Johannes Voit
Zusammen mit Friedrich Myconius nahm V. eine wichtige Position bei der Durchführung der Reformation im ernestinischen Sachsen und beim Aufbau einer lutherischen Landeskirche ein. – Die Biografie V.s ähnelt in Vielem der seines Gesinnungsgenossen und zeitweiligen Weggefährten Myconius. Beide traten in einer frühen Lebensphase in den Franziskanerorden ein und sorgten seit 1521 in ihrem Kloster in Weimar aufgrund ihrer proreformatorischen Haltung für Aufsehen. Dabei wurden sie u.a. von Kurprinz Johann Friedrich (der Großmütige) von Sachsen unterstützt, der die Mönche mit Lutherschriften versorgen ließ. Während Myconius zum Jahreswechsel 1522/23 nach Eisenach versetzt wurde, wollte die kurfürstliche Familie den begabten Kanzelredner V. gern in Weimar halten und stellte sich einem vom Franziskanerorden verhängten Predigtverbot entgegen. Tatsächlich erhielt V. am Neujahrstag 1523 noch einmal Gelegenheit, in Weimar zu predigen. Damit brach er allerdings endgültig mit seinem Konvent und musste mit Hilfe der ernestinischen Räte Anarg Heinrich von Wildenfels und
Johann Rietesel umgehend aus dem Kloster fliehen. Wildenfels brachte V. in Ronneburg in Sicherheit und veranlasste kurz darauf den Druck seiner Neujahrspredigt. V., der für die Rettungsaktion zeitlebens dankbar war, ließ sich vermutlich noch 1523 auf Bitten des Rats von Ronneburg für das dortige Pfarramt gewinnen. Er gilt damit als erster evangelischer Stadtpfarrer. Bei der Visitation Ronneburgs im März 1529 fand V.s Amtsführung im Sinne der Reformation große Anerkennung, sodass er noch bis 1539 an der Stadtkirche St. Marien tätig blieb. – Im Zuge der Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen bewilligten Kurfürst Johann Friedrich und dessen Bruder Herzog
Johann Ernst am 22.9.1539 die Abordnung V.s als Pfarrer und Superintendent nach Weißensee. V. sah dies nur als ein Provisorium an, zumal seine Freigabe von den Ernestinern auf zwei Jahre beschränkt blieb. In Weißensee wurde V. mit Widerständen konfrontiert. Gegen das Vorantreiben der Reformation im albertinischen Thüringen setzte sich insbesondere der weißenseeischen Komtur
Anastasius Schmidt entschieden zur Wehr. Schmidt enthielt V. wiederholt seine Pfarreinkünfte vor, was den in seiner Existenz bedrohten Prediger zu einer Beschwerde bei Herzog Moritz von Sachsen auf dem Leipziger Landtag von 1541 veranlasste. Da V. nicht die erhoffte Unterstützung erhielt, bat er um Rückversetzung ins ernestinische Kurfürstentum. Unter dem Naumburger Bischof Nikolaus von Amsdorf, mit dem V. neben Philipp Melanchthon in Briefwechsel stand, wurde der zunehmend verärgerte Theologe schließlich nach dem 14.3.1542 zum Domprediger in Zeitz berufen. Dort kam es im Frühjahr 1544 zu einer Begegnung mit Martin Luther, dessen positives Urteil über V. sich erhalten hat. Gleichwohl war V., bedingt durch die Ereignisse des Schmalkaldischen Kriegs, nur wenig später gezwungen, auch Zeitz zu verlassen. 1546 wird er als Feldprediger in Gotha genannt. Da eine Berufung nach Jena scheiterte, musste sich V. 1547/48 mit der Pfarrstelle in Bürgel begnügen, wo er bis zum Lebensende eher unauffällig amtierte. – V.s Leben, insbesondere seine radikale Abkehr vom Mönchtum, ist in der protestantischen Literatur immer wieder als mustergültiges Beispiel einer Glaubenskonversion angeführt worden.
Quellen D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, Briefwechsel, Bd. 10, 1.3.1542-31.12.1544, Weimar 1947; Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe, hrsg. von H. Scheible u.a., Stuttgart 1977ff.; H.-U. Delius, Der Briefwechsel des Nikolaus von Amsdorf als Bischof von Naumburg-Zeitz (1542-1546), Leipzig 1968.
Literatur G. Mentz, Johann Friedrich der Großmütige 1503-1554, Bd. 1: Johann Friedrich bis zu seinem Regierungsantritt 1503-1532, Jena 1903, S. 34f.; O. Clemen, Johann V., Franziskaner zu Weimar, erster evangelischer Pfarrer zu Ronneburg, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 30/1909, S. 434-443 (ND in: E. Koch (Hg.), Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte (1897-1944), Bd. 3: 1907-1911, Leipzig 1983, S. 276-285); A. Pfeifer, Johann V., der erste evangelische Pfarrer Ronneburgs, in: H. v. Hintzenstern (Hg.), Aus zwölf Jahrhunderten. Beiträge zur thüringischen Kirchengeschichte, Berlin 1971, S. 101-107; G. Wartenberg, Landesherrschaft und Reformation, Weimar 1988, S. 264f.; J. Bauer/D. Blaha, Herzog Johann und die „Weimarer“ Reformation, in: S. Westphal/H.-W. Hahn/G. Schmidt (Hg.), Die Welt der Ernestiner, Köln/Weimar/Wien 2016, S. 32-38.
Michael Wetzel
28.8.2018
Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Johannes Voit,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24931 [Zugriff 20.12.2024].
Johannes Voit
Quellen D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, Briefwechsel, Bd. 10, 1.3.1542-31.12.1544, Weimar 1947; Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe, hrsg. von H. Scheible u.a., Stuttgart 1977ff.; H.-U. Delius, Der Briefwechsel des Nikolaus von Amsdorf als Bischof von Naumburg-Zeitz (1542-1546), Leipzig 1968.
Literatur G. Mentz, Johann Friedrich der Großmütige 1503-1554, Bd. 1: Johann Friedrich bis zu seinem Regierungsantritt 1503-1532, Jena 1903, S. 34f.; O. Clemen, Johann V., Franziskaner zu Weimar, erster evangelischer Pfarrer zu Ronneburg, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 30/1909, S. 434-443 (ND in: E. Koch (Hg.), Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte (1897-1944), Bd. 3: 1907-1911, Leipzig 1983, S. 276-285); A. Pfeifer, Johann V., der erste evangelische Pfarrer Ronneburgs, in: H. v. Hintzenstern (Hg.), Aus zwölf Jahrhunderten. Beiträge zur thüringischen Kirchengeschichte, Berlin 1971, S. 101-107; G. Wartenberg, Landesherrschaft und Reformation, Weimar 1988, S. 264f.; J. Bauer/D. Blaha, Herzog Johann und die „Weimarer“ Reformation, in: S. Westphal/H.-W. Hahn/G. Schmidt (Hg.), Die Welt der Ernestiner, Köln/Weimar/Wien 2016, S. 32-38.
Michael Wetzel
28.8.2018
Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Johannes Voit,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24931 [Zugriff 20.12.2024].