J.s Familie siedelte 1875 von Den Helder nach Amsterdam über. Dort besuchte J. zunächst die Grundschule sowie ab 1885 das Barlaeus-Gymnasium, das er im März 1892 ohne Abschlussexamen verließ. 1893 ging er einige Zeit für Studien nach Paris. Mit Unterbrechungen wegen Aufenthalten in Italien studierte er 1894 bis 1905 Kunstgeschichte, Ägyptologie, semitische Sprachen, Archäologie und Geschichte in Paris, Amsterdam, Leiden (ab 1899) und Freiburg/Breisgau (ab 1902). 1905 promovierte er in Freiburg/Breisgau über „Vitruvs Aesthetik“. Zwei Jahre später folgte ebendort die Habilitation. J. wurde Privatdozent für Allgemeine Kunstgeschichte, einschließlich altorientalischer und klassischer antiker Kunst. 1908 ging er nach Berlin. Hier habilitierte er sich am 23.10.1909 um und war als Privatdozent für altorientalische, ägyptische und frühgriechische Kunstgeschichte sowie ab 1913 auch für das Kultusministerium tätig. 1911 hatte sich der mit J. befreundete Kulturhistoriker Johan Huizinga vergeblich bemüht, ihn auf einen vakanten Lehrstuhl der Universität Groningen (Niederlande) zu bringen. 1914 ließ sich J. mit seiner Familie in Deutschland einbürgern. Nach seiner freiwilligen Kriegsteilnahme in der deutschen Armee 1914 bis 1916 erhielt er am 28.8.1916 eine Professur für Archäologie und Kunstgeschichte im deutsch besetzten Gent (Belgien). 1918/19 wurde J. als planmäßiger außerordentlicher Professor für flämische und nordniederländische Sprache und Literatur an die Universität Leipzig berufen, wo 1923 seine Venia Legendi auf die vergleichende Literaturgeschichte ausgedehnt wurde. Bei den häufig organisierten interdisziplinären Veranstaltungen gab es eine besonders enge Zusammenarbeit mit dem Germanisten Theodor Frings. Im Wintersemester 1930/31 führte J. gemeinsam mit Fritz Karg Lehrveranstaltungen zu volkskundlichen Forschungsmethoden durch. Wegen seines Beitritts in die NSDAP am 1.5.1933 zerbrach u.a. seine Freundschaft zu Huizinga und auch der bislang rege Briefwechsel zwischen ihm und seiner Tochter Jeltje aus erster Ehe kam allmählich zum erliegen. Obwohl J. 1941 offiziell emeritiert wurde, konnte er den vakanten Lehrauftrag für vergleichende Literaturgeschichte bis zum Kriegsende wahrnehmen. Am Psychologisch-Pädagogischen Institut der Leipziger Universität veranstaltete er auch „Rassen- und kulturpsychologische Übungen“ zu Mythen, Märchen und Sagen. In seinem Denken war er hier stark durch die Völkerpsychologie Adolf Bastians und Wilhelm Wundts beeinflusst. 1944 wurde ihm anlässlich seines 70. Geburtstags auf Anweisung von Adolf Hitler nachträglich die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. In den Entnazifizierungsfragebögen für die Universität und für die Alliierten räumte J. 1945 die „wissenschaftliche Beratung“ des „Sicherheitsdiensts des Reichsführers-SS“ lediglich in Bezug auf die „Geschichte und Symbolik des Freimaurerordens im 18. Jahrhundert“ ein. Seine Bemühungen um eine Rückkehr in die holländische Heimat wurden durch seinen Tod gegenstandslos. – J.s intellektuelle Vielseitigkeit zeigte sich nicht nur in seinen wissenschaftlichen Arbeiten zu Archäologie, Sprachgeschichte, Literaturgeschichte, Ästhetik und Kunstgeschichte, sondern auch in seinem künstlerischen und journalistischen Engagement. So war er 1892 Mitbegründer des mystischen Bunds „Joreks“ zur Pflege des Symbolismus, veröffentlichte 1893 erste symbolistische Beiträge in der Brüsseler Zeitschrift „Van nu en Straks“ und gehörte 1895 zu den Gründern des Amsterdamer Wochenblatts „De Kroniek“, in dem er Aufsätze zur Kunstgeschichte sowie Theater- und Literaturkritiken publizierte. 1897/98 war er Redakteur für Kunst und Wissenschaft bei „De Telegraaf“. Er schrieb Gedichte und Bühnenstücke, letztere z.T. mit seinem Hamburger Schwager Carl Mönckeberg (unter dem gemeinsamen Pseudonym Karl Andres), mit dem er auch einen Theaterverein gründete. Ein Projekt von ihm für ein Spiel anlässlich des 300. Jahrestags der Gründung der Universität Amsterdam wurde 1931 preisgekrönt, 1932 allerdings wieder verworfen. In Thüringen engagierte sich J. 1919 für die Gründung von Volkshochschulen. International bekannt wurde er jedoch v.a. durch eines seiner wissenschaftlichen Hauptwerke, in dem er „Einfache Formen“ der Volkspoesie als Vorformen literarischer Gattungen untersuchte. Der Band wurde in verschiedene Sprachen übersetzt und hat bis in die Gegenwart Neuauflagen erlebt. Für die volkskundliche Erzählforschung ist er noch immer Grundlagenliteratur, nur im Hinblick auf die Sage bedarf er einer prinzipiellen Korrektur.