Gustav Weigand

W. verfasste zahlreiche Arbeiten über Sprachen und Dialekte des südosteuropäischen Raums und gilt als einer der Pioniere in der sprachwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der rumänischen Sprache. Er entwickelte die Konzeption der Balkanphilologie, wonach die Sprachen der Balkanhalbinsel, weitgehend unabhängig von ihrer verwandtschaftlichen Zugehörigkeit, aufgrund des Ausmaßes der gegenseitigen Beeinflussung als zusammengehörige Einheit zu verstehen seien. – W. studierte 1884 bis 1888 Neuere Sprachen an der Universität Leipzig. Hierauf wurde er 1888 mit der Arbeit „Die Sprache der Olympo-Walachen“ promoviert. 1891 folgte in Leipzig die Habilitation über die Grammatik der Romanischen Sprachen mit der Arbeit „Vlacho-Meglen“. Im Anschluss daran war er bis 1896 Privatdozent für Grammatik der Romanischen Sprachen an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig und dort 1896 bis 1928 planmäßiger außerordentlicher Professor für Romanische Philologie. 1893 gründete er das Institut für rumänische Sprache an der Universität Leipzig, später auch ein Institut für bulgarische Sprache. Im Ersten Weltkrieg war W. 1917 auf kaiserlichen Befehl im besetzten Mazedonien eingesetzt. Im Rahmen des von Wilhelm II. finanzierten Forschungsprojekts „Makedonische Landeskommission“ betrieb er dort ethnografische Studien. – 1926 zog er von Leipzig nach Belgershain. Dort hatte er bereits 1916 Land erworben und schrittweise eine Obstplantage, einen Park und eine Haus errichten lassen. Nach seiner Emeritierung 1928 übergab W. die Bestände seiner privaten Institute an die Universität in Sofia. Die albanischen Bestände bildeten den Grundstock für die Nationalbibliothek in Tirana. – In der von W. 1916 gegründeten Reihe „Bulgarische Bibliothek“ erschienen bis 1919 in Leipzig neun Bände zu verschiedenen bulgarischen Themen, darunter die bulgarischen Volkslieder von Pencho Slavejkov. Diese Reihe wird seit 1996 von einem Berliner Verlag im Sinne von W. weiter geführt. – W. wurde zu seinem 70. Geburtstag Ehrenmitglied des makedonischen wissenschaftlichen Instituts. Ebenfalls zu seinen 70. Geburtstag hielt die bulgarische Akademie der Wissenschaften eine Ehrensitzung ab. Der bulgarische König Ferdinand I. verlieh ihm den Alexanderorden 2. Klasse und von der Stadtverwaltung von Sofia erhielt er die Medaille der Hauptstadt. W.s. Verdienste für die Balkanregion werden noch heute in Plovdiv (Bulgarien) und in der bulgarischen Hauptstadt Sofia mit nach ihm benannten Straßen gewürdigt. Anlässlich seines 75. Todestags veranstaltete die Universität Leipzig ein Ehrenkolloquium mit dem Titel „Ein Leipziger Blick auf den Balkan“ und zum 80. Todestag erschien in der auflagenstärksten albanischen Tageszeitung Shekulli ein ganzseitiger Artikel.

Werke Die Sprache der Olympo-Walachen nebst einer Einleitung über Land und Leute, Diss. Leipzig 1888; Vlacho-Meglen. Eine ethnographisch-philologische Untersuchung, Leipzig 1891, 21892; Die Aromunen. Ethnographisch-philologisch-historische Untersuchung über das Volke der sogenannten Makedo-Romanen oder Zinzaren, 2 Bde., Leipzig 1894/95 (ND Varna 1899 [bulg.], Thessaloniki 2001 [griech.]); Linguistischer Atlas des Dakorumänischen Sprachgebietes, 2 Bde., Leipzig 1898/1909; Praktische Grammatik der rumänischen Sprache, Leipzig 1903, 21918; mit A. Dorič, Bulgarisch-deutsches Wörterbuch, Leipzig 1913, 81944; Albanesisch-deutsches und deutsch-albanesisches Wörterbuch, Leipzig 1914; (Hg.), Bulgarische Bibliothek 1916-1919; Ethnographie von Makedonien, Leipzig 1924 (ND Sofia 1981 [bulg.]).

Literatur K. Sucher, Das Leben und Wirken von Gustav W., in: Linguistische Arbeitsberichte 42/1984, S. 45-56; H. W. Schaller, Gustav W. Sein Beitrag zur Balkanphilologie und zur Bulgaristik, München 1992; ders., Gustav W. und die nationalen Bestrebungen der Balkanvölker, in: U. Hinrichs (Hg.), Sprache in der Slavia und auf dem Balkan. Slavistische und balkanologische Aufsätze, Wiesbaden 1993, S. 215-224; T. Kahl, Gustav W. in Griechenland - von den Schwierigkeiten einer Rezeption, in: Südost-Forschungen 61/62/2002/2003, S. 399-411; A. Klosi, Verliebt in den Balkan, in: Shekulli Tirana 30.5.2010. – DBA I, II, III; DBE 10, S. 385; Gustav W., in: M. Steinmetz (Hg.), Bedeutende Gelehrte in Leipzig, Bd. 1, Leipzig 1965, S. 125-132.

Porträt Gustav W., 1908, Fotografie, Universitätsarchiv Leipzig, Fotosammlung (Bildquelle).

Bernd Weisbrich
23.1.2015


Empfohlene Zitierweise:
Bernd Weisbrich, Artikel: Gustav Weigand,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22535 [Zugriff 20.12.2024].

Gustav Weigand



Werke Die Sprache der Olympo-Walachen nebst einer Einleitung über Land und Leute, Diss. Leipzig 1888; Vlacho-Meglen. Eine ethnographisch-philologische Untersuchung, Leipzig 1891, 21892; Die Aromunen. Ethnographisch-philologisch-historische Untersuchung über das Volke der sogenannten Makedo-Romanen oder Zinzaren, 2 Bde., Leipzig 1894/95 (ND Varna 1899 [bulg.], Thessaloniki 2001 [griech.]); Linguistischer Atlas des Dakorumänischen Sprachgebietes, 2 Bde., Leipzig 1898/1909; Praktische Grammatik der rumänischen Sprache, Leipzig 1903, 21918; mit A. Dorič, Bulgarisch-deutsches Wörterbuch, Leipzig 1913, 81944; Albanesisch-deutsches und deutsch-albanesisches Wörterbuch, Leipzig 1914; (Hg.), Bulgarische Bibliothek 1916-1919; Ethnographie von Makedonien, Leipzig 1924 (ND Sofia 1981 [bulg.]).

Literatur K. Sucher, Das Leben und Wirken von Gustav W., in: Linguistische Arbeitsberichte 42/1984, S. 45-56; H. W. Schaller, Gustav W. Sein Beitrag zur Balkanphilologie und zur Bulgaristik, München 1992; ders., Gustav W. und die nationalen Bestrebungen der Balkanvölker, in: U. Hinrichs (Hg.), Sprache in der Slavia und auf dem Balkan. Slavistische und balkanologische Aufsätze, Wiesbaden 1993, S. 215-224; T. Kahl, Gustav W. in Griechenland - von den Schwierigkeiten einer Rezeption, in: Südost-Forschungen 61/62/2002/2003, S. 399-411; A. Klosi, Verliebt in den Balkan, in: Shekulli Tirana 30.5.2010. – DBA I, II, III; DBE 10, S. 385; Gustav W., in: M. Steinmetz (Hg.), Bedeutende Gelehrte in Leipzig, Bd. 1, Leipzig 1965, S. 125-132.

Porträt Gustav W., 1908, Fotografie, Universitätsarchiv Leipzig, Fotosammlung (Bildquelle).

Bernd Weisbrich
23.1.2015


Empfohlene Zitierweise:
Bernd Weisbrich, Artikel: Gustav Weigand,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22535 [Zugriff 20.12.2024].