Valentin Wagner

W. gehörte lange Zeit zu den weitgehend vergessenen Künstlern des Dreißigjährigen Kriegs. Heute ist er v.a. durch sein grafisches Werk bekannt, das u.a. Porträts des sächsischen Kurfürstenpaars und hoher Amtsträger sowie eine in Autopsie entstandene Stadtansicht Leipzigs nach der Niederlegung der Vorstädte 1631 umfasst. –Wahrscheinlich ging W. zunächst bei seinem gleichnamigen Vater in die Lehre, der laut Bürgerbucheintrag vom 31.5.1606 gebürtiger Dresdner war und im gleichen Jahr das Haus Nr. 21 in der Wilsdruffer Straße erwarb. Die ältesten W. zugeschriebenen Arbeiten sind einige um 1627/28 entstandene Zeichnungen nach den Gemälden der Brüder Gabriel und Benedetto de Thola im Dresdner Riesensaal, die damals der Umgestaltung durch Wilhelm Dilich zum Opfer fielen. Noch vor dem Tod des Vaters begab sich W. auf eine Gesellenwanderung, die ihn im Frühjahr 1631 nach Hessen führte. Möglicherweise hatte ihm der seit 1625 in Dresden tätige Dilich hier den Weg gewiesen, der zuvor in landgräflich hessischen Diensten gestanden hatte und zudem Verbindungen zu Matthäus Merian d.Ä. in Frankfurt/Main unterhielt. Die künstlerischen Kontakte und Anregungen, die sich W. in der Mainmetropole eröffneten, prägten sein künftiges Leben wie sein überliefertes Werk. Neben dem Altmeister Philipp Uffenbach waren es niederländische Künstler, die sog. Frankenthaler, aber auch Merian selbst, möglicherweise auch Wenzel Hollar, die ihn stark beeinflussten. Für die nächsten drei Jahre, bis Ende 1634, hielt sich W. ausweislich der datierten Zeichnungen in seinem heute in der Wiener Albertina aufbewahrten „Reiseskizzenbuch“ und verstreuten Notizen in der archivalischen Überlieferung an den Höfen der Landgrafen von Hessen-Darmstadt und Hessen-Butzbach auf. In deren Umfeld bzw. Entourage reiste er 1631 über Würzburg, Nürnberg und Regensburg nach Wien sowie zweimal - über den Jahreswechsel 1631/32 und im Mai/Juni 1632 - von Butzbach aus nach Ostfriesland. Mit einem Teil des Darmstädter und Butzbacher Hofstaats nahm er im Oktober/November 1633 an einer groß angelegten Wildschweinjagd im Vogelsberg teil. Deren Verlauf und die dabei vorgekommenen Missgeschicke hielt er mit einem sehr humorvollen Blick für Details in einem Skizzenbuch (sog. Niddaer Sauhatz) fest, wobei er sich öfter selbst mit ins Bild setzte. Wahrscheinlich Ende 1633 reiste er über Leipzig nach Dresden, vermutlich um familiäre Angelegenheiten nach dem Tod seines Vaters zu klären. Damals fertigte er u.a. eine Panoramaansicht Leipzigs von südöstlicher Richtung ungefähr von der Straße nach Grimma aus an. Nach einer abermaligen Rückkehr nach Hessen ließ sich W. endgültig in seiner Vaterstadt Dresden nieder, wo er am 16.12.1636, als „Conterfecter“ bezeichnet, das Bürgerrecht erwarb. Um diese Zeit stellte er seine Eintragungen in das „Reiseskizzenbuch“ ein. Die letzte datierte Zeichnung stammt aus dem Jahr 1638 und zeigt die Hofmühle, die spätere „Bienert-Mühle“, im Plauenschen Grund südlich von Dresden. W. etablierte sich damals in Dresden rasch als gefragter Porträtmaler. Er fertigte mehrere Miniaturbildnisse des Kurfürstenpaars Johann Georg I. und Magdalena Sibylla sowie hoher Amtsträger an, etwa des Rats Christian Reichbrod zu Schrenckendorff und des Dresdner Oberhofpredigers Jakob Weller von Molsdorf. An Ölgemälden ist von ihm eine Vanitas-Darstellung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg bekannt, und 2008 konnte ihm das annähernd lebensgroße, ganzfigurige Porträt Weller von Molsdorfs im Besitz der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens zugeschrieben werden. Sein Eintrag in das Stammbuch des Leipziger Magisters und Dichters Johannes Frenzel lässt vermuten, dass er neben seinen Kontakten zum Dresdner Hof auch mit den in Sachsen kulturell und wissenschaftlich führenden Kreisen vertraut war.

Quellen Stadtarchiv Dresden, Bürgerbuch und Häuserbuch Dresden-Altstadt, Bd. 1/I; Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, D 4, Nr. 56, 66.

Werke Reiseskizzenbuch, 1631-1638, Federzeichnungen, Albertina Wien, Grafische Sammlung; Jagdskizzenbuch (Niddaer Sauhatz), 1633, Federzeichnungen, Hessisches Staatsarchiv Darmstadt; Riesenfiguren, Feder-, Rötel- und Kreidezeichnungen, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett; Moses am brennenden Dornenbusch, 1640, Federzeichnung, ebd. (vermisst); Raub der Sabinerinnen, 1645, Federzeichnung, ebd.; Krieg- und Friedensallegorie, 1650, Universitätsbibliothek Leipzig, Stammbuch Mag. Frentzel; Vanitas-Allegorie und mehrere Miniaturbildnisse, 1650-1655, ebd.

Literatur H. T. Gräf, Eine unbekannte Ansicht von Leipzig aus dem Jahre 1633, in: Leipzig im Kartenbild, Leipzig 2001, S. 17-22; ders./H. Meise (Hg.), Valentin W. Ein Zeichner im Dreißigjährigen Krieg, Marburg 2003; ders., Neues zu dem Maler und Zeichner Valentin W. (um 1610-1655), in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 3/2008, S. 23-29.

Holger Th. Gräf
16.3.2016


Empfohlene Zitierweise:
Holger Th. Gräf, Artikel: Valentin Wagner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26468 [Zugriff 29.3.2024].

Valentin Wagner



Quellen Stadtarchiv Dresden, Bürgerbuch und Häuserbuch Dresden-Altstadt, Bd. 1/I; Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, D 4, Nr. 56, 66.

Werke Reiseskizzenbuch, 1631-1638, Federzeichnungen, Albertina Wien, Grafische Sammlung; Jagdskizzenbuch (Niddaer Sauhatz), 1633, Federzeichnungen, Hessisches Staatsarchiv Darmstadt; Riesenfiguren, Feder-, Rötel- und Kreidezeichnungen, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett; Moses am brennenden Dornenbusch, 1640, Federzeichnung, ebd. (vermisst); Raub der Sabinerinnen, 1645, Federzeichnung, ebd.; Krieg- und Friedensallegorie, 1650, Universitätsbibliothek Leipzig, Stammbuch Mag. Frentzel; Vanitas-Allegorie und mehrere Miniaturbildnisse, 1650-1655, ebd.

Literatur H. T. Gräf, Eine unbekannte Ansicht von Leipzig aus dem Jahre 1633, in: Leipzig im Kartenbild, Leipzig 2001, S. 17-22; ders./H. Meise (Hg.), Valentin W. Ein Zeichner im Dreißigjährigen Krieg, Marburg 2003; ders., Neues zu dem Maler und Zeichner Valentin W. (um 1610-1655), in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 3/2008, S. 23-29.

Holger Th. Gräf
16.3.2016


Empfohlene Zitierweise:
Holger Th. Gräf, Artikel: Valentin Wagner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/26468 [Zugriff 29.3.2024].