Franz Xaver Rewitzer

R. wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und konnte daher nur bis zum elften Lebensjahr die Bürgerschule besuchen, danach nahm ihn der Vater selbst in die Lehre. Bereits mit 15 Jahren wurde R. zum Gesellen freigesprochen. Nach dem Tod der Eltern (1818) und nach der Entlassung seines Bruders Matthias aus dem bayerischen Militärdienst (1824) planten die Brüder nach Lyon zu reisen, dem Zentrum der französischen Seidenweberei. In den folgenden Jahren unternahmen sie mehrere ausgedehnte Reisen durch Deutschland, Österreich, Böhmen, Italien und die Schweiz. Sie hielten sich mehrfach in Chemnitz auf, um in diesem Zentrum der sächsischen Weberei zu arbeiten. 1832 erwarb R. das Bürgerrecht der Stadt, ließ sich als Meister nieder und heiratete die Tochter eines einheimischen Bürgers. Sein Handwerk, das er gemeinsam mit seinem unverheirateten Bruder betrieb, machte ihn nach zeitgenössischen Maßstäben zwar wohlhabend, aber nicht vermögend. Sein gesellschaftliches Engagement brachte ihn rasch in verantwortliche Positionen bei handwerklichen Vereinen, und schon 1838 wurde er Stadtverordneter. In dieser Funktion hatte er erheblichen Anteil daran, dass seit 1843 die Versammlungen dieses Vertretungsorgans öffentlich wurden. 1844 und 1845 war er der Vorsitzende der Stadtverordneten. Zugleich gründete R. 1845 eine Deutschkatholische Gemeinde in Chemnitz, die ihn zum ersten Konzil dieser Abspaltung von der römisch-katholischen Kirche nach Leipzig entsandte. Im Sommer desselben Jahres wurde der Lokalpolitiker als Vertreter seiner Stadt in die Zweite Kammer des Sächsischen Landtags delegiert und war damit der erste Handwerker mit einem Mandat für dieses Parlament. R. fühlte sich in der Kammer den Liberalen zugehörig. Während des Landtags wurde der abwesende Deputierte in Chemnitz zum Stadtrat gewählt. – Als im März 1848 einige der liberalen Führer der Landtagsopposition Minister wurden und im April weitere prominente Landesparlamentarier ein Mandat in der Frankfurter Paulskirche errangen, blieben in der Zweiten Kammer des Sächsischen Landtags nur wenige bereits profilierte Vertreter des gesellschaftlichen Wandels, die das Präsidium dieses Hauses hätten übernehmen können. In dieser Situation wurde R. von der Kammer vorgeschlagen und unter vier Kandidaten vom König ausgewählt. Er gehörte auch dem Unterhaus des sächsischen Parlaments an, das nach dem liberalen Wahlrecht im Dezember 1848 gewählt wurde und von Januar bis April 1849 tagte. In diesem mehrheitlich demokratischen Parlament wurde allerdings Adolf Ernst Hensel Präsident der Zweiten Kammer. – Nach dem Dresdner Maiaufstand klagte man R. wegen seines engen Kontakts zur Provisorischen Regierung des Hochverrats an. Mangels Beweisen wurde er aber nach dreimonatiger Untersuchungshaft gegen 800 Taler Kaution freigelassen. Am Landtag 1849/50 nahm er erneut als Abgeordneter der Zweiten Kammer teil. Im Sommer 1850 hätte R. wieder sein Mandat aus dem Landtag 1848 antreten sollen, als die Regierung Friedrich Ferdinand von Beust staatsstreichartig das Wahlrecht vom November 1848 beseitigte und das Parlament wieder nach dem Modus von 1831 zusammenrief. Als sich R. weigerte, wurde ihm sogar das passive Wahlrecht entzogen. Sein politisches Engagement beschränkte sich fortan dennoch nicht ausschließlich auf den kommunalen Bereich. R. wurde beispielsweise 1857 auf dem sächsischen Gewerbekongress in Riesa auf drei Jahre zu dessen Vorsitzenden gewählt. 1867 gelang es ihm, für die linksliberale Fortschrittspartei als Abgeordneter in den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bunds gewählt zu werden.

Werke Kann ein Deutschkatholik Mitglied der Stände eines christlichen Landes sein? Und noch ein paar Worte an das deutsche Volk, Grimma 1845.

Literatur B. Hirschel, Sachsens Regierung, Stände und Volk, Mannheim 1846, S. 66-70; Kurze Beschreibung Franz Xaver R.s., in: Elbe-Blatt 1/1848, Nr. 32, S. 237-239, Nr. 34, 253f., Nr. 36, 269f., Nr. 37, 275-277; W. Uhlmann, Franz Xaver R. Ein 48er aus Chemnitz, in: Erzgebirgische Heimatblätter Olbernhau 10/1988, S. 75f.; B. Haunfelder/K. E. Pollmann (Bearb.), Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867-1870, Düsseldorf 1989, S. 454; T. Tonndorf, Ein Mann aus dem Volke, in: Landtagskurier Freistaat Sachsen 2/1992, S. 7; ders., Die sächsischen Abgeordneten der Frankfurter Vor- und Nationalversammlung, Diss. Dresden 1993, S. 226f.; J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 65f. (Bildquelle). – DBA III.

Josef Matzerath
17.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Franz Xaver Rewitzer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/16591 [Zugriff 29.3.2024].

Franz Xaver Rewitzer



Werke Kann ein Deutschkatholik Mitglied der Stände eines christlichen Landes sein? Und noch ein paar Worte an das deutsche Volk, Grimma 1845.

Literatur B. Hirschel, Sachsens Regierung, Stände und Volk, Mannheim 1846, S. 66-70; Kurze Beschreibung Franz Xaver R.s., in: Elbe-Blatt 1/1848, Nr. 32, S. 237-239, Nr. 34, 253f., Nr. 36, 269f., Nr. 37, 275-277; W. Uhlmann, Franz Xaver R. Ein 48er aus Chemnitz, in: Erzgebirgische Heimatblätter Olbernhau 10/1988, S. 75f.; B. Haunfelder/K. E. Pollmann (Bearb.), Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867-1870, Düsseldorf 1989, S. 454; T. Tonndorf, Ein Mann aus dem Volke, in: Landtagskurier Freistaat Sachsen 2/1992, S. 7; ders., Die sächsischen Abgeordneten der Frankfurter Vor- und Nationalversammlung, Diss. Dresden 1993, S. 226f.; J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 65f. (Bildquelle). – DBA III.

Josef Matzerath
17.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Franz Xaver Rewitzer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/16591 [Zugriff 29.3.2024].