Camillo Schneider

Als botanischer Fachmann, herausragender Dendrologe sowie durch seine publizistische Tätigkeit beeinflusste S. zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich die Entwicklungen in der Gartenkunst. Im Alter von 16 Jahren musste er das Gymnasium, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten des Vaters, mit der Ober-Sekundarreife verlassen. Da ihm damit eine Universitätslaufbahn vorerst verwehrt blieb, absolvierte er 1892 eine zweijährige Gärtnerlehre in der Baumschule Hermann in Zeitz. Anschließend folgte zwischen 1894 und 1896 eine Ausbildung an der Gärtnerlehranstalt Laubegast in Dresden, an der Max Bertram zu dieser Zeit Direktor war. Anschließend vertiefte er sein fachspezifisches Wissen in den botanischen Gärten von Berlin und Greifswald. Während seiner Tätigkeit in der Stadtgärtnerei Berlin-Treptow, deren Geschäftsführung damals Carl Hampel oblag, wurde er erneut mit den von ihm später streng kritisierten Gestaltungsprinzipien der Lenné-Meyer’schen Schule konfrontiert. Ab 1899 arbeitete S. als Obergärtner bei dem Gartenarchitekten Friedrich Mäcker in Berlin-Friedenau. Neben dieser Verpflichtung trat er mit verschiedenen kleineren Publikationen hervor, u.a. in den Zeitschriften „Gartenwelt“ und „Natur und Haus“. Im Frühjahr 1900 zog S. nach Wien zu seinem Bruder, der dort als Professor für Zoologie und Philosophie tätig war. S. selbst arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der botanischen Abteilung des Kaiserlich-Königlich naturhistorischen Hofmuseums. Neben seinen botanischen Studien entstanden hier 1903 seine Erstlingswerke „Dendrologische Winterstudien“ und „Illustriertes Handbuch der Laubholzkunde“, mit denen er sich in der dendrologischen Fachwelt einen Namen machte. In den Folgejahren unternahm S. ausgedehnte Studienreisen durch ganz Europa und trug dort umfangreiches Pflanzenmaterial zusammen. Im Frühjahr wurde er Generalsekretär der Österreichisch-Ungarischen Dendrologischen Gesellschaft, in deren Auftrag er 1908 den Kaukasus und 1913 bis 1915 die Provinz Yunnan im Südwesten Chinas bereiste. Ziel der Forschungsreisen war es, ein neues, unbekanntes Pflanzenspektrum zu erschließen, das anschließend in Europa kultiviert werden könnte. Während des Ersten Weltkriegs wanderte S. in die USA aus und war bis zu seiner Rückkehr nach Wien im Oktober 1919 für Alfred Rehder am Arnold-Arboretum der Harvard-Universität in Jamaica Plain bei Boston tätig. 1920 übernahm er eine Stelle als Generalsekretär bei der österreichischen Gartenbau-Gesellschaft, die er jedoch schon kurze Zeit darauf wieder aufgab. – S. siedelte nach Berlin um, wo er sich als Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Gartenschönheit“ voll seiner redaktionellen Tätigkeit widmen konnte. Zusammen mit Karl Förster und Oskar Kühl wirkte S. als Koautor an der Buchreihe „Bücher der Gartenschönheit“ mit. Nachdem seine erste Ehe geschieden worden war, heiratete S. 1925 die in England aufgewachsene Margot Haupt. Im Frühjahr 1930 gründete S. die „Arbeitsgemeinschaft für Deutsche Gartenkultur“, die v.a. Samen und Setzlinge der verschiedenen Züchter standardisierte und sie auf ihre Verwendbarkeit hin prüfte. Mangels finanzieller Mittel wurde die Arbeitsgemeinschaft 1932 aufgelöst. – Trotz Sanktionen durch die Nationalsozialisten gelang es S. weiterhin, in der „Gartenschönheit“, die während der Kriegsjahre in „Gartenbau im Reich“ umbenannt wurde, zu publizieren. Dabei vermied er weitestgehend das Vokabular des NS-Regimes und verwahrte sich als einer der wenigen Fachleute gegen die Doktrin zur ausschließlichen Verwendung „bodenständiger“ Pflanzen. 1934 bis 1944 war er als Landschaftsanwalt am Bau der Reichsautobahn, speziell für die Gestaltung der Autobahnstrecke Berlin-Brandenburg, beteiligt. – In der Nachkriegszeit betätigte sich S. weiterhin publizistisch. Doch war er am Ende seines Lebens nahezu mittellos. Mangelernährung und schlechte ärztliche Grundversorgung während des Kriegs führten mit dazu, dass S. nach schwerer Krankheit an den Folgen eines Gehirnschlags in Berlin-Schöneberg starb. – Da keine von S. gestalteten Pläne erhalten sind, kann seine Bedeutung als freischaffender Gartenkünstler nur schwer beurteilt werden. Mit seinen Büchern „Deutsche Gartengestaltung und Kunst“ (1904) und „Landschaftliche Gartengestaltung“ (1907) übte S. Kritik an der damals vorherrschenden Lenné-Meyer’schen Schule - dem Landschaftsgarten im gemischten Stil - und forderte die allgemeine Benutzbarkeit der Gärten sowie eine architektonisch ausgerichtete Gestaltung. Als Botaniker und herausragender Dendrologe, v.a. aber auch durch seine publizistische Tätigkeit beeinflusste S. die Entwicklungen in der Gartenkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich.

Werke Dendrologische Winterstudien, Jena 1903; Gärtnerische Vermessungskunde, Leipzig 1903; Deutsche Gartengestaltung und Kunst, Leipzig 1904; Illustriertes Handbuch der Laubholzkunde, 2 Bde., Jena 1904-1912; (Hg.), C. K. S.s Illustriertes Handwörterbuch der Botanik, Leipzig 1905; Landschaftliche Gartengestaltung, Leipzig 1907; mit E. Graf Silva-Tarouca (Hg.), Kulturhandbücher für Gartenfreunde, Bd.1: Unsere Freiland-Stauden, Berlin/Wien 1910, Bd. 2: Unsere Freiland-Laubgehölze, Berlin/Wien 1913; Bd. 3: Unsere Freiland-Nadelhölzer, Berlin/Wien 1913; mit W. Mütze (Hg.), Das Rosenbuch, Berlin-Westend 1924; Wildrosen und Gartenrosen mit Wildrosencharakter, Berlin 1941.

Literatur H. Daetz, Camillo Karl S., in: Stadt und Grün 49/2000, H. 4, S. 261-268 (P); C .Vierle, Camillo S., Berlin 1998 (WV, P). – DBA II; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Leipzig 101935; G. Gröning/J. Wolschke-Bulmahn, Grüne Biographien, Berlin/Hannover 1997, S. 341.

Porträt F.-G. Schroeder, Camillo S., der Pate des DDG-Förderpreises, in: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft 86/2001, S. 9 (Bildquelle).

Claas Heynowski
7.12.2010


Empfohlene Zitierweise:
Claas Heynowski, Artikel: Camillo Schneider,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25545 [Zugriff 20.12.2024].

Camillo Schneider



Werke Dendrologische Winterstudien, Jena 1903; Gärtnerische Vermessungskunde, Leipzig 1903; Deutsche Gartengestaltung und Kunst, Leipzig 1904; Illustriertes Handbuch der Laubholzkunde, 2 Bde., Jena 1904-1912; (Hg.), C. K. S.s Illustriertes Handwörterbuch der Botanik, Leipzig 1905; Landschaftliche Gartengestaltung, Leipzig 1907; mit E. Graf Silva-Tarouca (Hg.), Kulturhandbücher für Gartenfreunde, Bd.1: Unsere Freiland-Stauden, Berlin/Wien 1910, Bd. 2: Unsere Freiland-Laubgehölze, Berlin/Wien 1913; Bd. 3: Unsere Freiland-Nadelhölzer, Berlin/Wien 1913; mit W. Mütze (Hg.), Das Rosenbuch, Berlin-Westend 1924; Wildrosen und Gartenrosen mit Wildrosencharakter, Berlin 1941.

Literatur H. Daetz, Camillo Karl S., in: Stadt und Grün 49/2000, H. 4, S. 261-268 (P); C .Vierle, Camillo S., Berlin 1998 (WV, P). – DBA II; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Leipzig 101935; G. Gröning/J. Wolschke-Bulmahn, Grüne Biographien, Berlin/Hannover 1997, S. 341.

Porträt F.-G. Schroeder, Camillo S., der Pate des DDG-Förderpreises, in: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft 86/2001, S. 9 (Bildquelle).

Claas Heynowski
7.12.2010


Empfohlene Zitierweise:
Claas Heynowski, Artikel: Camillo Schneider,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25545 [Zugriff 20.12.2024].