Leo Fantl

F. kam um 1910 als promovierter Germanist nach Dresden. Über seine Prager Jahre ist kaum etwas bekannt. In Dresden fand er eine Anstellung als Feuilletonredakteur bei den „Dresdner Nachrichten“. Außerdem gehörte er zu den aktivsten Mitgliedern der Dresdner Israelitischen Religionsgemeinde, der er etwa 20 Jahre angehörte. Für das „Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde Dresden“ verfasste er mehrere Aufsätze, in denen er sich einerseits zu seiner jüdischen Religion bekannte und andererseits eindeutig sein Deutschtum bekräftigte. Als Leiter des Dresdner Synagogenchores und mit seinem Fachwissen auf dem Gebiet der Synagogenmusik begleitete er interne sowie öffentliche Veranstaltungen der Gemeinde im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Als Musikalischer Leiter trat er auch in öffentlichen Veranstaltungen der Stadt auf, wie etwa 1920 beim Sächsischen Künstlerhilfsbund. Als am 10.4.1929 eine Rundfunksendung mit dem Dresdner Synagogenchor im Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig ausgestrahlt wurde, wirkte auch F. mit. Sein einleitender Vortrag wurde im „Gemeindeblatt“ als glänzend gewürdigt. F. war jedoch auch mit anderen Themen im Rundfunk präsent. So sprach er beispielweise am 31.8.1932 zum Thema „Operette von heute“. Zu einem seiner letzten öffentlichen Auftritte in Dresden gehörte ein Kunstabend, den die „Vereinigung für das liberale Judentum e.V.“, Ortsgruppe Dresden, im Künstlerhaus am 21.1.1933 veranstaltete. Höhepunkt und gleichzeitig Abschied von F.s öffentlichem Wirken in Dresden war ein Wohltätigkeitskonzert in der Synagoge am 19.3.1933 mit namhaften Dresdner Künstlern. – Im April 1933 wurde F. bei der Dresdner Zeitung entlassen, zum 1.7.1933 wurde ihm offiziell gekündigt. F. verließ seine Dresdner Wohnung und flüchtete mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern aus der Stadt. Bis zum Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Tschechoslowakei wirkte er in der Israelitischen Gemeinde in Reichenberg/Liberec als Chorleiter, Verwaltungsbeamter und Schuloberhaupt. In seiner Geburtsstadt Prag bemühte er sich von 1938 bis 1939 ergebnislos um die Ausreise nach Palästina. Schließlich fand er bis Anfang Juli 1943 bei der Prager Israelitischen Religionsgemeinde in der Flüchtlingsfürsorge eine Tätigkeit. Am 5.7.1943 wurde F. mit dem Transport „De 441“ von Prag nach Theresienstadt deportiert. Am selben Tag wurden auch seine Frau und ihre zwei Kinder nach Theresienstadt gebracht. Am 6.9.1943 wurde die Familie Fantl weiter deportiert und kam am 8.9.1943 mit dem Transport „Dm“ in Birkenau (Auschwitz II) an. Den Winter überstanden sie trotz Hunger, Kälte, Erschöpfung und Krankheiten. Am 8.3.1944 wurde F. mit seiner Frau und den beiden Kindern in die Gaskammer getrieben und ermordet.

Literatur A. Schindler, Aktenzeichen „Unerwünscht“, Dresden 1999, S. 67-69 (P); dies., Dresdner Liste, Dresden 2003, S. 63-65 (Bildquelle). – DBA II.

Agata Schindler
21.5.2004


Empfohlene Zitierweise:
Agata Schindler, Artikel: Leo Fantl,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22300 [Zugriff 19.11.2024].

Leo Fantl



Literatur A. Schindler, Aktenzeichen „Unerwünscht“, Dresden 1999, S. 67-69 (P); dies., Dresdner Liste, Dresden 2003, S. 63-65 (Bildquelle). – DBA II.

Agata Schindler
21.5.2004


Empfohlene Zitierweise:
Agata Schindler, Artikel: Leo Fantl,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22300 [Zugriff 19.11.2024].