Georg von Nismitz

N. gehörte einer Familie an, die seit der Belehnung mit Nebra durch Kurfürst Friedrich II. (der Sanftmütige) nach dem Sächsischen Bruderkrieg in der Mitte des 15. Jahrhunderts eng mit der Landesherrschaft verbunden war. Als Hofmeister des späteren Kurfürsten Johann Georg I., den er 1601 bis 1602 auf einer Italienreise begleitete, ist er von besonderer Bedeutung. – N. erhielt zunächst Privatunterricht und wurde ab 1585 im Haushalt des Juristen Heinrich von Bülow, dem Ehemann der Schwester seiner Mutter, in Merseburg ausgebildet. Nach dessen Tod 1586 setzte er gemeinsam mit seinen Cousins Joachim Friedrich von Bülow und Johann Heinrich von Bülow seine schulische Ausbildung auf dem Gymnasium in Leipzig fort. Am 22.7.1587 wurde er gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich an der Universität Helmstedt immatrikuliert. 1591/92 ist er an der Universität Jena nachweisbar, 1593 lebte er in Leipzig und reiste später von dort nach Frankfurt/Main, Andernach, Koblenz, Bonn und Köln. Anschließend wurde N. an der Universität Marburg immatrikuliert. Ab 1594 ist er außerdem noch in Herborn, Dillenburg, Darmstadt, Speyer, Worms, Straßburg, Freiburg/Breisgau, Basel, Fraubrunnen, Bern, Solothurn, Lausanne, Genf sowie Besançon belegt. Seine geplante Weiterreise aus dem Burgund nach Frankreich und Spanien wurde durch die Politik Heinrichs IV. von Frankreich und Navarra verhindert, sodass N. seine erste Kavaliersreise zunächst über Genf, das Wallis und Mailand nach Italien fortsetzte. Auf diesem Abschnitt seiner Reise war er den Gefahren des Hochgebirges ausgesetzt und wurde auch durch Straßenräuber bedroht. Danach ist er noch in Mantua, Venedig, Loreto, Rom und Neapel belegt. 1594 wurde N. an der Universität Bologna immatrikuliert und bezog am 14.3.1595 die Universität Siena in der Toskana. Von dort kehrte er noch im Laufe des Sommers über Kroatien, Ungarn, Wien, Salzburg, Augsburg und Nürnberg nach Nebra zurück, wo er am 23.7.1595 eintraf. Seine zweite Kavaliersreise führte N. ab 1596 zunächst nach Prag, später über Köln in die Niederlande, nach England, namentlich London, Frankreich, namentlich Paris, Belgien und zurück über Den Haag, Jülich, Köln und Leipzig nach Nebra, wo er am 5.5.1599 eintraf. Auf seinen Reisen konnte N. seine Kenntnisse der lateinischen, französischen und italienischen Sprache vervollkommnen. – Im Dezember 1600 wurde N. zum Hofmeister des sächsischen Prinzen und späteren Kurfürsten Johann Georg (I.) ernannt und begleitete diesen ab dem 16.1.1601 bis zum Februar 1602 über Nürnberg, Augsburg, Innsbruck, Triest und Venedig auf einer Italienreise, die zunächst nach Padua und Ferrara führte. Im Frühjahr 1601 wurde N. in seiner Funktion als Hofmeister wiederum an der Universität Bologna gemeinsam mit Johann Georg, Rudolf Vitzthum und Christoph Rudolf aus dem Winkel immatrikuliert. Da der lutherische Prinz seine Ausbildung im katholischen Italien erhalten wollte, reiste er inkognito unter dem Namen Johann von Nismitz und wurde u.a. auch zur Immatrikulation als Cousin seines Hofmeisters ausgegeben. Daher schlief er wie sein Gefolge auf einem Lager aus Stroh und führte bisweilen auch seinem Hofmeister N. das Pferd. Die Reise führte die vier Männer sowie einen namentlich nicht bekannten Diener anschließend von Bologna weiter nach Rom, Neapel, Siena, Florenz, Verona, Mailand und Mantua. Dabei wurden Johann Georg und N. gemeinsam am 29.4.1601 unter den Namen Johann und Jürgen von Nismitz an der Universität Siena immatrikuliert. Als die Reisegruppe auf dem Rückweg von Neapel im Dezember 1601 in Mailand eintraf und Johann Georg dort nach einem kalten Getränk bei Fieber lebensbedrohlich erkrankte, wurde die wahre Identität des Prinzen doch noch bekannt. Nach anfänglich zögerlicher medizinischer Hilfe durch den Leibarzt des Herzogs von Savoyen erfuhr auch Papst Clemens VIII. von der tatsächlichen Person des adligen Reisegasts und ließ ihm nach Venedig sein Bedauern überbringen, weil er ihn in Rom im März 1601 nicht standesgemäß empfangen hatte. Während der gesamten Reise zeichnete N. alle Begebenheiten auf und wurde nach der Rückkehr vom Bruder seines Schützlings, dem Kurfürsten Christian II., mit Grundbesitz belohnt. Weitere Ämter am kurfürstlichen Hof lehnte er ab, wurde aber dort später noch 1604, 1607 und 1617 als Gast empfangen. Am 4.11.1605 heiratete N. die Beamtentochter Anna von Rochow aus Magdeburg, mit der er elf Söhne und vier Töchter hatte. Er arbeitete in den folgenden Jahren von 1606 bis 1632 als Jurist und kursächsischer Amtshauptmann in Freyburg/Unstrut und Eckartsberga. In dieser Zeit wird er mehrfach als Widmungsempfänger gedruckter Schriften seiner Lehnsmänner genannt. Außerdem wurde N. im September 1606 zum Assessor des Oberhofgerichts in Leipzig ernannt und wirkte ab dem 6.8.1607 als Inspektor von Schulpforta, bevor er im März 1638 zum Oberhofrichter ernannt wurde. 1644 wurde er schließlich kursächsischer Obersteuereinnehmer der Land- und Tranksteuer. Beeinflusst von Kriegswirren wie der Zerstörung der Stadt Nebra und der Besetzung des Schlosses durch französisch-weimarische Truppen musste er bis 1648 in den größeren Städten der Umgebung, namentlich Erfurt, Jena, Naumburg, Halle/Saale, Merseburg, Altenburg, Zeitz, Zwickau, Freiberg und Dresden, Zuflucht suchen. In dieser Zeit förderte er als Musikliebhaber durch Stipendien auch die Kantorei der Thomaskirche in Leipzig. Nach der Rückkehr nach Nebra und während der Instandsetzung des Familiensitzes verlor N. am 5.10.1649 seine von den Strapazen des Kriegs geschwächte Ehefrau. Außer Berichten über Erkrankung und Sterben sind viele weitere biografische Details für die letzten Lebensjahrzehnte nicht näher bekannt. Erst fünf Monate nach seinem Tod wurde N. am 3.4.1655 in Nebra bestattet. – Vermutlich am 3.12.1630 trug sich N. in Nebra oder Freyburg/Unstrut mit einer poetischen Paraphrase von Ps. 31,25 unter dem Gesellschaftsnamen „der Ausbündige“, dem Motto „im Blutstillen“ sowie dem Emblem „Tormentilwurtzel“ (Potentilla erecta L. Raeusch) als Nr. 189 in das Gesellschaftsbuch der Fruchtbringenden Gesellschaft des Fürsten Ludwig I. von Anhalt-Köthen ein, als dieser auf einer Reise als Übernachtungsgast bei ihm wohnte.

Quellen S. Dauderstadt, Ζωομετρικὴ Mosaico-Davidica, das ist / Geistliche Abmessung des Menschlichen Lebens / Aus Mosis des Mannes Gottes / in des Königl. Propheten Davids XC. Ps. v. 10. befindlichen Worten / Bey dem Adelichen Leichen-Begängnüß Des weyland Hoch-Edelgebohrnen / Gestrengen und Vesten Herrn Georgen von Nismitz / Erb-Lehen- und Gerichts-Herrn auff Nebra / Birkicht und Weischitz / [et]c. Churf. Durchl. zu Sachsen hochbestalten fürnehmen Raths / und Ober-Hoff-Richters zu Leipzig / auch Ober-Einnehmers der Land- und Tranck-Steuer [et]c. Welcher den 23 Octobris Abends umb 7. Uhr des nechst-verstrichenen 1654. Jahrs in wahrem Glauben an seinen und unseren Erlöser JEsum Christum sanft und selig eingeschlaffen / und den 3. Aprilis 1655. In sein Adelich-zubereitetes Ruhestädtlein beygesetzet / Erkläret zu Nebra in der Stadt-Kirchen daselbst, Leipzig 1655, Bl. E2v-I4v.

Literatur K. Conermann (Hg.), Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617-1650, Bd. 3, Weinheim/Deerfield Beach 1985, S. 191 f.; B. Marx, Die Italienreise Herzog Johann Georgs von Sachsen (1601-1602) und der Besuch von Cosimo III. de’ Medici (1668) in Dresden, in: R. Babel/W. Paravicini (Hg.), Grand Tour. Adeliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, Ostfildern 2005, S. 373-427; M. Bollmeyer, Ein Buchfund zur Kavaliersreise des Georg von Nismitz in der Bibliothek des Mariengymnasiums Jever, in: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 20/2011/2012, S. 55-65.

Matthias Bollmeyer
15.1.2015


Empfohlene Zitierweise:
Matthias Bollmeyer, Artikel: Georg von Nismitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24137 [Zugriff 19.4.2024].

Georg von Nismitz



Quellen S. Dauderstadt, Ζωομετρικὴ Mosaico-Davidica, das ist / Geistliche Abmessung des Menschlichen Lebens / Aus Mosis des Mannes Gottes / in des Königl. Propheten Davids XC. Ps. v. 10. befindlichen Worten / Bey dem Adelichen Leichen-Begängnüß Des weyland Hoch-Edelgebohrnen / Gestrengen und Vesten Herrn Georgen von Nismitz / Erb-Lehen- und Gerichts-Herrn auff Nebra / Birkicht und Weischitz / [et]c. Churf. Durchl. zu Sachsen hochbestalten fürnehmen Raths / und Ober-Hoff-Richters zu Leipzig / auch Ober-Einnehmers der Land- und Tranck-Steuer [et]c. Welcher den 23 Octobris Abends umb 7. Uhr des nechst-verstrichenen 1654. Jahrs in wahrem Glauben an seinen und unseren Erlöser JEsum Christum sanft und selig eingeschlaffen / und den 3. Aprilis 1655. In sein Adelich-zubereitetes Ruhestädtlein beygesetzet / Erkläret zu Nebra in der Stadt-Kirchen daselbst, Leipzig 1655, Bl. E2v-I4v.

Literatur K. Conermann (Hg.), Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617-1650, Bd. 3, Weinheim/Deerfield Beach 1985, S. 191 f.; B. Marx, Die Italienreise Herzog Johann Georgs von Sachsen (1601-1602) und der Besuch von Cosimo III. de’ Medici (1668) in Dresden, in: R. Babel/W. Paravicini (Hg.), Grand Tour. Adeliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, Ostfildern 2005, S. 373-427; M. Bollmeyer, Ein Buchfund zur Kavaliersreise des Georg von Nismitz in der Bibliothek des Mariengymnasiums Jever, in: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 20/2011/2012, S. 55-65.

Matthias Bollmeyer
15.1.2015


Empfohlene Zitierweise:
Matthias Bollmeyer, Artikel: Georg von Nismitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24137 [Zugriff 19.4.2024].