Carl Riccius

R. stand über Jahrzehnte hinweg im Dienst des sächsischen Hofs, wirkte in unterschiedlichen Positionen in der Hofkapelle und am Hoftheater und gestaltete das reiche Musikleben Dresdens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts maßgeblich mit. – Gefördert durch die Protektion des Kunstmäzens Anton Serre erhielt der früh verwaiste R. seine erste musikalische Ausbildung u.a. bei Friedrich Wieck, einem der bedeutendsten Musikpädagogen jener Zeit, und beim Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle, Franz Schubert. Nach der Studienzeit am Leipziger Konservatorium (1844-1846), wo R.s Bruder Heinrich Julius Schüler des Violinvirtuosen Ferdinand David war, wurde er in noch jugendlichem Alter 1847 als Aspirant (Violine) in der Königlich Sächsischen musikalischen Kapelle angestellt. 1852 avancierte R. zum Kammermusiker, 1858 wurde er Zweiter Konzertmeister. Im Jahr darauf übernahm er den Posten des Korrepetitors. Die Bedeutung R.s beruht jedoch vornehmlich auf seinem Wirken als Direktor des Chors des Königlichen Hoftheaters ab 1863. Unter seiner Leitung behauptete der Chor nicht nur den alten Ruhm, sondern gewann an Ansehen hinzu. Im Amt des Chordirektors verblieb R. auch, nachdem er 1871 zunächst das Prädikat eines Musikdirektors des Königlichen Hoftheaters und später 1876 die Anstellung in dieser Funktion erhielt. Seine Laufbahn erreichte mit der Verleihung des Prädikats eines königlich sächsischen Kapellmeisters 1887 ihren Höhepunkt. Die sich hier abzeichnende Anerkennung von Seiten des Hofs fand in der Haltung der Orchesterkollegen, insbesondere der Konzertmeister, keineswegs uneingeschränkt ihre Entsprechung, was bisweilen mühselige Auseinandersetzungen zur Folge hatte. – Zusammen mit dem Flötisten Moritz Fürstenau gehörte R. zu jenen Kapellmusikern, die 1845 den Dresdner Tonkünstlerverein ins Leben riefen und damit eine auf Kammermusik ausgerichtete Pflegestätte begründeten, die sich in der Folgezeit als Gegengewicht zur höfischen Oper etablierte und von der damaligen Musikwelt überregional geachtet wurde. Nach dem Tod Fürstenaus 1889 übernahm R. dessen Amt als Kustos der königlichen Privatmusikaliensammlung und so die bibliothekarische Aufsicht über einen europaweit erstrangigen Quellenfundus. In dieser Funktion stand er in Kontakt mit den internationalen Musikinstitutionen und unterhielt Korrespondenzen z.B. mit den Musikforschern Guido Adler, Robert Eitner und Philipp Spitta. Offenbar leichthin stellte R. wertvolle Quellen aus dem Bestand der Privatmusikaliensammlung für die Wiener „Kunst-, Musikalien- und Musikinstrumenten-Ausstellung“ 1893 zur Verfügung. Möglicherweise zeichnete er auch für den sorglosen Verkauf sog. Dubletten verantwortlich. Während der etwa vierjährigen Tätigkeit konnte R. indes kaum Profil zeigen, weshalb sein Wirken als Musikbibliothekar bis heute im Schatten der jahrzehntelangen Bemühungen Fürstenaus um die Sammlung steht. – Das weite Tätigkeitsspektrum R.s wird durch sein Wirken als Komponist von Liedern sowie Chor-, Bühnen- und Klaviermusik abgerundet. Die zu seinen Lebzeiten beliebten Werke sind inzwischen jedoch nahezu vergessen.

Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Bibliotheksarchiv; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10711 Ministerium des Königlichen Hauses, 11125 Ministerium für Volksbildung.

Werke Vokalmusik: Blüh’ ewig fort du Haus Wettin!, für Soli, gemischten Chor, 2 Kornette, 4 Hörner, Posaune, Bass und Pauken; Dithyrambe, für Solosopran und gemischten Chor, 1859; In blauer Luft über Fels und Kluft, für gemischten Chor; Un moto di gioja. Valse de concert pour le chant, für Gesang und Klavier, 1863; Noch ist die fröhliche, goldene Zeit, für gemischten Chor; Des Rothbart’s Auferstehung, für Gesang und Klavier, 1871; Vier Lieder für tiefe Singstimme mit Begleitung des Pianoforte, op. 20; Bühnenmusik: Ella, Posse; Es spukt, Oper in zwei Akten, 1871; Instrumentalmusik: Pensée, op. 1, für Klavier.

Literatur H. v. Brescius, Die Königl. Sächs. musikalische Kapelle von Reissiger bis Schuch (1826-1898), Dresden 1898; L. Bolze, Serres und ihre Freunde, Dresden 2000, S. 220; H.-R. Jung, Das Gewandhausorchester, Leipzig 2006; O. Landmann, Über das Musikerbe der Sächsischen Staatskapelle, 2010. – DBA II, III; DBE 8, S. 272; RiemannL, Bd. 2, Berlin 111929, S. 1509; Deutsche Biographische Enzyklopädie der Musik, München 2003, S. 692; A. Schreiber, Von der Churfürstlichen Cantorey zur Sächsischen Staatskapelle Dresden, Dresden 2003, S. 102.

Porträt Carl R., W. Höffert, um 1892, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Sebastian Biesold
19.2.2014


Empfohlene Zitierweise:
Sebastian Biesold, Artikel: Carl Riccius,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23161 [Zugriff 19.11.2024].

Carl Riccius



Quellen Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Bibliotheksarchiv; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10711 Ministerium des Königlichen Hauses, 11125 Ministerium für Volksbildung.

Werke Vokalmusik: Blüh’ ewig fort du Haus Wettin!, für Soli, gemischten Chor, 2 Kornette, 4 Hörner, Posaune, Bass und Pauken; Dithyrambe, für Solosopran und gemischten Chor, 1859; In blauer Luft über Fels und Kluft, für gemischten Chor; Un moto di gioja. Valse de concert pour le chant, für Gesang und Klavier, 1863; Noch ist die fröhliche, goldene Zeit, für gemischten Chor; Des Rothbart’s Auferstehung, für Gesang und Klavier, 1871; Vier Lieder für tiefe Singstimme mit Begleitung des Pianoforte, op. 20; Bühnenmusik: Ella, Posse; Es spukt, Oper in zwei Akten, 1871; Instrumentalmusik: Pensée, op. 1, für Klavier.

Literatur H. v. Brescius, Die Königl. Sächs. musikalische Kapelle von Reissiger bis Schuch (1826-1898), Dresden 1898; L. Bolze, Serres und ihre Freunde, Dresden 2000, S. 220; H.-R. Jung, Das Gewandhausorchester, Leipzig 2006; O. Landmann, Über das Musikerbe der Sächsischen Staatskapelle, 2010. – DBA II, III; DBE 8, S. 272; RiemannL, Bd. 2, Berlin 111929, S. 1509; Deutsche Biographische Enzyklopädie der Musik, München 2003, S. 692; A. Schreiber, Von der Churfürstlichen Cantorey zur Sächsischen Staatskapelle Dresden, Dresden 2003, S. 102.

Porträt Carl R., W. Höffert, um 1892, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Sebastian Biesold
19.2.2014


Empfohlene Zitierweise:
Sebastian Biesold, Artikel: Carl Riccius,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23161 [Zugriff 19.11.2024].