Johann August von Ponickau der Jüngere
P., der aus einer alten sächsischen Adelsfamilie stammte, studierte zunächst an der Fürstenschule St. Afra in Meißen und immatrikulierte sich im Oktober 1737 an der Universität Leipzig. 1743 trat er auf Empfehlung von Ernst Christoph Graf von Manteuffel als Kammerjunker in die Dienste des Herzogs
Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg und wurde zum Hofrat der herzoglichen Landesregierung in Gotha ernannt. Kurz nach dem Tod seines Vaters gab er diese Anstellung auf, kehrte in die Heimat zurück und lebte abwechselnd in Klipphausen bei Meißen und Dresden. Neben dem Rittergut Klipphausen erbte er ein beträchtliches Vermögen. Dieser Umstand ermöglichte es ihm, von da an als Privatmann seinen wissenschaftlichen Interessen nachzugehen, eigene Studien zur sächsischen Geschichte zu betreiben und in seiner Dresdner Wohnung eine umfangreiche Bibliothek mit ca. 14.000 Werken aufzubauen. Der am kursächsischen Hof in hoher Gunst stehende P. bekam 1751 den Titel eines Königlich Polnischen und Kursächsischen Geheimen Kriegsrats verliehen. Um sich noch intensiver seiner Bibliothek widmen zu können, verkaufte er 1761 das Rittergut Klipphausen und nahm seinen Wohnsitz endgültig in Dresden, wo er regen Kontakt mit zahlreichen Gelehrten und Buchhändlern hielt. – Die Sammlungen von P. beinhalteten neben der Bibliothek ein umfangreiches sächsisches Münzkabinett mit sowohl albertinischen als auch ernestinischen Prägungen. Die Bibliothek selbst enthielt zahlreiche historiografische und naturwissenschaftliche Bände sowie Landkarten und Kupferstiche. Darüber hinaus zeichnete sie sich durch einen wertvollen Bestand an Urkunden und Handschriften zur sächsisch-thüringischen Geschichte aus. P. stellte zur Ordnung und Aufsicht der Bestände qualifizierte Helfer ein, u.a. 1765 bis Anfang der 1780er-Jahre den Kammersekretär Gottfried Immanuel Grundig. Der interessierten Öffentlichkeit gewährte P. Einblick in seine Bibliothek und gab sie zur Benutzung für Studienzwecke frei. Seinem umfangreichen Briefwechsel zufolge verlieh er zudem Bücher an Nutzer in allen Teilen Deutschlands. Vermutlich aufgrund einer Erkrankung, die ihn ab 1791 vollständig erblinden ließ, wohl aber auch bedingt durch fehlende eigene Nachkommen und den Wunsch, die Bestände als Einheit zu erhalten, entschloss er sich, seine Bibliothek einer Lehreinrichtung zur Verfügung zu stellen. Bereits 1762 teilte er dieses Vorhaben schriftlich der Universität Wittenberg mit. In Form einer Schenkung übergab er 1789 dann offiziell der Hochschule seine Sammlungen, verbunden mit einer Spende von 1.000 Talern, die für den zukünftigen Unterhalt des Bestands verwendet werden sollte. Zusätzlich übernahm P. die Transportkosten von Dresden nach Wittenberg. In seinem Testament verfügte er die Zahlung von 3.000 Talern aus seinem Privatvermögen zur Gründung einer Stiftung an der Wittenberger Universität. Aufgabe dieser Stiftung war die wissenschaftliche und organisatorische Betreuung und der weitere Ausbau der Ponickauischen Bibliothek. Aus den Mitteln des Stiftungskapitals wurde zu diesem Zweck ein Bibliothekar eingestellt, der die Aufsicht über den Bestand erhielt und jährliche Berichte vorzulegen hatte.
Quellen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsarchiv; Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt Halle/Saale, Bibliotheksarchiv, Sondersammlungen.
Werke Bey der Trauer-Bahre des ... schüttet sein Bey-Leid aus ein verbundenster Diener [Trauerschrift auf Hans Haubold von der Schulenburg], Meißen 1735; Bey dem rühmliche Abzuge ... [Abschiedsglückwunsch auf Friedrich Adolph von Polenz], 1735; Des wohlgebohrnen Herrn ... [Abschiedsglückwunsch für Hans Carl von Wesenig], Dresden 1736.
Literatur F. H. L. Leopold, Über den gegenwärtigen Zustand der akademischen Bibliothek, in: J. C. A. Grohmann, Annalen der Universität zu Wittenberg, Bd. 3, Meißen 1801/02 (ND Osnabrück 1969), S. 222-251; Dem Andencken des churfürstlichen sächsischen geheimen Kriegsraths Johann August von P. geweihet, Dresden 1802; G. W. Gerlach, Die Rettung der Wittenberger Universitäts-Bibliothek, Halle/Saale 1859; E. Böhmer, Bericht über die von Ponickauische Bibliothek der Universität Halle-Wittenberg, in: ders./G. F. Hertzberg, Zur Feier der fünfzigjährigen Vereinigung der Universitäten Halle und Wittenberg, Halle/Saale 1867, S. 37-76; A. Langguth, Johann August von P. Ein gelehrter Bibliophile des 18. Jahrhunderts, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 8/1891, H. 6, S. 241-275; W. Becker, Briefe Johann Augusts von P., in: Thüringisch-Sächsische Zeitschrift für Geschichte und Kunst 23/1934/35, S. 117-127; F. Juntke, Johann August von P. und seine Bibliothek, Halle/Saale 1986 (Bildquelle); W. Müller, Die Ponickauische Bibliothek in Halle, in: Mitteilungsblatt der Bibliotheken in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt 93/1994, S. 21-26; M.-C. Henning/H. Schnelling (Hg.), Der Katalog der Sammlung Ponickau in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle/Saale 2001; M.-C. Henning, Johann August von P. Geschichte einer Gelehrtenbibliothek, Hildesheim/Zürich 2002 (P). – ADB 26, S. 410f., 28, S. 808; DBA I; J. G. A. Kläbe (Hg.), Neuestes gelehrtes Dresden oder Nachrichten von jetzt lebenden Dresdner Gelehrten, Schriftstellern, Künstlern, Bibliotheken und Kunstsammlern, Leipzig 1796, S. 50f.; G. F. Otto, Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler, Bd. 2, Görlitz 1803 (ND Neustadt/Aisch 2001), S. 815-817, Supplementbd., Görlitz 1821 (ND Neustadt/Aisch 2002), S. 340; J. C. Adelung/H. W. Rotermund, Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexikon, Bd. 6, Leipzig 1819 (ND Hildesheim 1961), Sp. 2111; E. H. Kneschke, Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Bd. 6, Leipzig 1865, S. 100f., 297-299, Bd. 7, Leipzig 1867, S. 212f.
Porträt Johann August von P., Carl Gottlieb Rasp, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Signatur PORT_00140207_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; Johann August von P., Carl Friedrich Holtzmann, 1782, Gouache, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt Halle/Saale.
Daniel Geißler
31.8.2010
Empfohlene Zitierweise:
Daniel Geißler, Artikel: Johann August von Ponickau der Jüngere,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3187 [Zugriff 20.12.2024].
Johann August von Ponickau der Jüngere
Quellen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsarchiv; Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt Halle/Saale, Bibliotheksarchiv, Sondersammlungen.
Werke Bey der Trauer-Bahre des ... schüttet sein Bey-Leid aus ein verbundenster Diener [Trauerschrift auf Hans Haubold von der Schulenburg], Meißen 1735; Bey dem rühmliche Abzuge ... [Abschiedsglückwunsch auf Friedrich Adolph von Polenz], 1735; Des wohlgebohrnen Herrn ... [Abschiedsglückwunsch für Hans Carl von Wesenig], Dresden 1736.
Literatur F. H. L. Leopold, Über den gegenwärtigen Zustand der akademischen Bibliothek, in: J. C. A. Grohmann, Annalen der Universität zu Wittenberg, Bd. 3, Meißen 1801/02 (ND Osnabrück 1969), S. 222-251; Dem Andencken des churfürstlichen sächsischen geheimen Kriegsraths Johann August von P. geweihet, Dresden 1802; G. W. Gerlach, Die Rettung der Wittenberger Universitäts-Bibliothek, Halle/Saale 1859; E. Böhmer, Bericht über die von Ponickauische Bibliothek der Universität Halle-Wittenberg, in: ders./G. F. Hertzberg, Zur Feier der fünfzigjährigen Vereinigung der Universitäten Halle und Wittenberg, Halle/Saale 1867, S. 37-76; A. Langguth, Johann August von P. Ein gelehrter Bibliophile des 18. Jahrhunderts, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 8/1891, H. 6, S. 241-275; W. Becker, Briefe Johann Augusts von P., in: Thüringisch-Sächsische Zeitschrift für Geschichte und Kunst 23/1934/35, S. 117-127; F. Juntke, Johann August von P. und seine Bibliothek, Halle/Saale 1986 (Bildquelle); W. Müller, Die Ponickauische Bibliothek in Halle, in: Mitteilungsblatt der Bibliotheken in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt 93/1994, S. 21-26; M.-C. Henning/H. Schnelling (Hg.), Der Katalog der Sammlung Ponickau in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle/Saale 2001; M.-C. Henning, Johann August von P. Geschichte einer Gelehrtenbibliothek, Hildesheim/Zürich 2002 (P). – ADB 26, S. 410f., 28, S. 808; DBA I; J. G. A. Kläbe (Hg.), Neuestes gelehrtes Dresden oder Nachrichten von jetzt lebenden Dresdner Gelehrten, Schriftstellern, Künstlern, Bibliotheken und Kunstsammlern, Leipzig 1796, S. 50f.; G. F. Otto, Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler, Bd. 2, Görlitz 1803 (ND Neustadt/Aisch 2001), S. 815-817, Supplementbd., Görlitz 1821 (ND Neustadt/Aisch 2002), S. 340; J. C. Adelung/H. W. Rotermund, Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexikon, Bd. 6, Leipzig 1819 (ND Hildesheim 1961), Sp. 2111; E. H. Kneschke, Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Bd. 6, Leipzig 1865, S. 100f., 297-299, Bd. 7, Leipzig 1867, S. 212f.
Porträt Johann August von P., Carl Gottlieb Rasp, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Signatur PORT_00140207_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; Johann August von P., Carl Friedrich Holtzmann, 1782, Gouache, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt Halle/Saale.
Daniel Geißler
31.8.2010
Empfohlene Zitierweise:
Daniel Geißler, Artikel: Johann August von Ponickau der Jüngere,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3187 [Zugriff 20.12.2024].