Florian Stoß

S. wurde vermutlich in den 1480er-Jahren in Krakau als Sohn des berühmten Bildschnitzers Veit Stoß d.Ä. geboren und auf den Namen des polnischen Landespatrons, des hl. Florian, getauft. Nach der Rückkehr der Familie nach Nürnberg 1496 dürfte er seine Ausbildung in einer dortigen Goldschmiedewerkstatt erhalten haben. 1513 erwarb S. das Bürgerrecht in Görlitz, wo er sich als Goldschmiedemeister niederließ. Zwei Jahre später wurde er vom Prediger Michael Arnold mit der Herstellung eines Pazifikales für die Görlitzer Stadtkirche St. Peter und Paul beauftragt. Dieser Auftrag ist die einzige überlieferte Nachricht über eines seiner Werke. Seine Goldschmiedetätigkeit in Görlitz scheint nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein. 1520 musste der Görlitzer Stadtrat für S. in einem Rechtsstreit gegenüber dem obersten Hofrichter des Königreichs Böhmen, Peter Berka von Duba, bürgen. Danach verließ S. vorübergehend die Neißestadt, kehrte jedoch im Februar 1525 wieder zurück. Durch den verheerenden Stadtbrand, der Görlitz im Juni 1525 heimsuchte, verarmte der Goldschmied vermutlich noch weiter, denn im gleichen Jahr wandte sich der Görlitzer Stadtrat an seinen Vater in Nürnberg, damit dieser für die Schulden seines Sohnes aufkomme. Im Netzwerk der Familie Stoß, zu der namhafte Bildschnitzer, Maler und Goldschmiede gehörten, spielte S. eine zentrale Rolle. Zwischen 1531 und 1534 bildete er in seiner Görlitzer Werkstatt seinen Stiefbruder Martin zum Goldschmied aus, der später in Krakau, Mediasch (rumän. Mediaş) und Nürnberg tätig war. Auch sein Sohn Veit d.J. wurde Goldschmied, erhielt jedoch seine Ausbildung nicht in der väterlichen Werkstatt, sondern in Breslau (poln. Wrocław); bis 1569 war er als Steinmetz im schlesischen Frankenstein (poln. Ząbkowice Şlaski) tätig. S. ließ nach dem Tod des Vaters sein Erbteil, das neben Bargeld, Hausrat und Kleidung auch einige Bildwerke aus der väterlichen Werkstatt umfasste, durch den Görlitzer Stadtrat in Nürnberg einfordern. In einem diesbezüglichen Schreiben vom 3.12.1533 bezeichnen ihn die Görlitzer Ratsherren als einen „armen unbehausten Handwergsmann, der mit unerzogenen [unmündigen] Kindern befallen [ist]“. S. wohnte zu dieser Zeit im Reichenbacher Viertel von Görlitz. Im gleichen Jahr wurde er auch Erbe seines Bruders Stanislaus, der in Krakau als Bildschnitzer tätig gewesen war. 1534 beerbte er seinen Bruder Matthias, der als Kaufmann in Pilsen (tschech. Plzeň) verstorben war. Auch sein Bruder Andreas, Prinzipal des Karmeliterordens in Nürnberg, setzte S. als seinen Erben ein. Von ihm erbte er gemeinsam mit dem Nürnberger Goldschmied Sebald Gar 1540 u.a. den in der Nürnberger Salvatorkirche aufgestellten Marienaltar, das letzte Altarwerk des Vaters. Andreas hatte es 1525 der Nürnberger Kirche seines Ordens gestiftet, jedoch nie vollständig bezahlt, wodurch die Stiftung nicht in Kraft getreten war. Das Retabel war dadurch Eigentum des Stifters geblieben, doch erst nach einem mehrjährigen Rechtsstreit konnten seine Erben, S. und Gar, 1543 die Herausgabe des Altars durch den Nürnberger Rat erwirken. Sie verkauften das Retabel nach Bamberg, wo es ab dem 18. Jahrhundert in der Oberkirche stand und sich seit 1933 im Dom befindet. Von den Einkünften aus den mehrfachen Erbschaften scheint S. sich in den späten 1530er- und frühen 1540er-Jahren finanziert zu haben, denn man erfährt in dieser Zeit nichts über eigene Goldschmiedewerke. 1543 verließ er Görlitz und zog nach kurzem Aufenthalt in Frankenstein, wo sein Sohn als Steinmetz arbeitete, ins nordböhmische Aussig (tschech. Ustí nad Labem). Über dort entstandene Goldschmiedewerke liegen ebenfalls keine Nachrichten vor. Ein Nachfahre von S., der Kürschner Valten Stoß, ist in Aussig bis ins frühe 17. Jahrhundert nachweisbar.

Werke Pazifikale, 1513, Görlitzer Stadtkirche St. Peter und Paul.

Literatur Heinrich, Zur Künstlergeschichte, in: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 26/1879, Sp. 109f.; E. Wernicke, Florian S., in: ebd., Sp. 359f.; J. Ptaśnik, Ze studyow nad Witem Stwoszem i jego rodziną [Zu den Studien über Veit Stoß und seine Familie], in: Rocznik Krakowski 13/1911, S. 111-186, hier S. 122; M. Loßnitzer, Veit Stoß, Leipzig 1912, S. 12f., 145f., 159, 161, 208-210, LXVI-LXVIII, LXXIII; B. Daun, Veit Stoß und seine Schule, Leipzig 21916, S. 76, 167, 238; E. Wentscher, Die ältesten Görlitzer Bürgerrechtslisten 1379-1600, Görlitz 1928, S. 92, 104; F. J. Wünsch, Nachkommen des Nürnberger Meisters Veit Stoß in Aussig?, in: Beiträge zur Heimatkunde des Aussig-Karbitzer Bezirkes 10/1930, S. 83f.; A. Jaeger, Veit Stoß und sein Geschlecht, Neustadt/Aisch 1958; S. Dettloff, Wit Stwosz, Bd. 1, Breslau 1961, S. 18, 25; E. Hintze, Schlesische Goldschmiede, Osnabrück 1979, S. 26; G. Bräutigam, Ehemaliger Hochaltar der Karmeliterkirche in Nürnberg, in: Veit Stoß in Nürnberg, hrsg. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, München 1983, S. 333-350, hier S. 344f.; A. Ziomecka, Veit Stoß und die spätgotische Skulptur Schlesiens, in: Veit Stoß. Die Vorträge des Nürnberger Symposions, hrsg. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, München 1985, S. 169-279, hier S. 269; V. Houfek, K některým Ústeckým renesančním památkám ve sbírkách muzea města Ústí nad Labem [Zu einigen Aussiger Renaissancedenkmälern in der Sammlung des Aussiger Museums], in: M. Hrubá/P. Hrubý (Red.), Renesanční sochařství a malířství v severozápadních Čechách [Bildhauerei und Malerei der Renaissance in Nordwestböhmen], Ústí nad Labem 2001. – DBA II; Thieme/Becker, Bd. 32, Leipzig 1938, S. 129.

Kai Wenzel
20.2.2009


Empfohlene Zitierweise:
Kai Wenzel, Artikel: Florian Stoß,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23279 [Zugriff 20.12.2024].

Florian Stoß



Werke Pazifikale, 1513, Görlitzer Stadtkirche St. Peter und Paul.

Literatur Heinrich, Zur Künstlergeschichte, in: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 26/1879, Sp. 109f.; E. Wernicke, Florian S., in: ebd., Sp. 359f.; J. Ptaśnik, Ze studyow nad Witem Stwoszem i jego rodziną [Zu den Studien über Veit Stoß und seine Familie], in: Rocznik Krakowski 13/1911, S. 111-186, hier S. 122; M. Loßnitzer, Veit Stoß, Leipzig 1912, S. 12f., 145f., 159, 161, 208-210, LXVI-LXVIII, LXXIII; B. Daun, Veit Stoß und seine Schule, Leipzig 21916, S. 76, 167, 238; E. Wentscher, Die ältesten Görlitzer Bürgerrechtslisten 1379-1600, Görlitz 1928, S. 92, 104; F. J. Wünsch, Nachkommen des Nürnberger Meisters Veit Stoß in Aussig?, in: Beiträge zur Heimatkunde des Aussig-Karbitzer Bezirkes 10/1930, S. 83f.; A. Jaeger, Veit Stoß und sein Geschlecht, Neustadt/Aisch 1958; S. Dettloff, Wit Stwosz, Bd. 1, Breslau 1961, S. 18, 25; E. Hintze, Schlesische Goldschmiede, Osnabrück 1979, S. 26; G. Bräutigam, Ehemaliger Hochaltar der Karmeliterkirche in Nürnberg, in: Veit Stoß in Nürnberg, hrsg. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, München 1983, S. 333-350, hier S. 344f.; A. Ziomecka, Veit Stoß und die spätgotische Skulptur Schlesiens, in: Veit Stoß. Die Vorträge des Nürnberger Symposions, hrsg. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, München 1985, S. 169-279, hier S. 269; V. Houfek, K některým Ústeckým renesančním památkám ve sbírkách muzea města Ústí nad Labem [Zu einigen Aussiger Renaissancedenkmälern in der Sammlung des Aussiger Museums], in: M. Hrubá/P. Hrubý (Red.), Renesanční sochařství a malířství v severozápadních Čechách [Bildhauerei und Malerei der Renaissance in Nordwestböhmen], Ústí nad Labem 2001. – DBA II; Thieme/Becker, Bd. 32, Leipzig 1938, S. 129.

Kai Wenzel
20.2.2009


Empfohlene Zitierweise:
Kai Wenzel, Artikel: Florian Stoß,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23279 [Zugriff 20.12.2024].