Johann Jacob Bodemer

Da der begabte B. aus einem wenig begüterten Elternhaus stammte, erhielt er 1772 eine Freistelle an der Karlsschule in Stuttgart und war dort Mitschüler Friedrich von Schillers. Die Eltern konnten ihm keine höhere Ausbildung ermöglichen, deshalb trat er 1774 eine Kaufmannslehre an, bildete sich nebenbei fort und erlernte mehrere Fremdsprachen. 1780 bis 1784 arbeitete B. als Kommis zunächst in Frankfurt/Main und seit 1784 in Leipzig. Dort wurde der Leipziger Kaufmann Schneider auf den strebsamen B. aufmerksam und bot ihm einen Kredit von 4.000 Talern zur Gründung einer Großhandlung mit englischen Waren an. Zu diesem 1787 eröffneten Unternehmen gehörte ein Lohnverlag von Webern. Damit war B. überaus erfolgreich, sodass er um 1790 die ehemals von der Kurfürstin Maria Antonia gegründete Kattundruckerei in Naundorf bei Großenhain erwerben konnte. Unter seiner Führung expandierte die Manufaktur, und es wurden zusätzlich eine Einkaufstelle für Rohkattune und Leinwand sowie eine Bleicherei eingerichtet. Schon bald kam der Filialbetrieb hinzu, für den B. unter den Zentren der erzgebirgischen Hausweberei Zschopau zum Standort auswählte, der sich unter seinem Sohn Jacob Georg zu einer der bedeutendsten Baumwollspinnereien Sachsens entwickeln sollte. Als Leiter setzte B. den ebenfalls aus Württemberg stammenden Kaufmann Immanuel Gottlob Heßler ein, der den Gebäudebestand in Zschopau erheblich erweiterte. – 1803 erfolgte mit der Kattundruckerei im ehemaligen Schlossgarten in Eilenburg die dritte Betriebsgründung, die unter dem Einfluss des preußischen Schutzzolls aufblühte. Alle drei Betriebe firmierten als Bodemer & Co. 1818 wurde in Zschopau der erste mechanische Webstuhl mit Göpelantrieb aufgestellt. Damit gehört B. zu den Pionieren der Einführung der mechanischen Weberei in Sachsen, zusammen mit Ernst Wilhelm Conrad Gössel in Plauen/Vogtland. Diese wirtschaftliche Expansion B.s stieß noch im Jahr 1818 auf erheblichen Widerstand der Zschopauer Weber, die sich in ihrer Existenz bedroht sahen und seinen Betrieb stürmten, sodass Heßler Militär zu Hilfe holen musste. Mit staatlicher Genehmigung konnte die mechanische Weberei schließlich weiter betrieben werden. In den Folgejahren wurden in den einzelnen Fabrikteilen eine Reihe von Neuerungen eingeführt. Nachdem B. z.B. in der Zschopau ein hölzernes Wehr angelegt hatte, richtete er 1819 eine wassergetriebene Baumwollmaschinenspinnerei ein und erwarb bei Haubold und Pfaff in Chemnitz neue Maschinen. In der Naundorfer Kattunmanufaktur führte B. neue Färbemethoden ein und stellte 1804 einen von Färber Apel in Bautzen entwickelten Dampffärbeapparat auf. Die bei Großenhain und Eilenburg bedruckten und appretierten Kattune setzte B. u.a. über seine Handelsdepots in Smyrna und Triest im Ausland ab. Daneben engagierte sich B. auf sozialem Gebiet und förderte die Ausbildung von Nachwuchstalenten. Als 1830 Heßler in Zschopau starb, übergab B. die Unternehmen seinen drei Söhnen und zog sich selbst von allen Geschäften zurück.

Literatur Zschopauer Baumwollspinnerei Aktiengesellschaft (vormals Georg Bodemer), [o.O.] 1919, S. 9-19 (Bildquelle); R. Forberger, Die Manufaktur in Sachsen vom Ende des 16. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, Berlin 1958, S. 324; ders., Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800-1861, Bd. 1: 1800-1830, Berlin 1982, Bd. 1/1, S. 220, Bd. 1/2, Tab. 121, Bd. 2: 1831-1861, Leipzig 1999-2003, Bd. 2/1, S. 259ff., Bd. 2/2, Tab. 780 – DBA III.

Ursula Forberger †
10.2.2003


Empfohlene Zitierweise:
Ursula Forberger †, Artikel: Johann Jacob Bodemer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/622 [Zugriff 16.4.2024].

Johann Jacob Bodemer



Literatur Zschopauer Baumwollspinnerei Aktiengesellschaft (vormals Georg Bodemer), [o.O.] 1919, S. 9-19 (Bildquelle); R. Forberger, Die Manufaktur in Sachsen vom Ende des 16. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, Berlin 1958, S. 324; ders., Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800-1861, Bd. 1: 1800-1830, Berlin 1982, Bd. 1/1, S. 220, Bd. 1/2, Tab. 121, Bd. 2: 1831-1861, Leipzig 1999-2003, Bd. 2/1, S. 259ff., Bd. 2/2, Tab. 780 – DBA III.

Ursula Forberger †
10.2.2003


Empfohlene Zitierweise:
Ursula Forberger †, Artikel: Johann Jacob Bodemer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/622 [Zugriff 16.4.2024].