Georg Meister

M. gilt als der erste europäische Spezialist für ostasiatischen Gartenbau, zu dem er umfangreich publizierte. Darüber hinaus zählte er im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert in Europa zu den wichtigsten Vermittlern konkreten Wissens über Japan. – Über M.s Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Gesicherte Daten finden sich erst ab 1675 mit seinem Dienstantritt als Gärtner bei dem kursächsischen Generalfeldmarschall Ernst Albrecht von Eberstein. Nach dessen Tod 1676 stand er bis Anfang 1677 in den Diensten eines gewissen Rittmeisters Hund. Mit diesem reiste M. in die Vereinigten Niederlande, wo er sich noch im selben Jahr in Amsterdam bei der Vereinigten Ostindischen Kompanie (VOC) verpflichtete. Obwohl ursprünglich als Gefreiter angenommen, verbrachte er die Überfahrt nach Ostindien als Schiffsgärtner. Während eines kurzen Aufenthalts am Kap der Guten Hoffnung führte er erste Studien über den Gartenbau bzw. die Botanik der Kapregion sowie über die Kultur der einheimischen Bevölkerung durch, die er bei seinem zweiten Aufenthalt vor Ort 1688 vertiefte. Nur wenige Wochen nach seiner Ankunft in Batavia (heute Jakarta/Indonesien) am Weihnachtstag 1677 beteiligte sich M. an einem kurzen Kriegseinsatz in Pamanuk (heute in Indonesien), bei welchem er jedoch erkrankte. Nach seiner Genesung trat er in den Dienst von Andreas Cleyer, der seit 1667 die Leitung der Festungsapotheke in Batavia und damit eine führende Position im Gesundheitswesen vor Ort innehatte. In Verbindung mit dieser Stellung widmete sich Cleyer der Erforschung der örtlichen Botanik und Heilkunde, wofür er 1678 zum Mitglied der kaiserlichen Reichsakademie für Naturforscher, der Leopoldina, ernannt wurde. Das Zusammentreffen mit Cleyer und die daraus hervorgehende und über Jahre währende Verbindung prägte M.s berufliche Entwicklung nachhaltig. M. legte für Cleyer einen Apothekengarten sowie eine Baumschule an und überwachte später deren Ausbau, für den Sklavenarbeit in Anspruch genommen wurde. – 1682/83 und 1685/86 hielt sich M. in Japan auf, jeweils im Gefolge Cleyers, dem die VOC für jene Jahre die Leitung der niederländischen Faktorei auf Dejima im Hafen von Nagasaki übertragen hatte. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts befand sich auf der Insel Dejima der einzige europäische Handelsposten in Japan. Neben dem Faktoreigarten widmete sich M. hier v.a. dem Studium der einheimischen Botanik sowie der örtlichen Gartenanlagen. Dass es ihm später möglich war, eingängige Studien über die japanische Sprache und Justiz zu verfassen, lässt einen intensiven Kontakt zu den japanischen Dolmetschern vermuten. An der jährlichen Reise der niederländischen Gesandtschaft an den Hof des Shôgun in Edo (heute Tokio) nahm er jedoch nicht teil. Religiöse Gründe, verstärkt durch die antichristliche Haltung der japanischen Obrigkeit, bewegten M. letztlich dazu, sich gegen Ende 1687 vom Dienst bei Cleyer freistellen zu lassen und nach Europa zurückzukehren. Unter den ihm von hochrangigen VOC-Angehörigen sowohl in Batavia als auch später in Kapstadt anvertrauten Briefen, die er nach seiner Ankunft in Amsterdam im August 1688 weiterleitete, sind die Sendschreiben Cleyers an bedeutende Gelehrte wie beispielsweise Christian Mentzel oder Jacob Breyn hervorzuheben. Außerdem brachte M. mehrere hundert Pflanzen und Samen aus Ostasien mit. Einige dieser Samen übergab er vermutlich zusammen mit den Briefen. Dass sich M. auch selbst aktiv um die Aufzucht der mitgebrachten Samen kümmerte, lässt sich anhand eines von ihm 1689 am kursächsischen Hof in Dresden eingerichteten Laboratoriums belegen. Hier hatte er nach seiner Auszahlung durch die VOC im April desselben Jahrs eine Anstellung als Kunst- und Lustgärtner erhalten. Zu jener Zeit war Dresden eines der Zentren barocker Gartenkultur im Alten Reich. Hiervon zeugt v.a. der 1676 von Kurfürst Johann Georg III. angelegte Große Garten, wo M. mit der Aufsicht über die exotischen Pflanzen betraut wurde. 1692 erhielt M. die Verantwortung über den Garten im Zwinger. – Unter dem Titel „Der Orientalisch-Indianische Kunst- und Lustgärtner“ veröffentlichte M. 1692 im Selbstverlag die während seiner Zeit bei der VOC angefertigten Studien. Dieser Auflage folgten bis 1731 vier weitere sowie die Herausgabe des „Orientalischen Kunstgärtners im Königlichen Schloß und Zwinger-Garten“ 1702. Sowohl die Auflagenhöhe seiner Publikationen als auch seine prestigeträchtigen Arbeitsbereiche zeugen von M.s angesehener Stellung, nicht nur am kursächsischen Hof. Sein publiziertes Werk umfasst neben der Beschreibung zahlreicher japanischer und südostasiatischer Pflanzen, darunter die japanische Kamelie und japanische Bonsai, auch zwei deutsch-japanische Konversationsbeispiele, die Darstellung eines Iroha (Lehrspruch zur Erlernung des Hiragana-Alphabets) sowie ausführliche Abhandlungen über die einheimische Bevölkerung der Kapregion.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Finanzarchiv; Stadtarchiv Dresden, Kirchliche Wochenzettel der Kreuzkirche zu Dresden; British Library London, Additional Manuscripts; Allgemeen Rijksarchief Den Haag, Archief van de Nederlandse factorij in Japan, Archief van de Verenigde Oost-Indische Compagnie.

Werke Der Orientalisch-Indianische Kunst- und Lust-Gärtner, Dresden 1692 (ND Weimar 1973), Dresden/Leipzig 51731 (Bildquelle); Orientalischer Kunstgärtner im Königlichen Schloß und Zwinger-Garten, Dresden 1702.

Literatur J. Breyn, Prodromus Fasciculi rariorum, Danzig 1689; J. Adelung, Mithridates, Teil 1, Berlin 1806; G. Dutschmann, Georg M., Dresden [MS]; E. Berckenhagen, Unser Titelbild, in: Das Gartenamt 11/1962, S. 30f.; W. Muntschik, Ein Manuskript von Georg M., in: Medizinhistorisches Journal 19/1984, H. 3, S. 225-232; W. Michel, Die Japanisch-Studien des Georg M., in: Dokufutsu Bungaku Kenkyû 35/1986, S. 1-50; W. Kuitert, A Seventeenth Century Gardener And His Reports On Oriental Garden Art, in: Japan Review 2/1991, S. 125-143; W. Kuitert, Nagasaki Gardens and Georg M., in: Genesis (Kyôto) 3/1997, S. 94-102; J. Stalph/H. Suppanschitsch, Wörterbücher und Glossare, München 1999; V. Hammer, Georg M. (1653-1713), München 2010. – ADB 21, S. 254; DBA II.

Veit Hammer
20.4.2010


Empfohlene Zitierweise:
Veit Hammer, Artikel: Georg Meister,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2850 [Zugriff 29.3.2024].

Georg Meister



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Finanzarchiv; Stadtarchiv Dresden, Kirchliche Wochenzettel der Kreuzkirche zu Dresden; British Library London, Additional Manuscripts; Allgemeen Rijksarchief Den Haag, Archief van de Nederlandse factorij in Japan, Archief van de Verenigde Oost-Indische Compagnie.

Werke Der Orientalisch-Indianische Kunst- und Lust-Gärtner, Dresden 1692 (ND Weimar 1973), Dresden/Leipzig 51731 (Bildquelle); Orientalischer Kunstgärtner im Königlichen Schloß und Zwinger-Garten, Dresden 1702.

Literatur J. Breyn, Prodromus Fasciculi rariorum, Danzig 1689; J. Adelung, Mithridates, Teil 1, Berlin 1806; G. Dutschmann, Georg M., Dresden [MS]; E. Berckenhagen, Unser Titelbild, in: Das Gartenamt 11/1962, S. 30f.; W. Muntschik, Ein Manuskript von Georg M., in: Medizinhistorisches Journal 19/1984, H. 3, S. 225-232; W. Michel, Die Japanisch-Studien des Georg M., in: Dokufutsu Bungaku Kenkyû 35/1986, S. 1-50; W. Kuitert, A Seventeenth Century Gardener And His Reports On Oriental Garden Art, in: Japan Review 2/1991, S. 125-143; W. Kuitert, Nagasaki Gardens and Georg M., in: Genesis (Kyôto) 3/1997, S. 94-102; J. Stalph/H. Suppanschitsch, Wörterbücher und Glossare, München 1999; V. Hammer, Georg M. (1653-1713), München 2010. – ADB 21, S. 254; DBA II.

Veit Hammer
20.4.2010


Empfohlene Zitierweise:
Veit Hammer, Artikel: Georg Meister,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2850 [Zugriff 29.3.2024].