Otto Gussmann

G. war als Professor für dekorative Malerei von entscheidender Bedeutung für den Aufschwung des Dresdner Kunstgewerbes. Bekannt wurde er vor allem durch seine Ausstellungs-Architektur (z.B. für die 3. Deutsche Kunstgewerbeausstellung in Dresden 1906). Neben Wandgemälden entwarf er Innendekorationen wie Teppiche, Glasfenster, Möbel, Plakate, und Majoliken. – G. verbrachte seine Kindheit und Schulzeit im Schwarzwald. Nach dem Besuch der Realschule in Balingen und Göppingen nahm er eine Lehre als Dekorationsmaler an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart auf. 1892 bis 1895 absolvierte er ein Studium an der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums Berlin, das er durch seine Tätigkeit als Dekorationsmaler finanzierte. Durch die Arbeit an einem Fries des Berliner Reichstagsgebäudes schloss er Bekanntschaft mit dem Architekten Paul Wallot, der gerade seine Berufung an die Dresdner Königliche Akademie der Bildenden Künste erhalten hatte. G. wechselte 1896 an die Berliner Hochschule für Bildende Künste und schloss dort sein Studium 1897 ab. Im selben Jahr bewarb er sich erfolgreich um die Leitung der neu einzurichtenden „Ornamentklasse“ an der Königlichen Akademie für Bildende Künste in Dresden. An der Dresdner Akademie war man seit Beginn der 1890er-Jahre darum bemüht, die konservative akademische Ausbildung zu reformieren und den veränderten Bedürfnissen anzupassen. Somit wurden Vertreter der jüngeren Malergeneration wie Gotthardt Kuehl (1895) und Carl Bantzer (1896) an die Akademie berufen. Der junge G. überzeugte als Hochschullehrer, nicht zuletzt durch seinen indoktrinären Lehrstil. Zu seinen Schülern zählten u.a. Max Pechstein, Paul Rößler, Otto Lange, Peter August Böckstiegel und in späteren Jahren auch Otto Dix, Edmund Kesting und Wilhelm Rudolph. Aber auch als Künstler übernahm er umfangreiche Aufträge. G. lieferte Entwürfe zur Raumausstattung für Raffaels Sixtinische Madonna in der Dresdner Gemäldegalerie sowie für die Gestaltung des Goldenen Buchs der Stadt Dresden. Zwischen 1899 und 1912 beteiligte sich G. regelmäßig an den „Internationalen“ und „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ in Dresden, die er mit organisierte und an deren Raumgestaltungen er mitwirkte. 1899 erhielt er den ersten Preis im Wettbewerb um die dekorative Ausstattung des großen Kuppelraums vom Dresdner Ausstellungspalast an der Stübelallee. 1900 hielt er sich zeitweilig in Paris auf, wo er einen Fries für das Deutsche Haus auf der Weltausstellung schuf. 1901/02 arbeitete er mit Wilhelm Kreis an einem Projekt für das Burschenschaftsdenkmal in Eisenach mit, wo er für die Innengestaltung (Deckengemälde, Fenster, Adlerpaare) verantwortlich zeichnete. Ebenfalls 1901 begann er mit den Entwurfsarbeiten für die Ausgestaltung (Glasfenster und Wandmalerei) der Kirche zu Hainsberg bei Dresden, die erst 1910/11 ausgeführt wurden. 1903 erfolgte dann die Ausstattung der Dresdner Lukaskirche, die 1898 bis 1903 nach den Entwürfen des Leipziger Architekten Georg Weidenbach errichtet worden war. 1904 wurde er mit der Ausmalung des großen Sitzungssaals des ehemaligen Sächsischen Gesamtministeriums beauftragt, wo er die Zwickelfelder des Plafonds mit allegorischen Figuren (Wirtschaft, Handel, Verkehr und verschiedene Handwerke) ausmalte. Parallel dazu begann er mit der dekorativen Innenraumgestaltung der vom Architekturbüro Schilling und Gräbner errichteten Christuskirche in Dresden-Strehlen. Die aufwändigen Kuppelmalereien und die figürliche Glasfenstergestaltung im Dresdner Jugendstil wurden 1905 vollendet. Für die Aula des Dresdner König-Georg-Gymnasiums schuf er ein großes Deckengemälde. G. trat der Künstlergemeinschaft „Brücke“ als passives Mitglied schon in ihrem Gründungsjahr 1905 bei. – Im Zuge der III. Deutschen Kunstgewerbeausstellung, die 1906 in Dresden stattfand, stellte G. u.a. eine dekorative Innenausstattung eines protestantischen Kirchenraums vor, ein Projekt, das er gemeinsam mit dem Architekten Fritz Schumacher entwickelt hatte. Im selben Jahr gestaltete er mehrere Glasfenster für die Martinskirche in Ebingen/Württemberg. 1909 übernahm er die Ausstattung der Dresdner Versöhnungskirche sowohl mit der Wand- und Deckenmalerei als auch die Glasfenstergestaltung. – Im Zuge von Auseinandersetzungen an der Akademie um das Verhältnis von traditioneller und angewandter Kunst setzte G. schließlich im Oktober 1910 die Umwandlung der „Ornamentklasse“ in ein „Meisteratelier für dekorative Malerei“ durch. In jenem Jahr entstand die Künstlervereinigung Dresden (Sezession), bei der G. nicht nur Gründungsmitglied, sondern zeitweilig auch Vorstandsmitglied war. Im September 1910 wurde die erste Ausstellung im „Sächsischen Kunstverein“ auf der Brühlschen Terrasse organisiert, an der sich auch die „Brücke“-Künstler beteiligten. 1910 bis 1914 war G. mit den Wandmalereien im Neuen Dresdner Rathaus beschäftigt, wo er die Kuppel mit einem allegorischen Figurenprogramm (Arbeit, Opfermut, Frieden, Rechtspflege, Kriegsbereitschaft, Religion und Wohltätigkeit) ausmalte. Daneben schuf er 1912 für die protestantische Kirche in Wiener Neustadt ein Altarbild und entwarf 1912/13 die dekorative Innenausstattung für das „Italienische Dörfchen“ in Dresden, die er gemeinsam mit seinen Schülern Paul Rößler und Paul Perks zur Ausführung brachte. – Ab 1914 wandte sich G. verstärkt der Staffeleimalerei zu. In dieser Zeit entstanden v.a. Porträt- und Aktdarstellungen. Nach dem Tod Kuehls übernahm G. 1915 bis 1919 das Amt des Studienprofessors (Rektors) an der Dresdner Königlichen Akademie der Bildenden Künste. 1915/16 war er wiederum mit einem Auftrag für ein Wandbild im Ebinger Rathaus beschäftigt. Während der Vorbereitungsarbeiten zur Dresdner Kunstausstellung 1926 erlag G. einem Herzinfarkt. W Fries für das Deutsche Haus auf der Weltausstellung in Paris, 1900; Glasfenstergestaltung und Wandmalerei in der Kirche zu Hainsberg bei Dresden, 1901 und 1910/11; Innengestaltung (Deckengemälde, Adlerpaare, Fenster) des Burschenschaftsdenkmals in Eisenach, 1901/02; Wand- und Deckenmalerei in der Lukaskirche Dresden, 1903; Ausmalung des Großen Sitzungssaals im Ministerialgebäude Dresden, um 1904; Dekorative Innenraumgestaltung mit Kuppelmalerei und figürlicher Glasfenstergestaltung in der Christuskirche Dresden, 1904/05; Fenster der Martinskirche in Ebingen, 1906; Decken- und Wandmalerei, Glasfenstergestaltung in der Versöhnungskirche Dresden, 1909; Wandmalerei im Neuen Rathaus Dresden, 1910-1914; Altarbild für die protestantische Kirche in Wiener Neustadt, 1912; Dekorative Innenausstattung des Italienischen Dörfchens, 1912/13; Wandbild im Rathaus Ebingen, 1915/16.

Literatur E. Haenel, Otto G., Dresden 1927; K. Proksch, Otto G., Dresden 1989; A. Smitans/A. Peters (Hg.), Otto G., Reutlingen 1992. – DBA II, III; DBE 4, S. 265; NDB 7, S. 333f.; Thieme/Becker, Bd. 15, Leipzig 1999, S. 351f.

Porträt Otto G., Hugo Erfurth, Fotografie, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett, Inventar-Nr. D 1919-8, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: André Rous, 1987 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].

Konstanze Rudert
8.1.2008


Empfohlene Zitierweise:
Konstanze Rudert, Artikel: Otto Gussmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1873 [Zugriff 13.5.2024].

Otto Gussmann



Literatur E. Haenel, Otto G., Dresden 1927; K. Proksch, Otto G., Dresden 1989; A. Smitans/A. Peters (Hg.), Otto G., Reutlingen 1992. – DBA II, III; DBE 4, S. 265; NDB 7, S. 333f.; Thieme/Becker, Bd. 15, Leipzig 1999, S. 351f.

Porträt Otto G., Hugo Erfurth, Fotografie, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett, Inventar-Nr. D 1919-8, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: André Rous, 1987 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].

Konstanze Rudert
8.1.2008


Empfohlene Zitierweise:
Konstanze Rudert, Artikel: Otto Gussmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1873 [Zugriff 13.5.2024].