Eberhard Heinrich Löhr

Nach der Übersiedlung nach Leipzig wurde L. dort zu einem einflussreichen und bekannten Mitglied der Gesellschaft. Aus den Gewinnen, die er mit seinem Bankhaus erzielte, ließ er einen öffentlich zugänglichen Landschaftsgarten anlegen. – In Hornburg (Landkreis Wolfenbüttel) geboren, ließ sich L. in Leipzig nieder, erwarb das Bürgerrecht und heiratete am 20.2.1760 Rahel Charlotte, die Tochter des Kaufmanns Gottfried Barthel, der in Leipzig ein großes Handelshaus betrieb. Mit dem von ihm gegründeten Bankhaus („Wechselcomptoir“) machte L. besonders während des Siebenjährigen Kriegs lukrative Geschäfte mit Zinseinnahmen aus der Bereitstellung von Anleihen für Kriegskontributionen. Später wurde das Bankhaus von L.s Sohn Carl Eberhard Löhr weitergeführt. Der zweite Sohn Daniel Eberhard Löhr studierte Rechtswissenschaften und wurde 1795 an der Universität Leipzig promoviert. Ab 1781 war L. Mitglied des Leipziger Stadtrats und wurde 1794 zum Baumeister des Rats ernannt. Darüber hinaus war er als Vorsteher des Johannishospitals tätig. Seit 1781 gehörte er der „Vertrauten Gesellschaft“, einer Vereinigung führender Leipziger Kaufleute an, die berufsständische, aber auch karitative Ziele verfolgte. – Nach dem Tod seines Schwiegervaters erwarb L. 1765 dessen Garten, der außerhalb der Stadtmauern lag und zu dieser Zeit noch ein sumpfiges Areal war. Nachdem man das Gebiet trockengelegt hatte, ließ L. wohl nach den Plänen des Architekten Johann Carl Friedrich Dauthe 1770/1771 einen Landschaftsgarten im englischen Stil anlegen. Er gilt als frühes Beispiel eines größeren Gartens dieser Art, der von einem Bürgerlichen errichtet wurde. Da während dieser Jahre eine Hungersnot herrschte, bot L. Bedürftigen an, gegen Lohn beim Aufbau seines Gartens zu helfen. Die etwa sechs Hektar große Fläche wurde anschließend zum Teil wirtschaftlich und zum Teil als Park genutzt. Zentrale Elemente waren eine Orangerie sowie ein künstlich angelegter See mit einer Insel. Die Anlage war öffentlich zugänglich und wurde als „Löhrs Garten“ weithin bekannt. 1777 ließ L. nach Plänen von Dauthe am südlichen Ende des Gartens ein großes, dreiflügeliges Wohnhaus (heute „Fürstenhof“) errichten. Es besaß eine aufwendig gestaltete Gartenfront mit einer Kolonnade, die den Innenhof vom Gartenbereich abgrenzte. Die Straßenfront war dagegen vergleichsweise schlicht gehalten. Später gelangte Johann Georg Keil, der Gatte von L.s Enkelin Henriette, Tochter von Carl Eberhard Löhr, in den Besitz des Gartens und des Hauses. Nachdem der Garten durch die Leipziger Völkerschlacht 1813 stark zerstört worden war, ließ Keil ihn wieder mit Bäumen bepflanzen und nahm gegenüber der Gestaltung L.s zahlreiche Veränderungen vor („Keils Garten“). – Mit einem Teil seines Vermögens baute L. eine große Kunstsammlung auf, die von seinem Sohn Carl Eberhard noch erweitert wurde. Über seine Sammelleidenschaft hinaus gab L. auch mehrere Porträts in Auftrag. 1797 hielt der Maler Anton Graff ihn und seine Frau in Einzelporträts fest. Das Porträt L.s wurde zudem von Johann Friedrich Bause als Kupferstich vervielfältigt. Auch der Leipziger Akademiedirektor Johann Friedrich August Tischbein schuf Porträts der beiden Eheleute (Gemäldegalerie Alte Meister Kassel).

Quellen Johann Gottlob Schulz, Beschreibung der Stadt Leipzig, Leipzig 1784, S. 453-456; E. Heinrich (Bürger u. Kaufmann), in: Kartei Leipziger Familien, Seite L_01371.

Literatur Eduard Trautscholdt, Zur Geschichte des Leipziger Sammelwesens, in: Magdalena George (Hg.), Festschrift Hans Vollmer, Leipzig 1957, S. 217-252; Ekhart Berckenhagen, Anton Graff. Leben und Werk, Berlin 1967; Inge Stuhr, Leipziger Kunstmäzene. Die Familien Löhr und Keil, in: Leipziger Kalender 1995, S. 131-142; Christian Forster, Johann Carl Friedrich Dauthe. Löhrs Garten und Löhrs Haus in Leipzig. Ein früher Landschaftsgarten und ein Palais im Zopfstil, in: Thomas Topfstedt/Hartmut Zwahr (Hg.), Leipzig um 1800. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte, Beucha 1998, S. 143-162; Justus Lange, Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie Alte Meister. Johann Friedrich August Tischbein. Bildnis des Eberhard Heinrich L., in: Jahrbuch der Museumslandschaft Hessen Kassel 2012, S. 74f.; Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel, hrsg. von Staatliche Museen Kassel, Kassel/Wolfratshausen 2003; 3 x Tischbein und die europäische Malerei um 1800, hrsg. von Staatliche Museen Kassel, München 2005; Harald Wentzlaff-Eggebert/Markus Bertsch/Corinne Dölling, Weimars Mann in Leipzig. Johann Georg Keil (1781-1857) und sein Anteil am kulturellen Leben der Epoche. Eine dokumentierte Rekonstruktion, Heidelberg 2009; Marianne Lutter, Das „Angenehme mit dem Nützlichen verbinden“. Löhrs Garten. Ein früher landschaftlicher Bürgergarten in Deutschland, in: Nadja Horsch/Simone Tübbecke (Hg.), Bürger, Gärten, Promenaden. Leipziger Gartenkultur im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 2018, S. 107-111. – Horst Riedel, Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, Leipzig 2005, S. 365-366.

Porträt Bildnis des Bankiers, Ratsbaumeisters und Ratsherren in Leipzig Eberhard Heinrich L., Anton Graff, um 1797, Gemälde auf Leinwand, Stadtmuseum Bautzen, Inventar-Nr. 9678, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: Rudolph Kramer (Bildquelle).

Alana Möller
23.11.2020


Empfohlene Zitierweise:
Alana Möller, Artikel: Eberhard Heinrich Löhr,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29090 [Zugriff 29.3.2024].

Eberhard Heinrich Löhr



Quellen Johann Gottlob Schulz, Beschreibung der Stadt Leipzig, Leipzig 1784, S. 453-456; E. Heinrich (Bürger u. Kaufmann), in: Kartei Leipziger Familien, Seite L_01371.

Literatur Eduard Trautscholdt, Zur Geschichte des Leipziger Sammelwesens, in: Magdalena George (Hg.), Festschrift Hans Vollmer, Leipzig 1957, S. 217-252; Ekhart Berckenhagen, Anton Graff. Leben und Werk, Berlin 1967; Inge Stuhr, Leipziger Kunstmäzene. Die Familien Löhr und Keil, in: Leipziger Kalender 1995, S. 131-142; Christian Forster, Johann Carl Friedrich Dauthe. Löhrs Garten und Löhrs Haus in Leipzig. Ein früher Landschaftsgarten und ein Palais im Zopfstil, in: Thomas Topfstedt/Hartmut Zwahr (Hg.), Leipzig um 1800. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte, Beucha 1998, S. 143-162; Justus Lange, Neuerwerbungen für die Gemäldegalerie Alte Meister. Johann Friedrich August Tischbein. Bildnis des Eberhard Heinrich L., in: Jahrbuch der Museumslandschaft Hessen Kassel 2012, S. 74f.; Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel, hrsg. von Staatliche Museen Kassel, Kassel/Wolfratshausen 2003; 3 x Tischbein und die europäische Malerei um 1800, hrsg. von Staatliche Museen Kassel, München 2005; Harald Wentzlaff-Eggebert/Markus Bertsch/Corinne Dölling, Weimars Mann in Leipzig. Johann Georg Keil (1781-1857) und sein Anteil am kulturellen Leben der Epoche. Eine dokumentierte Rekonstruktion, Heidelberg 2009; Marianne Lutter, Das „Angenehme mit dem Nützlichen verbinden“. Löhrs Garten. Ein früher landschaftlicher Bürgergarten in Deutschland, in: Nadja Horsch/Simone Tübbecke (Hg.), Bürger, Gärten, Promenaden. Leipziger Gartenkultur im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 2018, S. 107-111. – Horst Riedel, Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, Leipzig 2005, S. 365-366.

Porträt Bildnis des Bankiers, Ratsbaumeisters und Ratsherren in Leipzig Eberhard Heinrich L., Anton Graff, um 1797, Gemälde auf Leinwand, Stadtmuseum Bautzen, Inventar-Nr. 9678, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: Rudolph Kramer (Bildquelle).

Alana Möller
23.11.2020


Empfohlene Zitierweise:
Alana Möller, Artikel: Eberhard Heinrich Löhr,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29090 [Zugriff 29.3.2024].