Wolf von Schierbrand

Unter den zahlreichen Förderern der ethnografischen Abteilung des 1875 in Dresden gegründeten Königlichen Zoologischen und Anthropologisch-Ethnographischen Museums steht S. an erster Stelle. Seine Bedeutung für die neue wissenschaftliche Einrichtung kann nicht allein an seinen zahlreichen eigenen Stiftungen gemessen werden. Einen nicht minder entscheidenden Beitrag leistete er bei den Bestrebungen, die verstreut in verschiedenen königlichen Museen untergebrachten Ethnografica in der neuen Institution zu vereinen. Engagiert warb S. weitere Förderer für die Einrichtung und verlieh ihr damit das nötige Gewicht in der sächsischen Museumslandschaft. – Nach einer Ausbildung im Königlich Sächsischen Kadettenkorps trat S. 1825 in niederländisch-ostindische Dienste. Protegiert von einem väterlichen Freund, dem Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, der selbst im Dienst der Niederländer stand, wurde S. zunächst der Hauptadministration der Kolonialarmee zugeteilt. 1826 erhielt er eine Anstellung als Kadett beim Ingenieurkorps. In den folgenden Jahren war er maßgeblich sowohl an der topografischen und ökonomischen Erschließung der indonesischen Inselwelt beteiligt als auch an der Planung und Ausführung von Verteidigungsanlagen zum Schutz gegen europäische Kontrahenten. Unter S.s Leitung wurden strategisch bedeutende Forts und Hafenbefestigungsanlagen auf der Insel Java errichtet. Seine topografischen Aufnahmen gelten als Pionierleistungen. Seit 1854 stand S. als Oberst dem gesamten Geniewesen vor und war zugleich Inspekteur der Sappeure. Beide Funktionen übte er bis zum Ende seiner Dienstzeit aus. Nachdem S. 1862 die niederländische Staatsangehörigkeit angenommen hatte, wurde seine Beförderung zum Generalmajor möglich. Kurz darauf wurde ihm interimistisch der Oberbefehl über die Kolonialarmee übertragen. Noch vor seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, 1867, wurde S. zum Generalleutnant befördert. – Während seiner Dienstzeit in Niederländisch-Ostindien unterstützte S. Forschungen von Wissenschaftlern unterschiedlicher Nationalität, indem er ihre Aufenthalte organisierte, sie auf Reisen begleitete oder zoologische, ethnografische sowie anthropologische Sammlungen vermittelte. Seit 1850 sandte er selbst umfangreiche Sammlungen, zunächst überwiegend Zoologica, nach Dresden. Er trug damit zur Entdeckung einer neuen Art des Zwergraupenfängers bei, der seinen Namen erhielt: Volvocivara Schierbrandi (heute Coracina Fimbriata Schierbrandi). In Anerkennung seiner Verdienste wurde S. 1854 das Ritterkreuz des Albrechts-Ordens verliehen. Seit 1855 schickte S. verstärkt javanische Altertümer und Ethnografica nach Sachsen (nachgewiesen etwa 1.000 Objekte), die zunächst in verschiedenen königlichen Museen ausgestellt wurden. 1868 erhielt er dafür das Großkreuz des Albrechts-Ordens. S. war Inhaber von insgesamt acht ausländischen Orden und Ehrenzeichen. – Nach seiner Pensionierung lebte er bis zu seinem Tod in Dresden und nahm hier aktiven Anteil am gesellschaftlichen Leben. Seine besondere Aufmerksamkeit galt der Dresdner Museumslandschaft, an deren strukturellen Veränderungen er durch erfolgreiche Eingaben maßgeblich mitwirkte.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium für Volksbildung, Ordenskanzlei, Kriegsarchiv; Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Hauptabteilung A.

Werke A. Schöne (Hg.), Reiseberichte aus Java aus den Jahren 1825-1826, Königsberg 1888 (Bildquelle).

Literatur R. Zell, Wolf Curt von S., in: Blick ins Museum 24/25/1980, S. 52f.; P. Martin, Was die Natur und der Mensch des merkwürdigen Tropenlandes erzeugen ..., in: Kleine Beiträge aus dem Staatlichen Museum für Völkerkunde Dresden 17/1999, S. 16-29.

Petra Martin
14.9.2005


Empfohlene Zitierweise:
Petra Martin, Artikel: Wolf von Schierbrand,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22573 [Zugriff 26.11.2024].

Wolf von Schierbrand



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium für Volksbildung, Ordenskanzlei, Kriegsarchiv; Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Hauptabteilung A.

Werke A. Schöne (Hg.), Reiseberichte aus Java aus den Jahren 1825-1826, Königsberg 1888 (Bildquelle).

Literatur R. Zell, Wolf Curt von S., in: Blick ins Museum 24/25/1980, S. 52f.; P. Martin, Was die Natur und der Mensch des merkwürdigen Tropenlandes erzeugen ..., in: Kleine Beiträge aus dem Staatlichen Museum für Völkerkunde Dresden 17/1999, S. 16-29.

Petra Martin
14.9.2005


Empfohlene Zitierweise:
Petra Martin, Artikel: Wolf von Schierbrand,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22573 [Zugriff 26.11.2024].