Max Schippel

Der Sozialdemokrat S. war unter der Regierung Gradnauer Leiter der Landesstelle für Gemeinwesen und ab 1923 ordentlicher Professor für Staatswissenschaften und Sozialpolitik an der TU Dresden. – S. besuchte 1869 bis 1877 das Realgymnasium in seiner Heimatstadt und studierte dann bis 1884 in Leipzig, Berlin und Basel (Schweiz) Philosophie, Volkswirtschaft und Staatswissenschaften. 1885/86 arbeitete er für die Handelskammer in Dresden, wo er auch Kontakt zur SPD aufnahm. Danach ging er nach Berlin und war dort 1886/87 bei der Parteizeitung „Volksblatt“, 1887 bis 1890 bei der „Volkstribühne“ und 1890 bis 1893 als ständiger Mitarbeiter bei der „Neuen Zeit“ beschäftigt. Schließlich war er 1894/95 als leitender Redakteur bei der Berliner Zeitung „Der Sozialdemokrat“ tätig. In diese Zeit fällt auch seine Verurteilung zu vierzehn Monaten Gefängnis wegen politischer Vergehen. Anschließend widmete er sich erneut seiner redaktionellen Tätigkeit. Er war u.a. 1897 bis zu seinem Tod ständiger Mitarbeiter der „Sozialistischen Monatshefte“ (am Anfang unter dem Pseudonym Isegrim), 1901 bis 1927 Redakteur der Rundschau „Wirtschaft“ und 1919 bis 1922 Redakteur der Rundschau „Gewerkschaftsbewegung“. Auch politisch war er weiterhin tätig. Bereits im Februar 1890 war S. im Wahlkreis 16 (Chemnitz) für die SPD in den Deutschen Reichstag gewählt worden, welchem er bis zum November 1905 angehörte. S. galt innerhalb der Sozialdemokraten als Reformist und vertrat abweichende Meinungen u.a. gegenüber Rosa Luxemburg, deren Forderung nach Bewaffnung des ganzen Volkes er grundsätzlich ablehnte. Aus diesem Grund wurde er 1904 auf dem Bremer Parteitag der SPD auf Antrag August Bebels wegen „revisionistischer Ketzereien“ gemaßregelt. Danach entfernte sich S. immer mehr von seiner Partei und betätigte sich kaum noch politisch. 1910 bis 1919 war S. Archivar und Leiter der Sozialpolitischen Abteilung bei der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands. Von der Regierung Gradnauer wurde er am 1.7.1919 zum Leiter der neu gegründeten Landesstelle für Gemeinwesen berufen und am 1.1.1923 zum ordentlichen Professor für Staatswissenschaften und Sozialpolitik und zum Leiter des Volkswissenschaftlichen Seminars an der Technischen Hochschule Dresden ernannt. Seine Antrittsrede hielt er am 27.6.1927 über „Das Wesen der Kolonie und der kolonialen Wirtschaft“. S. wurde am 1.4.1928 emeritiert. Bereits vorab ersuchte er jedoch um Beurlaubung, da sich sein Gesundheitszustand wegen eines Gallenleidens verschlechtert hatte. Im gleichen Jahr verstarb er an den Folgen einer Operation, seine Einäscherung erfolgte am 9.6.1928.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium des Kultus und des öffentlichen Unterrichts, Akte Prof. M. S.

Werke Staatliche Lohnregulierung und die sozialreformatorischen Bestrebungen der Gegenwart, Minden 1885; Das moderne Elend und die moderne Überbevölkerung, Stuttgart 1888; Die Arbeiterklasse und die Landtagswahlen in Preußen, Berlin 1888; Die Gewerkschaften, ihr Nutzen und ihre Bedeutung für die Arbeiterbewegung, Berlin 1889; Die wirtschaftlichen Umwälzungen und die Entwicklung der Sozialdemokratie, Berlin 1889; Die deutschen Arbeiter und das Gewerbegerichts-Gesetz, Berlin 1890; Fort mit dem Dreiklassen-Wahlsystem in Preußen, Berlin 1890; Die deutsche Zuckerindustrie und ihre Subventionirten, Berlin 1891; Technisch-wirtschaftliche Revolutionen der Gegenwart, Berlin 1891; Die Währungs-Frage und die Sozialdemokratie, Berlin 1896; Der Zentralverband der Scharfmacher und die Sozialpolitik Deutschlands, Berlin 1899; Gewerkschaften und Koalitionsrecht der Arbeiter, Berlin 1899; Grundzüge der Handelspolitik, Berlin 1902; Sozialdemokratisches Reichstags-Handbuch, Berlin 1902; Zuckerproduktion und Zuckerprämien bis zur Brüsseler Konvention 1902, Stuttgart 1903; Amerika und die Handelsvertragspolitik, Berlin 1906; Die fremden Arbeitskräfte und die Gesetzgebung der verschiedenen Länder, Stuttgart 1907; Hochkonjunktur und Wirtschaftskrisis, Berlin 1908; England und wir. Kriegsbetrachtungen eines Sozialisten, Berlin 1917; mit H. Cunow/O. Hue, Monopolfrage und Arbeiterklasse, Berlin 1917; Die Gewerkschaften, der Krieg und die Revolution, Berlin 1919; Arbeitsgemeinschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften in England, Dresden 1920; Die Sozialisierungsbewegung in Sachsen, Leipzig 1920; mit O. Schoele, Die Organisation des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Deutschland, Leipzig 1921; Zum Kommunalisierungs-Gesetzentwurf, Dresden 1921; Die Praxis der Handelspolitik, Berlin 1917, ²1922; Amerikas Wirtschafts- und Finanzlage und die Wiederaufrichtung Europas, Stuttgart 1921.

Literatur H. Herkner, Die Arbeiterfrage, Bd. 2, Berlin 1922, S. 402; Hochschulfragen, Dresdner Volkszeitung 15.1.1923. – DBA II, III; DBE 8, S. 647; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Leipzig 81922, S. 1352; F. Osterroth, Biographisches Lexikon des Sozialismus, Bd. 1, Hannover 1960, S. 263-265; D. Petschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln u.a. 2003, S. 839; P. Russig/M. Schmeitzner, Biographien sächsischer Sozialdemokraten, Dresden 1995, S. 26; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 720.

Porträt G. Dahms, Das Literarische Berlin, Berlin 1895, S. 178 (Bildquelle).

Andreas Peschel
12.5.2014


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Peschel, Artikel: Max Schippel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3490 [Zugriff 19.11.2024].

Max Schippel



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium des Kultus und des öffentlichen Unterrichts, Akte Prof. M. S.

Werke Staatliche Lohnregulierung und die sozialreformatorischen Bestrebungen der Gegenwart, Minden 1885; Das moderne Elend und die moderne Überbevölkerung, Stuttgart 1888; Die Arbeiterklasse und die Landtagswahlen in Preußen, Berlin 1888; Die Gewerkschaften, ihr Nutzen und ihre Bedeutung für die Arbeiterbewegung, Berlin 1889; Die wirtschaftlichen Umwälzungen und die Entwicklung der Sozialdemokratie, Berlin 1889; Die deutschen Arbeiter und das Gewerbegerichts-Gesetz, Berlin 1890; Fort mit dem Dreiklassen-Wahlsystem in Preußen, Berlin 1890; Die deutsche Zuckerindustrie und ihre Subventionirten, Berlin 1891; Technisch-wirtschaftliche Revolutionen der Gegenwart, Berlin 1891; Die Währungs-Frage und die Sozialdemokratie, Berlin 1896; Der Zentralverband der Scharfmacher und die Sozialpolitik Deutschlands, Berlin 1899; Gewerkschaften und Koalitionsrecht der Arbeiter, Berlin 1899; Grundzüge der Handelspolitik, Berlin 1902; Sozialdemokratisches Reichstags-Handbuch, Berlin 1902; Zuckerproduktion und Zuckerprämien bis zur Brüsseler Konvention 1902, Stuttgart 1903; Amerika und die Handelsvertragspolitik, Berlin 1906; Die fremden Arbeitskräfte und die Gesetzgebung der verschiedenen Länder, Stuttgart 1907; Hochkonjunktur und Wirtschaftskrisis, Berlin 1908; England und wir. Kriegsbetrachtungen eines Sozialisten, Berlin 1917; mit H. Cunow/O. Hue, Monopolfrage und Arbeiterklasse, Berlin 1917; Die Gewerkschaften, der Krieg und die Revolution, Berlin 1919; Arbeitsgemeinschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften in England, Dresden 1920; Die Sozialisierungsbewegung in Sachsen, Leipzig 1920; mit O. Schoele, Die Organisation des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Deutschland, Leipzig 1921; Zum Kommunalisierungs-Gesetzentwurf, Dresden 1921; Die Praxis der Handelspolitik, Berlin 1917, ²1922; Amerikas Wirtschafts- und Finanzlage und die Wiederaufrichtung Europas, Stuttgart 1921.

Literatur H. Herkner, Die Arbeiterfrage, Bd. 2, Berlin 1922, S. 402; Hochschulfragen, Dresdner Volkszeitung 15.1.1923. – DBA II, III; DBE 8, S. 647; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Leipzig 81922, S. 1352; F. Osterroth, Biographisches Lexikon des Sozialismus, Bd. 1, Hannover 1960, S. 263-265; D. Petschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln u.a. 2003, S. 839; P. Russig/M. Schmeitzner, Biographien sächsischer Sozialdemokraten, Dresden 1995, S. 26; W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 720.

Porträt G. Dahms, Das Literarische Berlin, Berlin 1895, S. 178 (Bildquelle).

Andreas Peschel
12.5.2014


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Peschel, Artikel: Max Schippel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3490 [Zugriff 19.11.2024].