Jakob Heilmann
H. prägte die sächsische Architektur im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts und brachte die in Böhmen unter
Benedikt Ried entwickelten Gewölbeformen nach Sachsen. In seinen Bauten äußert sich die kulturelle Einheit, die um 1500 zwischen den Regionen südlich und nördlich des Erzgebirges bestand. – Über die Ausbildung des aus Franken stammenden Steinmetzen und Baumeisters ist nichts bekannt. Möglicherweise war er zeitweise in Prag tätig, wo er unter Ried als Parlier gearbeitet haben könnte. Auch dass H. 1513/14 als Steinmetz in Kuttenberg (tschech. Kutná Hora) tätig war, lässt sich nicht sicher nachweisen. Er muss sich aber schon zu dieser Zeit einen Namen gemacht haben, denn nachdem Peter Ulrich, Baumeister der Annenkirche zu Annaberg, Ende 1513 gestorben war, wurde H. von Herzog Georg von Sachsen im April 1515 zum neuen Baumeister der Annenkirche berufen. H. konnte sich gegen den Magdeburger Dombaumeister
Bastian Binder durchsetzen, der sich zuerst auf dieses Amt beworben hatte. Er entwarf das Gewölbe der dreischiffigen Hallenkirche und errichtete die beiden Seitenchöre. Das von ihm gestaltete Schlingrippengewölbe lehnt sich eng an die Gewölbelösungen Rieds im Wladislawsaal und im Ludwigstrakt der Prager Burg (1494-1502) an. Am 26.7.1519 konnte die Annenkirche eingeweiht werden. – Für den Wappensaal der Albrechtsburg in Meißen entwarf H. ein kunstvolles Gewölbe aus in sich verdrehten, fragmentierten und abrupt abbrechenden Rippenstücken. Herzog Georg hatte ihn im August 1521 beauftragt, Pläne für den Innenausbau des noch nicht fertig gestellten Nordostbaus der Albrechtsburg zu entwickeln. Das Gewölbe wurde im Sommer 1522 eingezogen. – Mehrfach war H. als Gutachter tätig. 1517/18 wurde er nach Brüx/Böhmen (tschech. Most) gerufen, um Pläne für den Wiederaufbau der 1513 abgebrannten Stadtkirche zu erstellen. Das neue Gewölbe, das starke Anklänge an die Annaberger Annenkirche zeigt, ist wahrscheinlich nach seinem Entwurf errichtet worden. Die Ausführung jedoch oblag dem Werkmeister
Georg von Maulbronn. H. weilte letztmals 1519 in Brüx. Für die Wenzelskirche in Naumburg sollte er 1517 einen Gewölbeentwurf anfertigen. 1521 wurde er nach Zwickau gerufen, um Risse im Langhaus der Marienkirche zu begutachten. Als Ergebnis wurde das bereits eingezogene Gewölbe auf sein Anraten hin abgebrochen. Im selben Jahr begutachtete er den Gewölbeentwurf
Caspar Teichers für die Marienkirche und legte einen eigenen Entwurf vor. Von Annaberg aus schickte er Parliere nach Zwickau, die das städtische Kaufhaus am Markt errichteten (1522-1525). – Von H. eingeführte organisatorische Neuerungen führten 1518 zum Annaberger Hüttenstreit. Weil er in Annaberg die Lehrzeit der Lehrlinge herabgesetzt und freie Bildhauer beschäftigt hatte, klagte ihn die Magdeburger Landeshütte der Steinmetzen an, gegen traditionelle Gewohnheiten zu verstoßen. Um die Vorwürfe zu klären, kamen Werkmeister und Gesellen aus Sachsen, Böhmen und Schlesien 1518 in Annaberg zum Hüttentag zusammen und sprachen H. frei. Das überlieferte Protokoll des Hüttentags ist ein wichtiges Dokument für die hoch entwickelte Organisation des Bauwesens im späten Mittelalter. – Seinen Erfolg als Baumeister verdeutlicht das nicht geringe Vermögen, das H. zusammentrug und das es ihm ermöglichte, in Annaberg die Häuser Kleine Kirchgasse 45 sowie Kupferstraße 18 zu erwerben. Am 18.6.1523 folgte noch das Haus Große Kirchgasse 3.
Quellen Steinmetzen vnd Wergkleuthe auffgerichte Ordnung vnd Bruderbuch auff St. Annaberg 1518-1519 [Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Loc. 8746].
Werke Annenkirche Annaberg, 1515-1519; Albrechtsburg Meißen, Wappensaal, 1521/22; Stadtkirche Brüx, Gewölbe, um 1513-1519.
Literatur J. Neuwirth, Der Bau der Stadtkirche in Brüx von 1517-1532, in: Mitteilungen des Vereins der Deutschen in Böhmen 30/1891/92, S. 309-388; H. Schönemann, Die Baugeschichte der Annenkirche in Annaberg, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 12/1963, S. 749-752; H. Magirius, St. Annen zu Annaberg, München/Zürich 1991; H. Burkhardt, Jacob H., Baden-Baden 2004. – DBA II, III; DBE 4, S. 499; NDB 8, S. 261f.; Thieme/Becker, Bd. 16, Leipzig 1932, S. 275.
Matthias Donath
3.6.2009
Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Jakob Heilmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2018 [Zugriff 20.12.2024].
Jakob Heilmann
Quellen Steinmetzen vnd Wergkleuthe auffgerichte Ordnung vnd Bruderbuch auff St. Annaberg 1518-1519 [Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Loc. 8746].
Werke Annenkirche Annaberg, 1515-1519; Albrechtsburg Meißen, Wappensaal, 1521/22; Stadtkirche Brüx, Gewölbe, um 1513-1519.
Literatur J. Neuwirth, Der Bau der Stadtkirche in Brüx von 1517-1532, in: Mitteilungen des Vereins der Deutschen in Böhmen 30/1891/92, S. 309-388; H. Schönemann, Die Baugeschichte der Annenkirche in Annaberg, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 12/1963, S. 749-752; H. Magirius, St. Annen zu Annaberg, München/Zürich 1991; H. Burkhardt, Jacob H., Baden-Baden 2004. – DBA II, III; DBE 4, S. 499; NDB 8, S. 261f.; Thieme/Becker, Bd. 16, Leipzig 1932, S. 275.
Matthias Donath
3.6.2009
Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Jakob Heilmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2018 [Zugriff 20.12.2024].