Julius Fräßdorf

F. besuchte 1863 bis 1871 die Volksschule in Neuzelle und erlernte in den folgenden Jahren bis 1874 das Töpferhandwerk. Schon während seiner Wanderschaft als Geselle trat er 1875 in Lübeck dem Allgemeinen Deutschen Töpferverein bei und wurde ein Jahr später dessen Schriftführer. Dieses Engagement brachte ihm wiederholt Maßregelungen und Gefängnisstrafen ein. 1877 bis 1880 musste F. seinen Militärdienst beim 2. sächsischen Jägerbataillon im Meißen ableisten und arbeitete anschließend erneut als Töpfer und Ofensetzer. Im Oktober 1882 begründete er zusammen mit anderen Töpfern den Fachverein der Töpfer und Berufsgenossen in Dresden, dessen erster Vorsitzender er im November desselben Jahres wurde. Im Jahr darauf - also in der Zeit der Sozialistengesetze - trat F. in die SPD ein. 1885 wurde er Vorsitzender der Zentral-Kranken- und Sterbekasse der Töpfer mit Sitz in Dresden. Als das Verbot der sozialdemokratischen Organisationen 1890 aufgehoben wurde, begann er eine Funktionärskarriere in der SPD. F. wurde zum SPD-Kreisvorsitzenden und Agitationsleiter in Dresden-Neustadt gewählt. 1892 wurde er zum ersten Mal für seine Partei als Reichstagskandidat in Pirna aufgestellt. 1895 übernahm F. den Vorsitz der Allgemeinen Ortskrankenkasse Dresden, welchen er bis zu seinem Tod behielt. Im selben Jahr wurde er auch für den Wahlkreis Pirna zum Mitglied der Zweiten Kammer des Sächsischen Landtags gewählt. Wegen des sächsischen Dreiklassenwahlrechts verlor er dieses Mandat bei den Wahlen des Jahres 1901 wieder. Dagegen konnte er nach dem Reichtagswahlrecht vom Juni 1903 bis zum Januar 1907 den Wahlkreis Pirna im bundesstaatlichen Parlament des Kaiserreichs vertreten. 1902 bis 1927 war er Vorsitzender des Aufsichtsrats des Konsumvereins „Vorwärts“ in Dresden. Ab 1903 stieg F. zum Vorsitzenden des Hauptverbands Deutscher Ortskrankenkassen sowie des Verbands Sächsischer Ortskrankenkassen auf. Mit der Einführung des Pluralwahlrechts in Sachsen kehrte er ab 1909 wieder in das Unterhaus des Landtags zurück. 1911 bis 1913 war er erster Vizepräsident und 1919 bis 1922 Präsident des Sächsischen Landtags. Kurz vor der Novemberrevolution 1918 wurde F. gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Max Wilhelm August Heldt vom sächsischen König zum Minister ernannt und amtierte vom 1. bis 13.11.1918 als königlich-sächsischer Staatsminister ohne Portefeuille. Nach Beginn der Revolution war F. zeitweise Führungsmitglied des Dresdner Arbeiter- und Soldatenrats. F. befürwortete schon im September 1919 auf dem Dresdner Parteitag der Mehrheitssozialdemokraten (MSPD), eine Regierung mit der liberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) zu bilden. Diese setzte er mit Karl Sindermann und Georg Gradnauer gegen den Widerstand des linken Flügels um Ernst Castan und Alfred Fellisch durch. F. verließ die Partei, als diese 1923 unter der Ägide von Erich Zeigner eine von der KPD tolerierte Minderheitsregierung bildete. Nachdem sich in den folgenden Jahren die sozialdemokratische Landtagsfraktion erneut in ein linkes und rechtes Lager gespaltet hatte, sodass sich 1926 zur Mitte hin die Alte Sozialdemokratische Partei Sachsen (ASPS) bildete, schloss F. sich dieser Neugründung an. Dem 1923 neu konstituierten Landtag gehörte er nicht mehr an, sondern widmete sich seinen Ämtern im Krankenkassen- und Versicherungswesen. F. verstarb 1932 an den Folgen eines schweren Blasenleidens.

Literatur F. †, in: Sächsische Gewerkschaftszeitung 8/1932, S. 91; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 447; M. Schmeitzner/M. Rudloff, Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag, Dresden 1997, S. 187f. (P); J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S.139f. (P). – DBA II, III; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Leipzig 81922, S. 412, Berlin 91928, S. 344; E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, S. 373 (Bildquelle).

Josef Matzerath
17.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Julius Fräßdorf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1496 [Zugriff 20.12.2024].

Julius Fräßdorf



Literatur F. †, in: Sächsische Gewerkschaftszeitung 8/1932, S. 91; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 447; M. Schmeitzner/M. Rudloff, Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag, Dresden 1997, S. 187f. (P); J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S.139f. (P). – DBA II, III; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Leipzig 81922, S. 412, Berlin 91928, S. 344; E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, S. 373 (Bildquelle).

Josef Matzerath
17.7.2008


Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Julius Fräßdorf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1496 [Zugriff 20.12.2024].