliothek in Weida, in: Der Bibliothekar 23/1969, S. 905; Literatur 72 - Du und das Buch, in: ebd. 26/1972, S. 742-744; „Sein Held ist die Arbeiterklasse“, in: ebd. 31/1977, S. 520-524; Neue Kinder- und Jugendbibliothek, in: ebd. 34/1980, S. 71f.

Literatur Stadttore zur Medienwelt, hrsg. von den Städtischen Bibliotheken Dresden, Altenburg 2006.

Porträt Liane B., Fotografie, Städtische Bibliotheken Dresden (Bildquelle).

Roman Rabe
17.3.2010


Empfohlene Zitierweise:
Roman Rabe, Artikel: Liane Beier,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25055 [Zugriff 29.3.2024].