Thomas Fritsch

Ursprünglich aus Geithain stammend, war bereits F.s Vater als Verleger in Leipzig und Frankfurt/Main tätig. Nach dessen Tod 1680 wuchs F. beim Leipziger Buchhändler Johann Friedrich Gleditsch auf, der durch die Heirat mit F.s verwitweter Mutter sein Stiefvater wurde. F. studierte in Leipzig Jura und bereiste England, Italien und Holland. 1693 erbte er schließlich die väterliche Buchhandlung, während sein Stiefvater einen eigenen Verlag eröffnete, sodass beide fortan in Konkurrenz zueinander standen. Zusammen mit dem in den 1680er-Jahren gegründeten Geschäft von Moritz Georg Weidmann d.Ä. gehörten sie damit zu den drei über Leipzig hinaus berühmten Buchhandlungen jener Zeit. – F. genoss wegen seines bedeutenden wissenschaftlichen Verlags, seines ausgedehnten Geschäftsbetriebs - er unterhielt auch eine Niederlassung in Frankfurt/Main - und seines Einflusses auf die zunehmend reiche Ausstattung der Bücher einen glänzenden Ruf. Wissenschaftliche Zeitschriften, Lexika und „schöne Literatur“, v.a. aus dem frankofonen Sprachraum, waren wesentlicher Bestandteil der bei ihm erhältlichen Schriften. Sein Handelsnetz überspannte zahleiche europäische Staaten, und in seinen Katalogen führte er zahlreiche Werke französischer Aufklärer, u.a. von Pierre Bayle oder Bernard le Bovier de Fontenelle. Der Sitz seines Geschäfts im Leipziger Nicolaikirchhof war zu Messezeiten Treffpunkt einer Vielzahl von Freunden und Geschäftspartnern. – Aus F.s Ehe mit Johanna Margarethe Meyer ging Thomas (von) Fritsch hervor, der später in den Diensten des sächsischen Kurfürsten als auch des deutschen Kaisers hohe Ämter sowie den Erbadel erlangte und in Sachsen zum Protagonisten des sog. Rétablissements nach dem Siebenjährigen Krieg wurde. Möglicherweise brachten zusammen mit dem aufgeklärten Umfeld der Messestadt gerade die französischen Werke, zu denen Thomas von Fritsch in der väterlichen Buchhandlung Zugang hatte, den späteren Reformer mit den Ideen der Frühaufklärung in Berührung. – 1700 weigerte sich F., die in Frankfurt/Main durch das kaiserliche Aufsichtsrecht über den Buchhandel (das sog. Bücherregal) geforderten Abgaben zu leisten. Er scheute nicht die „appellatio ad augustissimum“ - die Anrufung des Kaisers -, um von den Buchforderungen erfolgreich freigesprochen zu werden. Außerdem gelang es ihm, wegen der Beteiligung am verpönten, aber nicht unüblichen Raubdruck verlagsfremder Literatur angeklagt, sich vom Wiener Kaiserhof freisprechen zu lassen. Dabei half ihm nicht zuletzt seine herausragende Position als weit über die sächsischen Grenzen hinaus bekannter Verlagsbuchhändler. – F. verkörperte mit Gleditsch und Weidmann einen neuen Typus des Buchhändlers: den Großverleger. Sein Erfolg gründet auf den früh etablierten Netzwerken, dem geschickten Umgang mit Behörden und der schnellen Anpassungsfähigkeit seines Geschäfts an veränderte Marktsituationen. Er repräsentierte den reichen Geschäftsmann der kursächsischen Messestadt und zählte zu den bedeutendsten Vertretern des Buchhandels seiner Zeit in Deutschland.

Quellen Stadtarchiv Leipzig, Leipziger Bürgerbücher, Nr. 5: 1639-1682, Nr. 6: 1682-1739.

Werke Catalogue des livres françois qui se trouvent à Leipzig chez Thomas F., Leipzig 1721.

Literatur J. Goldfriedrich/F. Kapp (Hg.), Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. 2, Leipzig 1908; H. F. v. Ehrenbrook (Hauptbearb.), Genealogisches Handbuch des Adels, Bd. 7: Freiherrliche Häuser B/I, Glücksburg 1954, S. 84-86; A. Brauer, Vom mittelsächsischen Obergräfenhain zum Weimarer Musenhof. Aus der Geschichte der Buchhändlerfamilie Fritsch, in: Der Junge Buchhandel NF 21/1965, S. J149-J157; R. Wittmann, Geschichte des deutschen Buchhandels, München 1999; S. Koloch, Kommunikation, Macht, Bildung. Frauen im Kulturprozess der Frühen Neuzeit, Berlin 2011; H. Rosenstrauch, Leipzig als ‚Centralplatz‘ des deutschen Buchhandels, in: W. Martens (Hg.), Leipzig. Aufklärung und Bürgerlichkeit, Heidelberg 1990, S. 103-124. – DBA III; DBE 3, S. 494.

Porträt Thomas F., M. Bernigeroth, Kupferstich, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Christian Gründig
10.3.2017


Empfohlene Zitierweise:
Christian Gründig, Artikel: Thomas Fritsch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1563 [Zugriff 22.12.2024].

Thomas Fritsch



Quellen Stadtarchiv Leipzig, Leipziger Bürgerbücher, Nr. 5: 1639-1682, Nr. 6: 1682-1739.

Werke Catalogue des livres françois qui se trouvent à Leipzig chez Thomas F., Leipzig 1721.

Literatur J. Goldfriedrich/F. Kapp (Hg.), Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. 2, Leipzig 1908; H. F. v. Ehrenbrook (Hauptbearb.), Genealogisches Handbuch des Adels, Bd. 7: Freiherrliche Häuser B/I, Glücksburg 1954, S. 84-86; A. Brauer, Vom mittelsächsischen Obergräfenhain zum Weimarer Musenhof. Aus der Geschichte der Buchhändlerfamilie Fritsch, in: Der Junge Buchhandel NF 21/1965, S. J149-J157; R. Wittmann, Geschichte des deutschen Buchhandels, München 1999; S. Koloch, Kommunikation, Macht, Bildung. Frauen im Kulturprozess der Frühen Neuzeit, Berlin 2011; H. Rosenstrauch, Leipzig als ‚Centralplatz‘ des deutschen Buchhandels, in: W. Martens (Hg.), Leipzig. Aufklärung und Bürgerlichkeit, Heidelberg 1990, S. 103-124. – DBA III; DBE 3, S. 494.

Porträt Thomas F., M. Bernigeroth, Kupferstich, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Christian Gründig
10.3.2017


Empfohlene Zitierweise:
Christian Gründig, Artikel: Thomas Fritsch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1563 [Zugriff 22.12.2024].