Max Hölz
H. galt durch seine Aktionen gegen Industrielle und Gutsbesitzer im Vogtland als einer der populärsten Kommunisten in der Weimarer Republik, doch konnte er in der KPD kaum Einfluss ausüben, da er in Konflikt mit deren Führung geriet. – H. wuchs mit seinen Geschwistern in einer armen, stark christlich geprägten Familie auf. Als er zwei Jahre alt war, zogen seine Eltern nach Hirschstein an der Elbe. Nach dem Besuch der Dorfschule in Bahra arbeitete H. zwei Jahre als Ackerknecht auf einem Bauernhof in Leutewitz bei Riesa, seine freie Zeit verbrachte er mit dem intensiven Studium von Büchern. 1907 erhielt er in Dresden eine Beschäftigung als Volontär, ging aber wenige Monate später nach Baden-Baden, um dort als Hausdiener in einer Pension zu arbeiten. Ein Jahr darauf zog H. nach London, um dort am Polytechnikum in Chelsea Geometrie zu studieren, auch erwarb er sich Kenntnisse im Eisenbahnbau und in der Vermessungstechnik. Das Studium finanzierte er durch Arbeiten als Küchenjunge und Wagenwäscher. 1909 kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete in Berlin als Hausdiener. Zugleich trat er dem Christlichen Verein Junger Männer und dem Sittlichkeitsbund „Weißes Kreuz“ bei, dem er bis 1914 angehörte. In dieser Zeit fand er eine Arbeit als Techniker, doch veranlassten ihn mangelnde Kenntnisse in dieser Tätigkeit, in Dresden einige Semester an der Technischen Hochschule zu studieren. Zur Finanzierung des Studiums arbeitete er nebenbei als Kegelaufsetzer und Filmvorführer. Geschwächt durch hohe Arbeitsbelastungen wurde er zudem bei der Generalmusterung wegen Tuberkuloseverdachts als dienstuntauglich für das Militär befunden. Im vogtländischen Falkenstein, wo er sich niederließ, fand er 1912 eine Anstellung als Gehilfe eines Landvermessers. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich H. freiwillig zu den sächsischen Husaren nach Großenhain. Mit dem 27. Reserve-Armeekorps unter General
Adolph von Carlowitz erlebte er sein erstes Gefecht vor Ypern (Belgien), kurz darauf wurde er Meldereiter bei der 106. Reserve-Infanteriebrigade. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz und der Friedrich-August-Medaille ausgezeichnet und stieg zum Gefreiten auf. Ein Jahr vor Ende des Kriegs lernte H. den inhaftierten Kommunisten Georg Schumann kennen, den er mit anderen Kameraden bewachen sollte, und der sein Schicksal maßgeblich beeinflussen sollte. 1918 wurde H. verwundet und in ein Lazarett eingeliefert, kurz danach als Kriegsbeschädigter mit einer monatlichen Rente von 40 Mark entlassen. Doch hatten der Krieg und die Begegnung mit Schumann H.s bisheriges Weltbild erschüttert. Im November 1918 beteiligte er sich in Falkenstein an der Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrats. Außerdem wurde H. Mitglied der USPD. Am 14.1.1919 trat er zur KPD über, gründete im Frühjahr in Falkenstein eine Ortsgruppe und wurde in deren Ortsleitung gewählt. Falkenstein hatte in diesem Jahr ca. 15.000 Einwohner, von denen die Hälfte der Erwachsenen ohne Arbeit war. Diese versuchten sich zu organisieren und riefen den Arbeitslosenrat ins Leben, an dessen Spitze H. gewählt wurde. H. kümmerte sich v.a. um praktische Dinge: Er sorgte für die Beschaffung von Brennmaterial und forderte von den Unternehmern und Grundbesitzern, auch unter Androhung von Gewalt, eine Arbeitslosenunterstützung. Dies hatte zur Folge, dass Reichswehrtruppen gegen den Arbeitslosenrat eingesetzt wurden und H. nun steckbrieflich gesucht wurde. Er versteckte sich daraufhin im sächsisch-bayerischen Grenzraum. 1920 kehrte er nach Falkenstein zurück und beteiligte sich an der Bekämpfung des Kapp-Putsches. H. formierte seine „Rote Garde“, die aus ca. 350 bewaffneten Kämpfern bestand, übernahm die Macht in Falkenstein und befreite mit Hilfe der Garde mehrere Kommunisten aus dem Landesgerichtsgefängnis in Plauen. Kurz darauf besetzten sie die Stadt Markneukirchen und verlangten vom Bürgermeister 100.000 Mark, welche auch bezahlt wurden. Wegen seiner Verstöße gegen die Parteidisziplin wurde H. am 6.4.1920 auf dem Bezirksparteitag in Chemnitz aus der KPD ausgeschlossen, da er sich selbst nach dem Ende des Kapp-Putsches weigerte, den bewaffneten Kampf einzustellen. Er flüchtete mit seiner Einheit und löste sie an der Grenze zur Tschechoslowakei, wo man ihn als politischen Flüchtling anerkannte, auf. Im November 1920 wurde er wieder in die KPD aufgenommen, allerdings unter der Voraussetzung, sich fortan der Parteidisziplin zu beugen. 1921, nach Ausbruch der Märzkämpfe in Mitteldeutschland, einer auch als Märzaktion bezeichneten kommunistischen Revolte, kehrte H. dorthin zurück. Er organisierte mit seiner Einheit, die nun ca. 500 Männer umfasste, bewaffnete Überfälle auf Banken und Industrielle und rief im Vogtland eine Räterepublik aus. Doch die Kämpfe wurden bald niedergeschlagen und H. musste erneut fliehen, dieses Mal nach Berlin, wo er am 15.4.1921 verhaftet wurde. Er wurde wegen angeblichen Totschlags an dem Gutsbesitzer
Heß zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Im Gefängnis zu Münster trat H. seine Haft an und wurde später in die Haftanstalten nach Breslau (poln. Wrocław), Groß Strehlitz (poln. Strzelce Opolskie) und Sonnenburg (poln. Słońsk) verlegt. Auf Vermittlung der KPD heiratete er in der Haft seine zweite Frau, nachdem sich seine erste von ihm hatte scheiden lassen. 1928 kam H. frei, nachdem der Bergmann
Erich Friehe den Totschlag an dem Gutsbesitzer Heß gestanden hatte. Nach seiner Haftentlassung am 19.7. begrüßten ihn einen Tag darauf in Berlin 100.000 Arbeiter. Im September 1929 siedelte er in die Sowjetunion über. Dort arbeitete er in verschiedenen Funktionen im Apparat der Komintern und wurde Ehrensoldat der Roten Armee. Am 15.9.1933, nach anderen Quellen am 18., fanden Kinder seinen Leichnam am Ufer der Oka in der Nähe der Stadt Gorki. Es ist nicht auszuschließen, dass H. ein Opfer der sowjetischen Geheimpolizei wurde, zumal er mit der kommunistischen Führung der Sowjetunion immer stärker in Konflikte geraten war.
Werke Anklagerede gegen die bürgerliche Gesellschaft, Leipzig/Berlin 1921, Meppen 41978; E. E. Kisch (Hg.), Briefe aus dem Zuchthaus, Berlin 1927; Vom „Weißen Kreuz“ zur roten Fahne, Berlin 1929, Halle/Leipzig 41989 (ND London/Toronto 1930 [engl.]).
Literatur E. Mühsam, Gerechtigkeit für Max H., Berlin 1926; Max H. - ein revolutionärer Kämpfer des Vogtlands, hrsg. von der Kommission zur Erforschung der örtlichen Geschichte der Arbeiterbewegung bei der SED-Kreisleitung Auerbach, Auerbach 1978; M. Gebhardt, Max H., Berlin 1983 (P); Max H. 1889-1933, hrsg. von der Bezirksleitung der SED Karl-Marx-Stadt, Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung, Karl-Marx-Stadt 1988 (P); P. Giersich/B. Kramer, Max H., Berlin 2000 (P); U. Plesser (Hg.), Max H.: „Ich grüße und küsse Dich - Rot Front!“, Berlin 2005. – DBA II, III; DBE 5, S. 97; NDB 9, S. 338f.; H. Weber/A. Herbst, Deutsche Kommunisten, Berlin 2004, S. 318f. (P).
Porträt Max H., E. Meinhold, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Andreas Peschel
12.5.2014
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Peschel, Artikel: Max Hölz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2185 [Zugriff 26.11.2024].
Max Hölz
Werke Anklagerede gegen die bürgerliche Gesellschaft, Leipzig/Berlin 1921, Meppen 41978; E. E. Kisch (Hg.), Briefe aus dem Zuchthaus, Berlin 1927; Vom „Weißen Kreuz“ zur roten Fahne, Berlin 1929, Halle/Leipzig 41989 (ND London/Toronto 1930 [engl.]).
Literatur E. Mühsam, Gerechtigkeit für Max H., Berlin 1926; Max H. - ein revolutionärer Kämpfer des Vogtlands, hrsg. von der Kommission zur Erforschung der örtlichen Geschichte der Arbeiterbewegung bei der SED-Kreisleitung Auerbach, Auerbach 1978; M. Gebhardt, Max H., Berlin 1983 (P); Max H. 1889-1933, hrsg. von der Bezirksleitung der SED Karl-Marx-Stadt, Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung, Karl-Marx-Stadt 1988 (P); P. Giersich/B. Kramer, Max H., Berlin 2000 (P); U. Plesser (Hg.), Max H.: „Ich grüße und küsse Dich - Rot Front!“, Berlin 2005. – DBA II, III; DBE 5, S. 97; NDB 9, S. 338f.; H. Weber/A. Herbst, Deutsche Kommunisten, Berlin 2004, S. 318f. (P).
Porträt Max H., E. Meinhold, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Andreas Peschel
12.5.2014
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Peschel, Artikel: Max Hölz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2185 [Zugriff 26.11.2024].