August Toepler

T.s Lebensweg und -werk sind durch die besondere Vielseitigkeit seiner Interessen und Fähigkeiten bestimmt. Leistungsstipendien für beste Schüler ermöglichten ihm Schulabschlüsse an der Höheren Bürgerschule zu Köln (1854) und der Provinzialgewerbeschule der gleichen Stadt (1855). T. verdiente sich den Lebensunterhalt zunächst mit Klavierstunden und als Zeichner. 1855 bis 1858 studierte er Physik und Chemie am Königlichen Gewerbe-Institut Berlin. Des Weiteren besuchte er an der Universität Berlin u.a. Vorlesungen bei Heinrich Wilhelm Dove, Georg Adolf Erman, Carl Friedrich Rammelsberg und Karl Theodor Wilhelm Weierstraß. Ab 1858 war T. an der Königlichen Landwirtschaftlichen Akademie zu Bonn-Poppelsdorf angestellt, zunächst als Assistent, später 1860 bis 1862 als Dozent für Chemie und Maschinenkunde, dann 1862 bis 1864 als Dozent für Physik, Technologie und Chemie. 1860 promovierte T. von Poppelsdorf aus an der Universität Jena zum Dr. phil. mit dem Thema „Über einen Vorschlag zu einer neuen Methode durch einen einzigen Leitungsdraht gleichzeitig mehrere telegraphische Depeschen zu befördern“. Darin wendete T. erstmals Stimmgabeln zur Signalgebung an. 1864 wurde T. an das Baltische Polytechnikum in Riga als Professor der Chemie und chemischen Technologie berufen, wo er u.a. eine landwirtschaftliche Versuchs- und Samenkontroll-Station einrichtete. 1868 folgte T. dem Ruf zum Professor der Physik nach Graz (Karl-Franzens-Universität). Dort leitete er 1872 bis 1875 den Bau des neuen physikalischen Instituts. 1876 wurde T. Professor der Physik und Direktor des Physikalischen Instituts am Polytechnikum Dresden. 1900 beendete er aus gesundheitlichen Gründen seine Lehrtätigkeit. – T. wird als einer der wirkungsvollsten Experimentalphysiker des ausgehenden 19. Jahrhunderts betrachtet. Seine besonderen wissenschaftlichen Verdienste bestehen im Ersinnen von neuen Messverfahren und -instrumenten, die sehr bald weltweite Verbreitung fanden. Dazu gehört zunächst die Entwicklung der Quecksilberluftpumpe ohne Hähne, Ventile und schädlichen Raum (1862). Diese ermöglichte eine Druckverminderung auf ein Hundertmillionstel Atmosphäre, damit die industrielle Herstellung von Glühlampen, und war 40 Jahre unübertroffen in allen physikalischen Instituten der Welt im Einsatz. Weiterhin sind mit seinem Namen verbunden: die Entwicklung der Schlierenmethode (1864), wodurch kleinste optische Brechzahlunterschiede, etwa durch Schallwellen hervorgerufen, sichtbar gemacht werden können (Inschrift auf seinem Grabstein: „Er sah als erster den Schall“); die Influenzmaschine (1865-1882), mit der starke hochgespannte Gleichströme erzeugt werden konnten und in der erstmals das Prinzip der Verstärkung der Ursache durch deren Wirkung Anwendung fand (später Grundlage der Dynamomaschine nach Werner von Siemens); die optische Analyse tönender Körper mittels des Prinzips der stroboskopischen Scheiben (1866); die Einführung der Kardinalpunkte eines optischen Systems (1871) als Hilfsmittel zur Berechnung von Strahlengängen; die magnetische Waage (1883) und gekreuzte Magnete (1883), womit die Bestimmung der magnetischen Horizontal-Feldstärke erheblich verbessert werden konnte (Erdmagnetismus). – T. erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter die Ernennungen zum Hofrat 1878, Geheimen Hofrat 1884 und Geheimen Rat 1906, die Wahl zum korrespondierenden Mitglied der Akademien in Wien (1874), Berlin (1879) und München (1896) sowie zum ordentlichen Mitglied der Königlich Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (1885) und der Leopoldina (1879). Er erhielt die Ehrendoktorwürde in Heidelberg (Dr. med.) und in Dresden (Dr. Ing.). Schließlich wurde in Dresden eine Straße nach ihm benannt.

Werke Über einen Vorschlag zu einer neuen Methode durch einen einzigen Leitungsdraht gleichzeitig mehrere telegraphische Depeschen zu befördern, Diss. Jena 1860; Ueber eine einfache Barometer-Luftpumpe ohne Hähne, Ventile und schädlichen Raum, in: Dinglingers Polytechnisches Journal 163/1862, S. 426-432; Ueber die Erzeugung einer eigenthümlichen Art von intensiven elektrischen Strömen vermittelst eines Influenz-Elektromotors, in: Annalen der Physik und Chemie 125/1865, S. 469-496; Ueber die Methode der Schlierenbeobachtung als mikroskopisches Hülfsmittel, nebst Bemerkungen zur Theorie der schiefen Beleuchtung, in: ebd. 127/1866, S. 556-580; Vibroskopische Beobachtungen über die Schwingungsphasen singender Flammen (der chemischen Harmonica) mit Benutzung des Schlierenapparates, in: ebd. 128/1866, S. 126-139; Das Princip der stroboskopischen Scheiben als vortheilhaftes Hülfsmittel zur optischen Analyse tönender Körper, in: ebd., S. 108-125; Zur Construction und Leistung der Elektrophor-Maschine (Influenz-Maschine), in: ebd. 130/1867, S. 518-535; mit L. Boltzmann, Ueber eine neue optische Methode, die Schwingungen tönender Luftsäulen zu analysiren, in: ebd. 141/1870, S. 321-352; Bemerkungen über die Anzahl der Fundamentalpunkte eines beliebigen Systems von centrirten, brechenden Kugelflächen, in: ebd. 142/1871, S. 232-251; Zur experimentellen Bestimmung des Diamagnetismus durch seine elektrische Inductionswirkung, in: ebd. 154/1875, S. 600-604; Ueber einige Eigenschaften kreuzweise verbundener Magnetstäbe, in: ebd. NF 20/1883, S. 838-847; Ueber die Bestimmung der magnetischen Horizontalintensität mit Anwendung der Wage, in: ebd. 21/1884, S. 158-175; Ueber die Erregung und Beobachtung sehr rascher electrischer Schwingungen, in: ebd. 46/1892, S. 464-484; Ueber die absolute Temperaturbestimmung mittels Messung barometrischer Druckdifferenzen, in: ebd. 56/1895, S. 609-643; Bemerkungen zu meinem Aufsatze über barometrische Temperaturmessung, in: ebd. 57/1896, S. 324-327; Bemerkungen zu den Lenard-Röntgen’schen Entdeckungen, in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden 1896, S. 38-43; Ueber electroskopische Beobachtung Hertz’scher Resonatorschwingungen, in: ebd. 1897, S. 183-190.

Literatur K. Rohn, August T., in: Taschenbuch der Königlich Sächsischen Technischen Hochschule Dresden, Winter-Semester 1900/1901, Dresden 1901, S. 11-18; A. Witting, August T., in: ebd., Winter-Semester 1906/1907, Dresden 1907, S. 50-52; W. Hallwachs, August T., in: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Mathematisch-Physische Klasse 64/1912, S. 479-497; G. F. Helm, August T., in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden 1912, S. V-VII; M. Toepler, Zu August T.s 100. Geburtstage, Dresden 1936; M. Gebhardt, Persönliche Erinnerungen eines alten Assistenten, in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden 1936/1937, S. 19-22; K.-H. Adolph/P. Ziesche, Eine Wissenschaftlerfreundschaft zwischen Ludwig Boltzmann und August T., in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 36/1987, H. 1, S. 3-12; H.-G. Schöpf, August T. Leben und Werk, in: Dresdner Seminar für Theoretische Physik, Sitzungsberichte 28/1987, S. 1-15; K. Mauersberger/J. Schieferdecker, Toepler-Fernrohr kann bald besichtigt werden, in: Dresdner Universitätsjournal 5/1994, Nr. 10, S. 7; W. Voss, Der erste, der den Schall gesehen hat, in: Dresdner Universitätsjournal 12/2001, H. 9, S. 8. – DBA I, II, III; DBE 10, S. 57; J. C. Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch, Bd. 3, Leipzig 1898, S. 1355f.; ebd., Bd. 4, Leipzig 1904, S. 1510; ebd., Bd. 5, Leipzig 1926, S. 1261; W. Hallwachs, August Joseph Ignaz T., in: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog 17/1915, S. 159-168; D. Petschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 966f.

Porträt Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv (Bildquelle).

Peter Paufler
8.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Peter Paufler, Artikel: August Toepler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3929 [Zugriff 29.3.2024].

August Toepler



Werke Über einen Vorschlag zu einer neuen Methode durch einen einzigen Leitungsdraht gleichzeitig mehrere telegraphische Depeschen zu befördern, Diss. Jena 1860; Ueber eine einfache Barometer-Luftpumpe ohne Hähne, Ventile und schädlichen Raum, in: Dinglingers Polytechnisches Journal 163/1862, S. 426-432; Ueber die Erzeugung einer eigenthümlichen Art von intensiven elektrischen Strömen vermittelst eines Influenz-Elektromotors, in: Annalen der Physik und Chemie 125/1865, S. 469-496; Ueber die Methode der Schlierenbeobachtung als mikroskopisches Hülfsmittel, nebst Bemerkungen zur Theorie der schiefen Beleuchtung, in: ebd. 127/1866, S. 556-580; Vibroskopische Beobachtungen über die Schwingungsphasen singender Flammen (der chemischen Harmonica) mit Benutzung des Schlierenapparates, in: ebd. 128/1866, S. 126-139; Das Princip der stroboskopischen Scheiben als vortheilhaftes Hülfsmittel zur optischen Analyse tönender Körper, in: ebd., S. 108-125; Zur Construction und Leistung der Elektrophor-Maschine (Influenz-Maschine), in: ebd. 130/1867, S. 518-535; mit L. Boltzmann, Ueber eine neue optische Methode, die Schwingungen tönender Luftsäulen zu analysiren, in: ebd. 141/1870, S. 321-352; Bemerkungen über die Anzahl der Fundamentalpunkte eines beliebigen Systems von centrirten, brechenden Kugelflächen, in: ebd. 142/1871, S. 232-251; Zur experimentellen Bestimmung des Diamagnetismus durch seine elektrische Inductionswirkung, in: ebd. 154/1875, S. 600-604; Ueber einige Eigenschaften kreuzweise verbundener Magnetstäbe, in: ebd. NF 20/1883, S. 838-847; Ueber die Bestimmung der magnetischen Horizontalintensität mit Anwendung der Wage, in: ebd. 21/1884, S. 158-175; Ueber die Erregung und Beobachtung sehr rascher electrischer Schwingungen, in: ebd. 46/1892, S. 464-484; Ueber die absolute Temperaturbestimmung mittels Messung barometrischer Druckdifferenzen, in: ebd. 56/1895, S. 609-643; Bemerkungen zu meinem Aufsatze über barometrische Temperaturmessung, in: ebd. 57/1896, S. 324-327; Bemerkungen zu den Lenard-Röntgen’schen Entdeckungen, in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden 1896, S. 38-43; Ueber electroskopische Beobachtung Hertz’scher Resonatorschwingungen, in: ebd. 1897, S. 183-190.

Literatur K. Rohn, August T., in: Taschenbuch der Königlich Sächsischen Technischen Hochschule Dresden, Winter-Semester 1900/1901, Dresden 1901, S. 11-18; A. Witting, August T., in: ebd., Winter-Semester 1906/1907, Dresden 1907, S. 50-52; W. Hallwachs, August T., in: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Mathematisch-Physische Klasse 64/1912, S. 479-497; G. F. Helm, August T., in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden 1912, S. V-VII; M. Toepler, Zu August T.s 100. Geburtstage, Dresden 1936; M. Gebhardt, Persönliche Erinnerungen eines alten Assistenten, in: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden 1936/1937, S. 19-22; K.-H. Adolph/P. Ziesche, Eine Wissenschaftlerfreundschaft zwischen Ludwig Boltzmann und August T., in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 36/1987, H. 1, S. 3-12; H.-G. Schöpf, August T. Leben und Werk, in: Dresdner Seminar für Theoretische Physik, Sitzungsberichte 28/1987, S. 1-15; K. Mauersberger/J. Schieferdecker, Toepler-Fernrohr kann bald besichtigt werden, in: Dresdner Universitätsjournal 5/1994, Nr. 10, S. 7; W. Voss, Der erste, der den Schall gesehen hat, in: Dresdner Universitätsjournal 12/2001, H. 9, S. 8. – DBA I, II, III; DBE 10, S. 57; J. C. Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch, Bd. 3, Leipzig 1898, S. 1355f.; ebd., Bd. 4, Leipzig 1904, S. 1510; ebd., Bd. 5, Leipzig 1926, S. 1261; W. Hallwachs, August Joseph Ignaz T., in: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog 17/1915, S. 159-168; D. Petschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 966f.

Porträt Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv (Bildquelle).

Peter Paufler
8.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Peter Paufler, Artikel: August Toepler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3929 [Zugriff 29.3.2024].