Hermann Andert
Da ihm die Eltern die gewünschte Lehrerausbildung nicht ermöglichen konnten, arbeitete A. nach dem Besuch der achtklassigen Volksschule in Ebersbach im Kontor einer Textilfabrik. Nebenbei besuchte er 1893 bis 1897 sonntags die Webschule in Rumburg (tschech. Rumburk). Außerdem nahm er an einem privaten Handelslehrgang sowie an einem Brieflernkursus für englische Handelskorrespondenz teil und eignete sich mit Hilfe der Ebersbacher Gemeindebücherei ein umfangreiches Wissen an. Bereits 1896 kam A. in Kontakt mit dem Ebersbacher Humboldtverein. Nach Absolvierung seines Militärdiensts 1899 bis 1901 in Dresden nahm A. zunächst eine Tätigkeit im Textilbetrieb C. G. Hoffmann in Neugersdorf auf, bevor er 1905 eine Anstellung an der Sparkasse Ebersbach fand. – Im Herbst 1901 begab sich A. auf seine erste Italienreise, von der er naturwissenschaftliches Sammlungsgut mitbrachte. Schon 1898 hatte er mit planvollen geologischen Wanderungen begonnen, auch im böhmischen Gebiet. Sein Interesse ging jedoch über den naturwissenschaftlichen Bereich hinaus. Neben vielfältigen Sprachstudien seit frühester Jugend (Französisch, Englisch, Russisch, Tschechisch, Italienisch und Arabisch) war er im Turnverein aktiv. 1904 wurde er Vorsitzender des Humboldtvereins Ebersbach, und 1911 erschien in der Festschrift zur 50-Jahr-Feier desselben seine erste größere paläontologische Arbeit. Ein von A. in Ebersbach initiierter Museumsneubau mit einer zoologischen, geologischen, vorgeschichtlichen und ortsgeschichtlichen Abteilung konnte 1912/13 realisiert werden. Seine einschlägigen Sammlungen und Studien führte er auch weiter, als er 1917 Sparkassenbuchhalter wurde. Während des Ersten Weltkriegs kamen noch zahlreiche weitere nebenberufliche Verpflichtungen hinzu, so z.B. die Beschäftigung mit Steuerangelegenheiten und praktischen Problemen der Volksernährung und der Brennstoffversorgung. Nach dem Ende des Kriegs engagierte A. sich in der Volkshochschule Neugersdorf. 1920 beendete er seinen Dienst bei der Sparkasse und wechselte nach Dresden an das Finanzamt, wo er die Prüfungen für die gehobene Beamtenlaufbahn ablegte und kurz darauf zum Steuerinspektor befördert wurde. 1923 kehrte er nach Ebersbach zurück, als ihn der Gemeinderat zum Direktor der dortigen Sparkasse wählte. In der Folgezeit baute A. die Ebersbacher Girokasse, Kreditbank und Stadtbank auf. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er 1940 pensioniert. Seine Freizeit nutzte A. für seine wissenschaftlichen Hobbys und vielfältige kommunale Aufgaben. Schon seit 1920 war er freier Mitarbeiter der Sächsischen Geologischen Landesanstalt zu Leipzig. Zudem hatte er Kontakte zur Preußischen Geologischen Landesanstalt in Berlin. Von Bedeutung waren auch seine Bemühungen um die lokale Volkskunde und die Mundart. A. zählte zu den profilierten Mundartschriftstellern der Oberlausitz. Er war an der Herausgabe von Mundartkarten beteiligt und bearbeitete viele Jahre lang Mundartfragebögen des Germanistischen Instituts der Universität Leipzig, die der Erarbeitung eines Obersächsischen Wörterbuchs dienen sollten. In den 1930er-Jahren modernisierte A. das Museum des Ebersbacher Humboldtvereins und leitete dieses bis zu seinem Tod. Für seine Verdienste widmete ihm die Stadt Ebersbach 1948 einen Gedenkstein in den Anlagen vor der Humboldt-Baude. Zudem wurde ein Weg nach ihm benannt.
Quellen Lebenserinnerungen und Tagebücher von Hermann A., Privatbesitz H. Andert, Ebersbach; Staatliche Naturhistorische Sammlungen Dresden, Museum für Mineralogie und Geologie, wissenschaftlicher Schriftwechsel A.s.
Werke Die Inoceramen des Kreibitz-Zittauer Sandsteingebirges, in: Festschrift des Humboldtvereins zu Ebersbach zur Feier seines 50jährigen Bestehens am 22.10.1911, Ebersbach 1911, S. 33-64; Zur Stratigraphie der turonen Kreide des sächsischen Elbtales, Leipzig u.a. 1927; Die Kreideablagerungen zwischen Elbe und Jeschken, Bd. 1: Das Elbsandsteingebirge östliche der Elbe, Berlin 1928, Bd. 2: Die nordböhmische Kreide zwischen Elbsandsteingebirge und Jeschken und das Zittauer Sandsteingebirge, Berlin 1929, Bd. 3: Die Fauna der obersten Kreide in Sachsen, Böhmen und Schlesien, Berlin 1934.
Literatur H. Andert, Die neuen Ehrenmitglieder des Verbandes „Lusatia“, in Grenzland Oberlausitz 16/1935, S. 140-142; Bankdirektor Hermann A., in: Ebersbacher Zeitung 28.6.1935; Verabschiedung des Direktors Hermann A., in: ebd. 1.10.1940; R. Hiller, Die Wissenschaft dem Volke, in: Lausitzer Rundschau (Löbau) 12.11.1948; ders., Hermann A., in: Heimatkundliche Blätter des Bezirkes Dresden 1955, H. 6/7, S. 80-83; W. Vortisch, In memoriam Hermann A., in: Jahrbuch des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie 1956/57, S. 15-17; H. Andert, Hermann A., in: Lausitzer Rundschau (Löbau) 5.11.1964, 20.11.1964, 26.11.1964, 3.12.1964, 10.12.1964, 17.12.1964, 22.12.1964, 29.12.1964; Wissenschaftler geehrt, in: Sächsische Zeitung (Löbau) 17.5.1964; P. Schmidt, A., Hermann, in: Zur Geschichte der Geologie, Geophysik, Mineralogie und Päläontologie, Freiberg 1970, S. 75; H. Prescher, Zum 100. Geburtstag von Hermann A., in: Sächsische Gebirgsheimat 20 (1979), Kalenderblatt 6.-12.8. (P); ders., Die Ergebnisse der Kreideforschung Hermann A.s (Ebersbach) in Sachsen und Böhmen zwischen 1911 und 1928 und das Schicksal seiner Sammlungen, in: Abhandlungen und Berichte des Naturkundemuseums Görlitz 58/1984, H. 2, S. 17-22.
Porträt Hermann A., Fotografie, in: Sächsische Gebirgsheimat 20 (1979), Kalenderblatt 6.-12.8. (Bildquelle).
Brigitte Emmrich †
5.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Hermann Andert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/175 [Zugriff 26.11.2024].
Hermann Andert
Quellen Lebenserinnerungen und Tagebücher von Hermann A., Privatbesitz H. Andert, Ebersbach; Staatliche Naturhistorische Sammlungen Dresden, Museum für Mineralogie und Geologie, wissenschaftlicher Schriftwechsel A.s.
Werke Die Inoceramen des Kreibitz-Zittauer Sandsteingebirges, in: Festschrift des Humboldtvereins zu Ebersbach zur Feier seines 50jährigen Bestehens am 22.10.1911, Ebersbach 1911, S. 33-64; Zur Stratigraphie der turonen Kreide des sächsischen Elbtales, Leipzig u.a. 1927; Die Kreideablagerungen zwischen Elbe und Jeschken, Bd. 1: Das Elbsandsteingebirge östliche der Elbe, Berlin 1928, Bd. 2: Die nordböhmische Kreide zwischen Elbsandsteingebirge und Jeschken und das Zittauer Sandsteingebirge, Berlin 1929, Bd. 3: Die Fauna der obersten Kreide in Sachsen, Böhmen und Schlesien, Berlin 1934.
Literatur H. Andert, Die neuen Ehrenmitglieder des Verbandes „Lusatia“, in Grenzland Oberlausitz 16/1935, S. 140-142; Bankdirektor Hermann A., in: Ebersbacher Zeitung 28.6.1935; Verabschiedung des Direktors Hermann A., in: ebd. 1.10.1940; R. Hiller, Die Wissenschaft dem Volke, in: Lausitzer Rundschau (Löbau) 12.11.1948; ders., Hermann A., in: Heimatkundliche Blätter des Bezirkes Dresden 1955, H. 6/7, S. 80-83; W. Vortisch, In memoriam Hermann A., in: Jahrbuch des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie 1956/57, S. 15-17; H. Andert, Hermann A., in: Lausitzer Rundschau (Löbau) 5.11.1964, 20.11.1964, 26.11.1964, 3.12.1964, 10.12.1964, 17.12.1964, 22.12.1964, 29.12.1964; Wissenschaftler geehrt, in: Sächsische Zeitung (Löbau) 17.5.1964; P. Schmidt, A., Hermann, in: Zur Geschichte der Geologie, Geophysik, Mineralogie und Päläontologie, Freiberg 1970, S. 75; H. Prescher, Zum 100. Geburtstag von Hermann A., in: Sächsische Gebirgsheimat 20 (1979), Kalenderblatt 6.-12.8. (P); ders., Die Ergebnisse der Kreideforschung Hermann A.s (Ebersbach) in Sachsen und Böhmen zwischen 1911 und 1928 und das Schicksal seiner Sammlungen, in: Abhandlungen und Berichte des Naturkundemuseums Görlitz 58/1984, H. 2, S. 17-22.
Porträt Hermann A., Fotografie, in: Sächsische Gebirgsheimat 20 (1979), Kalenderblatt 6.-12.8. (Bildquelle).
Brigitte Emmrich †
5.5.2011
Empfohlene Zitierweise:
Brigitte Emmrich †, Artikel: Hermann Andert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/175 [Zugriff 26.11.2024].