Enrico Mainardi

M. absolvierte seine Studien am Konservatorium seiner Heimatstadt bei dem Cellisten Giuseppe Magrini, der noch unter Verdi musiziert hatte. Nach Abschluss seines Diploms 1910 studierte er 1912 an der Berliner Musikhochschule bei Hugo Becker, als dessen Nachfolger er später eine Zeit lang wirkte. 1917 erwarb M. in Mailand zusätzlich das Diplom im Fach Komposition bei Giacomo Orefice. Seine Laufbahn als einer der bedeutendsten Cellisten des 20. Jahrhunderts begann bereits 1910 mit Konzerten u.a. in Mailand, Genf, Berlin, Paris, London, Wien, Hamburg und - am 17.4.1914 mit der Hofkapelle - in Dresden. Im Jahr zuvor hatte er beim Heidelberger Bach-Reger-Fest, neben exemplarischen Wiedergaben der Bach’schen Solosuiten, Max Regers Cellosonate op. 116 mit dem Komponisten am Flügel uraufgeführt. Nach den Erfolgen seiner „Wunderkind-Karriere“ fasste M. frühzeitig Fuß in Deutschland, wo er trotz Verpflichtungen in der italienischen Heimat und weltweiter Reisetätigkeit vornehmlich konzertierte. Unter dem Chefdirigenten Eduard Mörike war er seit 1924 neben Stefan Auber Solocellist der Dresdner Philharmonie. 1929 wurde er jedoch von Erich Kleiber, der häufig in Dresden gastierte, an das Orchester der von ihm geleiteten Berliner Lindenoper „abgeworben“. – In seiner Dresdner Zeit bildete M. mit Simon Goldberg (1. Violine), Joseph Lasek (2. Violine) und Herbert Ronnefeld (Viola) das „Streichquartett der Dresdner Philharmonie“, mit dem er u.a. maßgeblich an der örtlichen Erstaufführung von Bachs „Kunst der Fuge“ in der Instrumentierung von Wolfgang Graeser 1928 unter Kreuzkantor Otto Richter beteiligt war. Als gefeierter Solist zahlreicher philharmonischer Konzerte wirkte M. sowohl unter Mörike wie v.a. als häufiger Gast in der Amtszeit Paul van Kempens (1934-1942). 1932 verabschiedete er sich in Berlin endgültig vom Orchesterdienst und betätigte sich fortan ausschließlich als Solist, Kammermusikspieler, Komponist und nicht zuletzt als Pädagoge 1933 bis 1968 an der Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom sowie in Meisterkursen an vielen internationalen Konservatorien. – Mit den Dirigenten Paul van Kempen und Wilhelm Furtwängler wie auch mit seinen Triopartnern, dem Geiger Georg Kulenkampff und dem Pianisten Edwin Fischer (seit 1937; nach Kulenkampffs Tod kam ab 1949 Wolfgang Schneiderhan hinzu) sowie mit seinem Lieblingspianisten Carlo Zecchi verband M., den Kritiker den „Poeten auf dem Cello“ und „Denker auf Saiten“ genannt haben, eine enge künstlerische und menschliche Freundschaft. Mit dem Flötisten Severino Gazzelloni und dem Pianisten Guido Agosti bildete er ein weiteres berühmtes Trio. M.s zahlreiche Schallplattenaufnahmen haben sowohl seine Maßstäbe setzenden Bach-Interpretationen wie überhaupt die Meisterschaft seines Spiels bewahrt. Der zeitgenössischen Musik gegenüber war der Künstler stets aufgeschlossen. So brachte er u.a. sämtliche Cellowerke seiner Landsleute Ildebrando Pizzetti und Gian Francesco Malipiero zur Uraufführung. Deren archaisierende Tonsprache beeinflusste den Stil seiner eigenen Kompositionen. Seit 1951 trat M. nicht nur mit eigenen Werken hervor, sondern auch als Dirigent von Kammerorchesterkonzerten.

Werke „Das Wagnis, Solist zu sein“, in: J. Müller-Marein/H. Reinhardt, Das musikalische Selbstporträt, Hamburg 1963, S. 371-378; Konzert für Violoncello und Streichorchester, 1966; Klavierquartett, 1968; Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier, 1969; Konzert für 2 Violoncelli und Orchester, 1969; Streichquintett, 1970; Divertimento für Violoncello und Streichorchester, 1972.

Literatur E. Schweiger, Warum der Applaus?, München 1969; G. Kraus, Der Poet auf dem Cello, in: fono forum 1972, H. 5, S. 364; K. Schumann, Sarastro auf dem Violoncell. Enrico M. 75 Jahre alt, in: Musica 26/1972, S. 278; J. Bächi, Berühmte Cellisten, Zürich 1974; K. Schumann, Kunstpriester auf dem Cello. Zum Tode Enrico M.s, in: Musica 30/1976, S. 329; D. Härtwig, Der Denker auf Saiten. Zum 25. Todestag Enrico M.s, in: Dresdner Neueste Nachrichten 11.4.2001. – DBA III; MGG 16 (Supplement), Kassel/Basel 1979, Sp. 1196f.; A. Paris, Lexikon der Interpreten klassischer Musik im 20. Jahrhundert, München/Kassel 1992, S. 451f.

Porträt Enrico M., 1929, Fotopostkarte, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Dieter Härtwig
9.1.2008


Empfohlene Zitierweise:
Dieter Härtwig, Artikel: Enrico Mainardi,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10649 [Zugriff 26.11.2024].

Enrico Mainardi



Werke „Das Wagnis, Solist zu sein“, in: J. Müller-Marein/H. Reinhardt, Das musikalische Selbstporträt, Hamburg 1963, S. 371-378; Konzert für Violoncello und Streichorchester, 1966; Klavierquartett, 1968; Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier, 1969; Konzert für 2 Violoncelli und Orchester, 1969; Streichquintett, 1970; Divertimento für Violoncello und Streichorchester, 1972.

Literatur E. Schweiger, Warum der Applaus?, München 1969; G. Kraus, Der Poet auf dem Cello, in: fono forum 1972, H. 5, S. 364; K. Schumann, Sarastro auf dem Violoncell. Enrico M. 75 Jahre alt, in: Musica 26/1972, S. 278; J. Bächi, Berühmte Cellisten, Zürich 1974; K. Schumann, Kunstpriester auf dem Cello. Zum Tode Enrico M.s, in: Musica 30/1976, S. 329; D. Härtwig, Der Denker auf Saiten. Zum 25. Todestag Enrico M.s, in: Dresdner Neueste Nachrichten 11.4.2001. – DBA III; MGG 16 (Supplement), Kassel/Basel 1979, Sp. 1196f.; A. Paris, Lexikon der Interpreten klassischer Musik im 20. Jahrhundert, München/Kassel 1992, S. 451f.

Porträt Enrico M., 1929, Fotopostkarte, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Dieter Härtwig
9.1.2008


Empfohlene Zitierweise:
Dieter Härtwig, Artikel: Enrico Mainardi,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10649 [Zugriff 26.11.2024].