Karl Braun

B. besuchte ab dem 29.9.1814 das Plauener Lyceum und studierte anschließend Jura an der Leipziger Universität (1824-1827). Seine Examina und die juristische Probearbeit, welche er 1829 einreichte, bestand er mit exzellenten Noten. Nach Abschluss seines Studiums begab er sich zurück ins Vogtland und übernahm zunächst den Posten eines Gerichtsdirektors auf den Rittergütern Unterlosa und Ruppertsgrün bei Plauen. Gleichzeitig arbeitete er in der Kanzlei seines Vaters. Nachdem er sein Zweites Staatsexamen abgelegt hatte, ließ er sich als Advokat in seiner Heimatstadt nieder. B. publizierte in den liberalen „Blättern aus dem Voigtlande“, die 1831 bis 1833 erschienen, und gehörte einem Presseverein an, der jedoch 1832 verboten wurde. Aus den damit verbundenen Untersuchungen erwuchs allerdings keine Anklage gegen ihn. Offensichtlich gehörte der junge Jurist aber liberalen Kreisen an, die sich als Vorläufer für politische Parteien häufig um Publikationsorgane sammelten. – Als B. 1836 zum Stellvertreter des Plauener Abgeordneten in der Zweiten Kammer des Sächsischen Landtags gewählt wurde, war er bereits Stadtverordneter in Plauen. 1839 erhielt er selbst ein Mandat und gehörte fortan zu den profiliertesten Landtagsmitgliedern der liberalen Opposition. Seine Rede gegen den Verfassungsbruch, den König Ernst August von Hannover im Juli 1837 beging, machte B. rasch auch über Sachsen hinaus bekannt. Sein Referat über einen Regierungsentwurf, der den Kriminalprozess neu regeln sollte, erlangte ebenfalls Berühmtheit, weil der Parlamentarier für Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens plädierte. Um dieser liberalen Forderung mehr öffentlichen Nachdruck zu verleihen, sammelte der Adorfer Bürgermeister Karl Gotthelf Todt, der ebenfalls der Zweiten Kammer angehörte, 1.800 Taler Spenden, um einen Rechtsexperten in Länder zu schicken, die Erfahrungen mit dieser Art von Gerichtsverfahren hatten. Die Wahl fiel auf B., der, allerdings auf eigene Kosten, das Rheinland, Belgien, Holland und Frankreich bereiste und seine Erkenntnisse 1845 publizierte. – Inzwischen war B. zu Beginn des Landtags 1845/46 zum Präsidenten der Zweiten Kammer gewählt worden. Da das Haus dem König lediglich Kandidaten vorschlagen konnte, dieser aber nach eigenem Befinden einen davon auswählte, erstaunt die Wahl B.s zunächst. Friedrich August II. und seine Minister unter der Ägide des als konservativ beleumundeten Julius Traugott von Könneritz hätten sich auch für den bisherigen Präsidenten, den konservativen Karl Haase, entscheiden können. Zeitgenossen argwöhnten jedoch schon 1846, ob B.s Präsidentschaft ein wirklicher Gewinn für die Opposition sei, denn sie entziehe dem politischen Meinungsstreit im sächsischen Unterhaus einen der führenden Köpfe. – Auch beim folgenden außerordentlichen Landtag 1847 wurde B. wieder Kammerpräsident. Als im März 1848 die Wogen der französischen Februarrevolution Sachsen erreichten und hier einen Petitionssturm auslösten, trat am 13.3. das Ministerium von Könneritz zurück. Am 16.3. ernannte der sächsische König B. zum Justizminister und Vorsitzenden im Gesamtministerium. Das Kabinett B. entsprach in seiner Programmatik den Märzforderungen. Es setzte in seiner Amtszeit die Vereidigung des Militärs auf die Verfassung statt auf den König durch, hob die Zensur auf, schuf Vereins- und Versammlungsfreiheit, erreichte die Mündlichkeit und Öffentlichkeit der Gerichtsverfahren, erzwang ein liberaleres Wahlrecht und stand den Bestrebungen zu einem deutschen Nationalstaat offen gegenüber. Die Regierung scheiterte, nachdem die Neuwahlen zum sächsischen Landtag im Dezember 1848 eine demokratische Mehrheit in beiden Kammern hervorbrachte. Diesem Parlament erschien die liberale Regierung in ihren Reformen nicht weit genug zu gehen. Gemäß den Gepflogenheiten des Parlamentarismus hätte die Regierung nach der verlorenen Wahl zurücktreten müssen. Sie blieb aber bis zum 24.2.1849 im Amt. Unter der neuen Regierung eskalierte der Streit mit dem Landtag, und das Parlament wurde kurz vor dem Maiaufstand aufgelöst. B. entzog sich nach seinem Rücktritt vom Ministerium dem politischen Tagesgeschehen. Schon während seiner Amtszeit hatte seine Gesundheit erheblich gelitten. Er erhielt den Titel eines Geheimen Rats und übernahm die Position des Amtshauptmanns in Plauen, die er bis zu seinem Tod innehatte. – Nach dem Maiaufstand gehörte B. während des Landtags 1849/50 wieder der Zweiten Kammer an, eine Wahl zum Präsidenten lehnte er jedoch ab. Als die Regierung Friedrich Ferdinand von Beust das vormärzliche Parlament restituierte, weigerte sich der ehemalige Minister, dort zu erscheinen. B. nahm erst für das Parlament 1855/56 wieder ein Mandat in der Zweiten Kammer an. Beim Landtag 1858/59 wurde er Vizepräsident dieses Hauses, Landesparlamentarier blieb er bis 1864. Daneben publizierte er in juristischen Fachzeitschriften. 1854 verlieh ihm die Universität Greifswald den Ehrendoktor der Rechte. 1867 ließ sich der 60-Jährige trotz Krankheit noch in den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bunds wählen und gehörte dort zu den Altliberalen. Im selben Jahr erwarb er das nördlich von Plauen gelegene Rittergut Röttis.

Werke Hauptstücke des öffentlich-mündlichen Straf-Verfahrens mit Staatsanwaltschaft nach französischer und holländischer Gesetzgebung, Leipzig 1845.

Literatur Lebensbeschreibung freisinniger Männer, in: R. Blum (Hg.), Vorwärts!, Leipzig 1846, S. 370-375; B. Hirschel, Sachsens Regierung, Stände und Volk, Mannheim 1846, S. 56-63; Alexander Karl Hermann B., Präsident der II. Kammer [der] sächsischen Ständeversammlung, in: Cabinet für das Nützlichste und Merkwürdigste aus dem Gebiete der Natur, der Kunst und dem Leben, verbunden mit Erzählungen, Reiseskizzen und Miscellen 1/1848, S. 89; M. Zschommler, Interessante und berühmte Vogtländer, Plauen 1913, S. 26-29; B. Haunfelder/K. E. Pollmann (Bearb.), Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867-1870, Düsseldorf 1989, S. 384; J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 63f. (P). – ADB 3, S. 269; DBA III.

Porträt Bildnis Alexander Karl Hermann B., W. H. G. Baisch, Druck, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Josef Matzerath
13.7.2009


Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Karl Braun,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/741 [Zugriff 20.12.2024].

Karl Braun



Werke Hauptstücke des öffentlich-mündlichen Straf-Verfahrens mit Staatsanwaltschaft nach französischer und holländischer Gesetzgebung, Leipzig 1845.

Literatur Lebensbeschreibung freisinniger Männer, in: R. Blum (Hg.), Vorwärts!, Leipzig 1846, S. 370-375; B. Hirschel, Sachsens Regierung, Stände und Volk, Mannheim 1846, S. 56-63; Alexander Karl Hermann B., Präsident der II. Kammer [der] sächsischen Ständeversammlung, in: Cabinet für das Nützlichste und Merkwürdigste aus dem Gebiete der Natur, der Kunst und dem Leben, verbunden mit Erzählungen, Reiseskizzen und Miscellen 1/1848, S. 89; M. Zschommler, Interessante und berühmte Vogtländer, Plauen 1913, S. 26-29; B. Haunfelder/K. E. Pollmann (Bearb.), Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867-1870, Düsseldorf 1989, S. 384; J. Matzerath, Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 63f. (P). – ADB 3, S. 269; DBA III.

Porträt Bildnis Alexander Karl Hermann B., W. H. G. Baisch, Druck, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Josef Matzerath
13.7.2009


Empfohlene Zitierweise:
Josef Matzerath, Artikel: Karl Braun,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/741 [Zugriff 20.12.2024].