Caroline Bardua
B. war eine selbstständige Porträtmalerin aus Mitteldeutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ausgebildet wurde sie 1808 bis 1811 in Dresden von dem Porträt- und Historienmaler Gerhard von Kügelgen. Ihr Erfolg als Malerin beruhte auf der großen Nachfrage nach ihren Porträts, deren Verkauf B. ein wirtschaftlich unabhängiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichten. Neben einer realistischen Porträtauffassung ging es B. um die Wiedergabe des Wesens und Charakters der dargestellten Persönlichkeit. Besonderen Wert legte sie auf eine natürliche und originelle Figurenkomposition. Neben der Porträtmalerei schuf sie allegorische und religiöse Historien- sowie Madonnenbilder. – Aufgewachsen als Tochter eines Kammerdieners, dessen hugenottische Familie ursprünglich aus
Metz (Frankreich) stammte und den Familiennamen Portoy (Pardois) trug, wurde B. zeitweise zusammen mit den Kindern der herzoglichen Familie auf Schloss
Ballenstedt erzogen und dabei v.a. musikalisch und künstlerisch gefördert. Der Hofmaler
Johann Christian Burckhardt unterrichtete B. im Zeichnen und Aquarellieren. Ein Empfehlungsschreiben des Literaturhistorikers Wilhelm Körte an Johann Wolfgang von Goethe ermöglichte ihr den Besuch der Herzoglichen Freien Zeichenschule in
Weimar unter der Leitung von Johann Heinrich Meyer. B. war hier nachweislich 1805 bis 1807 und schloss die Ausbildung auf der Ausstellung der Zeichenschule 1807 mit dem Bild „Dame mit drei Kindern nach der Natur“ erfolgreich ab, für das sie mit der Silbernen Medaille der Zeichenschule ausgezeichnet wurde. Hier führte sie auch schon ihre ersten Porträtaufträge aus und gehörte zum Freundeskreis von Johanna Schopenhauer und der Familie Goethe. Der Dichter erkannte B.s Talent und die Notwendigkeit, ihre Ausbildung in einem Meisteratelier fortzusetzen, da Frauen ein Studium an der Akademie verwehrt blieb. Goethe empfahl sie daher als Schülerin an Kügelgen, der nach seiner erfolgreichen Tätigkeit als Porträtmaler für Zar Alexander I. seit 1805 in Dresden ein Atelier führte. B. verbrachte ihre dreijährige Ausbildungszeit in einer Hausgemeinschaft mit der Familie von Kügelgen im Haus „Gottessegen“ an der Neustädter Allee (heute Kügelgen-Haus, Hauptstraße). Mit Kügelgen verband sie bis zu dessen frühem Tod 1820 ein freundschaftliches Verhältnis. B. nahm 1810 bis 1812 und 1814 an den jährlichen Dresdner Akademie-Ausstellungen teil. Ihr Porträt des jungen Malers Caspar David Friedrich von 1810 wurde von der zeitgenössischen Kunstkritik besonders wertschätzend aufgenommen. B. knüpfte viele freundschaftliche Beziehungen in Dresden u.a. zu den Malerinnen Apollonia Seydelmann, Therese aus dem Winckel und ihrer Mitschülerin Louise Seidler. Nach ihrer Ausbildung kehrte B. vorerst nach Ballenstedt zurück. Während der Schlacht um Dresden (1813) gewährte B. der Familie von Kügelgen Zuflucht in ihrem Elternhaus. Die Sicherung des Lebensunterhalts für sich und ihre Familie erforderten ein unstetes Wanderleben als Porträtmalerin, sodass B. in den Städten
Coswig/Anhalt,
Halberstadt,
Halle/Saale, Leipzig und
Magdeburg tätig war. Seit 1815 wurde sie von ihrer 17 Jahre jüngeren Schwester Wilhelmine begleitet, mit der sie bis an ihr Lebensende zusammenlebte. 1819 wagten die Schwestern eine dauerhafte Übersiedlung nach
Berlin. Hier baute B. ebenfalls in kurzer Zeit ein großes Netzwerk auf, das ihr viele Aufträge einbrachte. Besonders die intellektuelle und musische Elite wie Carl Maria von Weber, Hans Christian Andersen oder David Friedländer ließ sich gerne von ihr abbilden. B. nahm rege an der Salonkultur jener Zeit teil. Zu ihrem Freundeskreis gehörten Dichter und Künstler wie Ernst von Houwald, Adelbert von Chamisso und Friedrich de la Motte-Fouqué. Befreundet war sie mit Bettina von Arnim, Henriette Herz, Fanny Tarnow, Rahel Varnhagen und der Familie von Savigny. B. und ihre Schwester gründeten selbst einen literarisch-künstlerischen Club für unverheiratete Damen mit dem Namen „Kaffeter“, der 1843 bis 1848 bestand. Von Berlin aus brachen die Schwestern zu längeren Arbeitsreisen auf, die nach
Frankfurt/Main,
Heidelberg und
Krefeld führten. 1829 erfolgte die ersehnte Studienreise nach
Paris. 1822 bis 1846 nahm B. an den Berliner Akademieausstellungen teil. Als allgemeine Anerkennung für ihre künstlerischen Leistungen erhielt sie ab 1839 ein Jahresgehalt von 100 Talern von der Akademie der Künste in Berlin. Seit 1852 waren die Schwestern wieder in Ballenstedt ansässig. Hier nahmen sie eine führende Rolle im kulturellen Hofleben ein und wurden mit der Organisation von Aufführungen, Festtagsprogrammen und der Inszenierung der Tableaux vivants betraut. 1857 verlieh Herzogin Friederike von Anhalt-Bernburg B. die Medaille für Kunst und Wissenschaft.
Quellen Carl Bertuch, Kunst=Ausstellung in Dresden, am Friedrichstage den 5ten März 1810, in: Journal des Luxus und der Moden 25/1810, H. Mai, S. 298-314; Verzeichniß der am Friedrichstage … in der Königlich Sächsischen Akademie der Künste öffentlich ausgestellten Kunstwerke, Bd. 1810/1812; Verzeichniß derjenigen Kunstwerke, welche … von der Königl.-Sächsischen Akademie der Künste öffentlich ausgestellt werden, Bd. 1814.
Werke Maria Henriette Karoline von Herder geb. Schmidt mit ihren Töchtern Agnes und Natalie, 1805, Öl auf Leinwand, Museen Klassik Stiftung Weimar; Christiane von Goethe, geb. Vulpius, 1806, Öl auf Leinwand, Goethe-Nationalmuseum, Klassik Stiftung Weimar; Dame mit drei Kindern nach der Natur, 1807, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt; Johann Wolfgang von Goethe, 1807, Öl auf Leinwand, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau; Bildnis des Malers Caspar David Friedrich, 1810, Öl auf Leinwand, Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz; Dorothee van Herzeele, 1817, Öl auf Leinwand, Museumslandschaft Hessen Kassel; Pieter van Herzeele, 1817, Öl auf Leinwand, Museumslandschaft Hessen Kassel; Oskar van Herzeele als Knabe, 1817, Öl auf Leinwand, Museumlandschaft Hessen Kassel; Wilhelm Prinz von Preußen mit Familie, 1822, Öl auf Leinwand, Schlossmuseum Darmstadt; Niccoló Paganini, 1829, Öl auf Leinwand, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau; Maria Jacoba Behrends mit ihren Kindern Thekla, Leonore und Bernhard, 1831, Öl auf Leinwand, Schloss-Hotel Ballenstedt; Emma de Greiff, 1833, Öl auf Leinwand, Museum Burg Linn, Krefeld; Caspar David Friedrich, 1839, Öl auf Leinwand, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau; Doppelbildnis der Nichten Bardua, 1850, Öl auf Leinwand, Staatliche Kunstsammlungen Dresden.
Literatur Walter Schwarz (Hg.), Jugendleben der Malerin Caroline B. Nach einem Manuscript ihrer Schwester Wilhelmine Bardua, Breslau 1874; Johannes Werner, Die Schwestern Bardua. Bilder aus dem Gesellschafts-. Kunst und Geistesleben der Biedermeierzeit, Leipzig 1929; Ludwig Jung-Mußbach, Auf den Spuren einer alten Hugenotten-Familie in Mußbach, Neustadt/Weinstraße 1939; Wilhelm von Kügelgen, Jugenderinnerungen eines alten Mannes, München/Berlin 1993; Bärbel Kovalevski (Hg.), Zwischen Ideal und Wirklichkeit, Künstlerinnen der Goethe-Zeit zwischen 1750 und 1850, Ostfildern-Ruit 1999; Petra Dollinger, Frauen am Ballenstedter Hof. Beiträge zur Geschichte von Politik und Gesellschaft an einem Fürstenhof des 19. Jahrhunderts, 2 Halbbde., Leipzig 1999; Petra Wilhelmi-Dollinger, Die Berliner Salons: mit historisch-literarischen Spaziergängen, Berlin/New York 2000; Bärbel Kovalevski, Zur Bildnismalerei von Caroline B. (1781-1864) am Beispiel ihrer Porträts von August Hermann Niemeyer und Juliane von Krüdener, in: Christian Soboth (Hg.), „Seyd nicht träge in dem was ihr thun sollt.“ August Hermann Niemeyer (1754-1828): Erneuerung durch Erfahrung, Tübingen 2007, S. 199-216; Bettina Fügemann, Friederike Caroline Juliane von Anhalt-Bernburg (1811-1902), Dessau-Roßlau 2011. – DBA I, II, III; NDB 1, S. 587; DBE II 1, S. 367; Eva Labouvie (Hg.), Frauen in Sachsen-Anhalt, Bd. 1, Köln/Weimar/Wien 2016, S. 95-100.
Porträt Caroline B., Selbstbildnis, um 1810, Kreide in Schwarz, Stadtmuseum Dresden, Inventar-Nr. 1978/k 159 (Bildquelle) [CC BY-NC-SA 4.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International License].
Tanja von Gilsa
2.3.2023
Empfohlene Zitierweise:
Tanja von Gilsa, Artikel: Caroline Bardua,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18387 [Zugriff 22.12.2024].
Caroline Bardua
Quellen Carl Bertuch, Kunst=Ausstellung in Dresden, am Friedrichstage den 5ten März 1810, in: Journal des Luxus und der Moden 25/1810, H. Mai, S. 298-314; Verzeichniß der am Friedrichstage … in der Königlich Sächsischen Akademie der Künste öffentlich ausgestellten Kunstwerke, Bd. 1810/1812; Verzeichniß derjenigen Kunstwerke, welche … von der Königl.-Sächsischen Akademie der Künste öffentlich ausgestellt werden, Bd. 1814.
Werke Maria Henriette Karoline von Herder geb. Schmidt mit ihren Töchtern Agnes und Natalie, 1805, Öl auf Leinwand, Museen Klassik Stiftung Weimar; Christiane von Goethe, geb. Vulpius, 1806, Öl auf Leinwand, Goethe-Nationalmuseum, Klassik Stiftung Weimar; Dame mit drei Kindern nach der Natur, 1807, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt; Johann Wolfgang von Goethe, 1807, Öl auf Leinwand, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau; Bildnis des Malers Caspar David Friedrich, 1810, Öl auf Leinwand, Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz; Dorothee van Herzeele, 1817, Öl auf Leinwand, Museumslandschaft Hessen Kassel; Pieter van Herzeele, 1817, Öl auf Leinwand, Museumslandschaft Hessen Kassel; Oskar van Herzeele als Knabe, 1817, Öl auf Leinwand, Museumlandschaft Hessen Kassel; Wilhelm Prinz von Preußen mit Familie, 1822, Öl auf Leinwand, Schlossmuseum Darmstadt; Niccoló Paganini, 1829, Öl auf Leinwand, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau; Maria Jacoba Behrends mit ihren Kindern Thekla, Leonore und Bernhard, 1831, Öl auf Leinwand, Schloss-Hotel Ballenstedt; Emma de Greiff, 1833, Öl auf Leinwand, Museum Burg Linn, Krefeld; Caspar David Friedrich, 1839, Öl auf Leinwand, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau; Doppelbildnis der Nichten Bardua, 1850, Öl auf Leinwand, Staatliche Kunstsammlungen Dresden.
Literatur Walter Schwarz (Hg.), Jugendleben der Malerin Caroline B. Nach einem Manuscript ihrer Schwester Wilhelmine Bardua, Breslau 1874; Johannes Werner, Die Schwestern Bardua. Bilder aus dem Gesellschafts-. Kunst und Geistesleben der Biedermeierzeit, Leipzig 1929; Ludwig Jung-Mußbach, Auf den Spuren einer alten Hugenotten-Familie in Mußbach, Neustadt/Weinstraße 1939; Wilhelm von Kügelgen, Jugenderinnerungen eines alten Mannes, München/Berlin 1993; Bärbel Kovalevski (Hg.), Zwischen Ideal und Wirklichkeit, Künstlerinnen der Goethe-Zeit zwischen 1750 und 1850, Ostfildern-Ruit 1999; Petra Dollinger, Frauen am Ballenstedter Hof. Beiträge zur Geschichte von Politik und Gesellschaft an einem Fürstenhof des 19. Jahrhunderts, 2 Halbbde., Leipzig 1999; Petra Wilhelmi-Dollinger, Die Berliner Salons: mit historisch-literarischen Spaziergängen, Berlin/New York 2000; Bärbel Kovalevski, Zur Bildnismalerei von Caroline B. (1781-1864) am Beispiel ihrer Porträts von August Hermann Niemeyer und Juliane von Krüdener, in: Christian Soboth (Hg.), „Seyd nicht träge in dem was ihr thun sollt.“ August Hermann Niemeyer (1754-1828): Erneuerung durch Erfahrung, Tübingen 2007, S. 199-216; Bettina Fügemann, Friederike Caroline Juliane von Anhalt-Bernburg (1811-1902), Dessau-Roßlau 2011. – DBA I, II, III; NDB 1, S. 587; DBE II 1, S. 367; Eva Labouvie (Hg.), Frauen in Sachsen-Anhalt, Bd. 1, Köln/Weimar/Wien 2016, S. 95-100.
Porträt Caroline B., Selbstbildnis, um 1810, Kreide in Schwarz, Stadtmuseum Dresden, Inventar-Nr. 1978/k 159 (Bildquelle) [CC BY-NC-SA 4.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International License].
Tanja von Gilsa
2.3.2023
Empfohlene Zitierweise:
Tanja von Gilsa, Artikel: Caroline Bardua,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18387 [Zugriff 22.12.2024].