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Friedrich der Friedfertige

Der erstmals am 30.11.1384 urkundlich erwähnte F. war der einzige Sohn des nach der Chemnitzer Teilung von 1382 in Thüringen herrschenden Markgrafen Balthasar von Meißen. Über seine Kindheit und Jugend gibt es nur wenige Nachrichten. Demnach war Heinrich von Würzburg sein Erzieher. 1401 erhielt F. vor Prag den Ritterschlag. Gelegentlich taucht er auch in den Urkunden seines Vaters auf, wenngleich nicht als aktiv handelnde Person. Wenig Erfolg war den früh einsetzenden Bemühungen Balthasars um die Anbahnung einer politisch attraktiven Eheverbindung für seinen Sohn beschieden. Nach vergeblichen, 1389 am französischen Königshof geführten Verhandlungen ergab sich aus den Verlobungen F.s 1392 mit Margarete von Hessen und 1397 mit Elisabeth von Görlitz sowie aus der Prokurationsehe mit Lucia Visconti von 1399 keine Heirat. – Nach dem Tod Balthasars folgte ihm F. in der thüringischen Herrschaft, während seine Vettern Friedrich IV. und Wilhelm II. im Osterland und im Vogtland und sein Onkel Wilhelm I. die Mark Meißen regierten. Die nach dessen kinderlosem Tod 1407 geführten Verhandlungen über die Teilung der Mark zwischen F. und seinen älteren Vettern scheiterten, da Letztere entgegen vorherigen Vereinbarungen nur eine Herrschaftsaufteilung innerhalb des Familienverbands und keine Landesteilung im eigentlichen Sinn anstrebten. Damit sollte ihr politischer Einfluss gegenüber ihrem Vetter gesichert und eine dauerhafte Trennung Thüringens von den übrigen wettinischen Gebieten durch die mögliche Geburt männlicher Nachkommen F.s verhindert werden. Die wenig später erfolgte Hochzeit F.s mit Anna, der Tochter seines Hofmeisters Graf Günther XXIX. von Schwarzburg-Blankenburg, verschärfte die Spannungen mit den Verwandten aus dem Osterland, da diese die Eheverbindung als nicht standesgemäß und nur dem Einfluss des Schwarzburgers geschuldet sahen. – Die traditionelle sächsische Geschichtsschreibung hat das Bild des erfahrenen Schwiegervaters, dessen Einfluss sich F. in seiner weiteren Politik v.a. gegenüber seinen Vettern nicht entziehen konnte, bis heute geprägt. Erst jüngste Untersuchungen machten differenzierend auf eine eigenständige politische Konzeption F.s aufmerksam. Demnach hielt er an einer wirklichen Teilung der wettinischen Lande fest und setzte seinen Vettern Widerstand entgegen, indem er den Schulterschluss zu den einheimischen Adelsfamilien suchte. Dies traf in erster Linie auf die Grafen von Schwarzburg zu, die bereits unter Balthasar im höfischen Dienst gestanden und sich als Räte bewährt hatten. Sie mussten sich jedoch dem Druck Friedrichs IV. und Wilhelms II. beugen und ihnen am 21.8.1408 vertraglich zusichern, im Falle der Geburt von Nachkommen F.s und nach dessen etwaigem Tod die Kinder während der Minderjährigkeit bei der Mutter bleiben zu lassen und auf eine Vormundschaft zu verzichten. – Am 31.7.1410 einigten sich die Markgrafen schließlich doch über die Teilung der Markgrafschaft Meißen. F. erhielt neben Besitzungen im Vogtland östliche Teile der Mark, die aufgrund ihrer Entfernung von Thüringen kaum zu regieren waren. Der Vertrag legte neben anderen Punkten die Einheit der wettinischen Länder und gegenseitige Erbabsprachen fest und betonte, dass keiner der Vettern sich in die Herrschaft des anderen einmischen sollte. Dennoch blieben die Spannungen bestehen und mündeten 1412 in einen offenen Konflikt. Friedrich IV. und Wilhelm II. fielen in Thüringen ein, besetzten Gotha und erzwangen dort in Verhandlungen mit F., dass dieser der Einsetzung eines neuen Rats ohne Berücksichtigung der Schwarzburger und der Ersetzung aller Vögte in Thüringen zustimmte. – Einen erneuten Versuch der Einmischung in Thüringen unternahmen die Vettern aus dem Osterland 1417, da sie aus einem neuen Grund um den Bestand der wettinischen Lande fürchteten. Denn F. hatte sich - nicht zuletzt um den thüringischen Adel durch Vergünstigungen auf seine Seite zu bringen - immer mehr verschuldet und im großen Umfang Rechte und Besitzungen verpfändet oder verkauft. Die von den Osterländer Verwandten betriebene Einsetzung neuer Räte, die F. helfen und kontrollieren sollten, scheiterte an dessen Widerstand und dem der Thüringer Adligen und Städte. Immerhin blieb die finanzielle Situation F.s so angespannt, dass er sich am 11.2.1420 zu einer einvernehmlichen Regelung der Schuldenfrage mit seinen Vettern bequemen musste. Zur Verbesserung seiner Lage sollte F. die Veräußerung von Besitzungen im Wert von 25.000 Gulden gestattet werden, der sich im Gegenzug zu einer sparsameren Hofhaltung und Verwaltung verpflichtete. Eine entscheidende Rolle wurde dabei den Räten F.s und seiner Gemahlin Anna zugedacht, die die Umsetzung und Einhaltung der Abmachungen überwachen sollten. Außerdem vereinbarten die Vettern, bei König Sigmund um die Belehnung zur gesamten Hand nachzusuchen, die am 19.7.1420 zusammen mit der Bestätigung ihrer Privilegien vor Prag im Zug gegen die Hussiten erfolgte. – Der Kampf gegen die Hussiten und die damit verbundene unmittelbare Bedrohung der an Böhmen angrenzenden Mark Meißen ließ in der Folgezeit die Konflikte zwischen den Wettinern in den Hintergrund treten. Während sich Markgraf Friedrich IV. in diesen Kämpfen besonders hervortat und dafür 1423 mit dem Kurfürstentum Sachsen belehnt wurde, übte F. in der Reichspolitik Zurückhaltung und konzentrierte sich auf Thüringen. Hier hielt er sich vornehmlich in Weimar auf, das er zur Hauptresidenz entwickelte und wirtschaftlich zu fördern suchte. Die entfernteren sächsischen Gebiete mit Dresden als faktischer Zweitresidenz verlor er dennoch nicht aus dem Auge. Als die Stadt 1430 von den Hussiten angegriffen wurde, kam F. mit 1.000 Mann den Herzögen Friedrich II. und Sigmund von Sachsen, den Kindern seines 1428 verstorbenen Vetters Friedrich, zu Hilfe. Mit beiden verabredete er am 22.4.1431 eine Erbverbrüderung und die Bestätigung des Teilungsvertrags von 1410. Zwei Jahre später überließ er ihnen für 15.000 Gulden die entfernten meißnischen Gebiete. Zu dieser Zeit war bereits abzusehen, dass auch die übrigen seiner Besitzungen an die Vettern zurückfallen würden, da die Ehe F.s mit der 1431 verstorbenen Anna von Schwarzburg kinderlos geblieben war. Seit 1437 weilte Wilhelm III., der Bruder des sächsischen Kurfürsten Friedrichs II., an seinem Hof und wurde hier offenbar auf die kommende Regierung der Landgrafschaft vorbereitet. – F. starb am 7.5.1440 in Weißensee und wurde als letzter Landgraf im Kloster Reinhardsbrunn beigesetzt. Die Nachwelt bedachte ihn mit einer weitgehend negativen Beurteilung, die bereits zu seinen Lebzeiten durch die kursächsische Hofhistoriografie seiner Vettern in die Welt gesetzt worden war. Er wurde der Friedfertige oder gar der Einfältige tituliert, weil er sich in seinem politischen Stil von dem der meisten Fürsten seiner Zeit abhob. Als ein unkriegerischer Mann war er auf die Wahrung des inneren wie äußeren Friedens bedacht und zog die rechtliche Konfliktregelung dem Krieg vor. Unterstützung erhielt er in seinen politischen Entscheidungen von seiner Gemahlin Anna, die offensichtlich einen nicht unbedeutenden Einfluss auf F. besaß. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass F. durch seine verschwenderische Politik und Lebensweise seinem Nachfolger ein hoch verschuldetes Land zurückließ.

Quellen Codex diplomaticus Saxoniae regiae, I. Hauptteil, B, Bde. 3 und 4: Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen (1407-1418) und (1419-1427), hrsg. von H. Ermisch, Leipzig 1909/1941.

Literatur K. Menzel, Die Landgrafschaft Thüringen zur Zeit des Anfalles an die Herzoge Friedrich und Wilhelm von Sachsen 1440 bis 1443, in: Archiv für sächsische Geschichte 8/1870, S. 337-379; H. Patze/W. Schlesinger (Hg.), Geschichte Thüringens, Bd. 2, 1. Teil: Hohes und spätes Mittelalter, Köln/Wien 1974, S. 125-132; B. Streich, Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung, Köln/Wien 1990; H. Schwarz, Die Wettiner des Mittelalters, Leipzig 1994, S. 112-121; J. Rogge, Herrschaftsweitergabe, Konfliktregelung und Familienorganisation im fürstlichen Hochadel, Stuttgart 2002, S. 104-126; ders., Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter, Ostfildern 2005, S. 133-142. – ADB 7, S. 567; DBA I; Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 961; F.-L. Kroll, Die Herrscher Sachsens, München 2004, S. 37, 44.

Eberhard Holtz
14.10.2005


Empfohlene Zitierweise:
Eberhard Holtz, Artikel: Friedrich der Friedfertige,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1529 [Zugriff 19.3.2024].

Friedrich der Friedfertige



Quellen Codex diplomaticus Saxoniae regiae, I. Hauptteil, B, Bde. 3 und 4: Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen (1407-1418) und (1419-1427), hrsg. von H. Ermisch, Leipzig 1909/1941.

Literatur K. Menzel, Die Landgrafschaft Thüringen zur Zeit des Anfalles an die Herzoge Friedrich und Wilhelm von Sachsen 1440 bis 1443, in: Archiv für sächsische Geschichte 8/1870, S. 337-379; H. Patze/W. Schlesinger (Hg.), Geschichte Thüringens, Bd. 2, 1. Teil: Hohes und spätes Mittelalter, Köln/Wien 1974, S. 125-132; B. Streich, Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung, Köln/Wien 1990; H. Schwarz, Die Wettiner des Mittelalters, Leipzig 1994, S. 112-121; J. Rogge, Herrschaftsweitergabe, Konfliktregelung und Familienorganisation im fürstlichen Hochadel, Stuttgart 2002, S. 104-126; ders., Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter, Ostfildern 2005, S. 133-142. – ADB 7, S. 567; DBA I; Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 961; F.-L. Kroll, Die Herrscher Sachsens, München 2004, S. 37, 44.

Eberhard Holtz
14.10.2005


Empfohlene Zitierweise:
Eberhard Holtz, Artikel: Friedrich der Friedfertige,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1529 [Zugriff 19.3.2024].