Johann Heinrich Köhler

Als bedeutender Goldschmied und Künstler des Dresdner Barock sowie als angesehener Stadtbürger und erfolgreicher Unternehmer stand der gebürtige Thüringer K. lange Zeit zu Unrecht im übermächtigen Schatten des aus Süddeutschland zugezogenen Johann Melchior Dinglinger. – Geboren wurde K. in der thüringischen Amtsstadt Langensalza, die zum albertinischen Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Weißenfels gehörte. In finanziell beengten Verhältnissen aufgewachsen, absolvierte er sehr wahrscheinlich dort auch die Lehrzeit bei einem Onkel, dem Goldschmied Michael Köhler. Wohl Mitte der 1690er-Jahre kam K. in die aufblühende kurfürstliche Haupt- und Residenzstadt Dresden, wo er zunächst als angestellter Goldarbeiter sein erlerntes Handwerk ausübte sowie eine erste Ehe schloss. Nach dem frühen Tod seiner Ehefrau ging er 1700 eine weitere, aus historischer Sicht durchaus pikante Verbindung ein. Seine aus Torgau stammende, verwitwete zweite Frau brachte eine natürliche Tochter des verstorbenen Kurfürsten Johann Georg IV., dem älteren Bruder Friedrich Augusts I. (August II., der Starke), mit in die Ehe. – In Dresden konnte sich K. nicht zuletzt aufgrund der steigenden Nachfrage nach Luxusgütern rasch und erfolgreich etablieren. 1701 erwarb er das Meisterrecht, 1707 das Bürgerrecht. Ab 1703 ist eine eigene Werkstatt mit den von der Goldschmiedeinnung zugelassenen zwei Lehrlingen belegt. Bereits vor 1705 gehörte K. zu denjenigen Goldschmieden und Juwelieren, bei denen Ankäufe für die kurfürstlich-königliche Preziosensammlung getätigt wurden. Neben der Beschäftigung für den Hof betätigte sich K. erfolgreich als Produzent wie als (Zwischen-)Händler von Gold- und Silberwaren, betrieb Juwelenhandel sowie verschiedene Finanzgeschäfte (Pfandleihe, Wechsel). Möglich machte dies ein gewachsenes Netzwerk persönlicher Kontakte, unter denen der sächsische Hoflieferant und Hoffaktor Ruben Meyer besonders hervorzuheben ist. 1718 wurde K. der geschäfts- und prestigefördernde Titel eines Hofjuweliers verliehen. Sein anhaltender wirtschaftlicher Erfolg ermöglichte es ihm, Ende 1719 für 4.000 Taler ein stattliches Wohn- und Geschäftshaus in bester Dresdner Innenstadtlage zu erwerben. – K.s Persönlichkeit kennzeichnet ein ausgeprägter Familiensinn, die Verbundenheit mit seiner Thüringer Heimat, aber auch ein hohes Verantwortungsbewusstsein. In Dresden führte er ein offenes Haus für Freunde, Geschäftspartner, Verwandte sowie seine zahlreichen Patenkinder. Bei seinem Tod hinterließ K. ein auf beachtliche 11.642 Taler beziffertes Gesamtvermögen. Haupterben waren die beiden Enkel des kinderlosen Hofjuweliers, die mit der Adoptivtochter in dem schuldenfreien Haus auf der Großen Frauengasse lebten. Unter den zahlreichen, von K. testamentarisch verordneten Vermächtnissen befinden sich die Stiftung eines jährlichen Gedächtnisgottesdiensts in Langensalza sowie Zuwendungen für drei wohltätige Einrichtungen in Dresden. Als beispielhaftes Zeugnis seiner Kunst stiftete K. seiner Taufkirche St. Stephan ein, bei seinem Tod 1736 noch unvollendetes, überaus prächtiges und reich mit Edelsteinen besetztes Altarkreuz. – Das Grüne Gewölbe in Dresden besitzt heute insgesamt 45 schriftlich belegte oder stilistisch zugeschriebene Objekte oder Objektgruppen K.s, von dem keine Meistermarke bekannt geworden ist. Die Palette seiner überlieferten Arbeiten reicht von kunstvoll komponierten Kleinpreziosen bis hin zu reinen Juwelierarbeiten wie etwa den Krönungsinsignien für die polnische Königskrönung Kurfürst Friedrich Augusts II. (August III.) und seiner Gemahlin Maria Josepha, die sich heute in Warschau befinden. In den 1720er-Jahren war K. am sächsisch-polnischen Hof zum bevorzugten Schöpfer von Juwelengarnituren im Dienst der Staatsrepräsentation aufgestiegen. Neben der Restaurierung von vorhandenen älteren Goldschmiedearbeiten scheint sich der Hofjuwelier aber auch um die Gestaltung des Grünen Gewölbes, des Schatzkunstmuseums Augusts des Starken, verdient gemacht zu haben.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10036 Finanzarchiv, 10006 Oberhofmarschallamt, 10119 Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Weißenfels, 10684 Stadt Dresden, Stadtgericht.

Literatur Beschreibung des sehr pretieusen Crucifixes, so der in Dresden verstorbene Königl. Hof-Jouvelier, Herr K. verfertiget ..., in: Johann Christian Crell (Hg.), Sächsisches Curiositäten=Cabinet auf das Jahr 1736, Dresden 1737, S. 367-371; Joachim Menzhausen, Der Hofjuwelier Johann Heinrich K. als Restaurator, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 5/1965/1966, S. 91-99; Dirk Syndram, Die Schatzkammer Augusts des Starken, Leipzig 1999; ders., Juwelenkunst des Barock. Johann Melchior Dinglinger im Grünen Gewölbe, München 2008; ders./Ulrike Weinhold (Hg.), Der Dresdner Hofjuwelier Johann Heinrich K. Dinglingers schärfster Konkurrent, Dresden 2019 (WV). – ADB 51, S. 312; DBA III; Thieme/Becker 21, Leipzig 1999, S. 122; AKL, Bd. 81, Berlin 2014, S. 118.

Jochen Vötsch
10.6.2020


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Johann Heinrich Köhler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2485 [Zugriff 17.5.2024].

Johann Heinrich Köhler



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10036 Finanzarchiv, 10006 Oberhofmarschallamt, 10119 Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Weißenfels, 10684 Stadt Dresden, Stadtgericht.

Literatur Beschreibung des sehr pretieusen Crucifixes, so der in Dresden verstorbene Königl. Hof-Jouvelier, Herr K. verfertiget ..., in: Johann Christian Crell (Hg.), Sächsisches Curiositäten=Cabinet auf das Jahr 1736, Dresden 1737, S. 367-371; Joachim Menzhausen, Der Hofjuwelier Johann Heinrich K. als Restaurator, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 5/1965/1966, S. 91-99; Dirk Syndram, Die Schatzkammer Augusts des Starken, Leipzig 1999; ders., Juwelenkunst des Barock. Johann Melchior Dinglinger im Grünen Gewölbe, München 2008; ders./Ulrike Weinhold (Hg.), Der Dresdner Hofjuwelier Johann Heinrich K. Dinglingers schärfster Konkurrent, Dresden 2019 (WV). – ADB 51, S. 312; DBA III; Thieme/Becker 21, Leipzig 1999, S. 122; AKL, Bd. 81, Berlin 2014, S. 118.

Jochen Vötsch
10.6.2020


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Johann Heinrich Köhler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2485 [Zugriff 17.5.2024].