Maria Josepha von Sachsen
Bedeutung hat M. v.a. durch ihre Heirat mit König Ferdinand VII. von Spanien erlangt. Diese Ehe steht nicht nur beispielhaft für die weitreichenden dynastischen Verbindungen des katholischen sächsischen Herrscherhauses, sondern auch für das Bestreben, die eigene Dynastie, der 1815 in Sachsen das Ende gedroht hatte, durch Heiratspolitik zu stabilisieren. An M.s Ehe geknüpfte Hoffnungen auf eine Intensivierung politischer, kultureller und v.a. wirtschaftlicher Kontakte zwischen Sachsen und Spanien erfüllten sich nicht.- M. wuchs nach dem frühen Tod ihrer Mutter als Halbwaise auf. Als Kind zeigte sie zeitweise einen schwierigen Charakter, doch kam es nicht zu der erwogenen Einweisung in das strenge Erziehungsinternat der Salesianerinnen in
Wien. In der Napoleonischen Zeit musste M. mehrmals Dresden verlassen: 1806 floh die kurfürstliche (später königliche) Familie vor den heranrückenden Franzosen nach
Frankfurt/Main, 1813 wich sie nach
Bayreuth,
Regensburg und
Prag aus und verbrachte nach der Leipziger Völkerschlacht etwa anderthalb Jahre in Prag. Nach der Rückkehr nach Dresden begann für M. und ihre Geschwister ein neuer Lebensabschnitt. Zwischen 1817 und 1819 heirateten drei von ihnen, zuerst 1817 Maria Anna, dann 1819 Friedrich August II. und - als Jüngste etwas überraschend - M. Die Initiative für M.s Ehe ging vom spanischen Hof aus. Dem bereits zweimal verwitweten König Ferdinand VII. fehlte eigener Nachwuchs, und so suchte er eine neue Gattin, um die Thronfolge zu sichern. Am 28.8.1819 fand in Dresden, in Abwesenheit Ferdinands, die Trauungszeremonie statt. Am 31.8. verließ M. mit einem etwa vierzigköpfigen Gefolge Dresden und erreichte am 20.10.1819
Madrid. – Die neue Stellung als Ehefrau und Königin war für M. eine große Herausforderung. Als ungünstig erwies sich, dass ihr Onkel, König Friedrich August I., nicht auf den Vorschlag Spaniens eingegangen war, ihr zur Eingewöhnung eine sächsische Hofdame und einen eigenen Beichtvater mitzugeben. M., die bis zu ihrer Ankunft in Madrid etwas Spanisch gelernt hatte, musste sich sehr schnell auf fremde kulturelle und familiäre Verhältnisse einstellen, was nicht besonders gut gelang. Schwierig war auch die Situation in ihrem neuen Heimatland. Politische Unruhe, Finanzmisere, Kolonialkrieg und wirtschaftlicher Niedergang hatten sich zu einer explosiven Krisensituation verwoben. Kurz nachdem M. in Spanien eingetroffen war, brach ein Aufstand aus. Liberale Offiziere proklamierten am 1.1.1820 die Verfassung, die König Ferdinand VII. 1814 beseitigt hatte, und gaben damit das Signal für die erneute Einführung der konstitutionellen Monarchie. Die Jahre der liberalen Revolution (1820-1823) waren für M. eine unangenehme Zeit. Von ihrer Erziehung her stand sie den politischen Grundsätzen eines gemäßigten Spätabsolutismus nahe, denen ihr Onkel, König Friedrich August I., bei seiner Regierungstätigkeit folgte. Eine Veränderung des politischen Systems durch einen Militär- und Volksaufstand sowie die Einführung einer Konstitution lehnte M. ab. Belastend war aber auch, dass sie nicht schwanger wurde und den großen Wunsch ihres Manns nach Thronerben nicht erfüllte. Da Ferdinand bereits Kinder gezeugt hatte, lag es nahe, die Ursache dafür bei M. zu suchen. – Ende 1823, nach der gewaltsamen Niederschlagung der liberalen Revolution durch französische Interventionstruppen, brachen für M. etwas ruhigere Zeiten an. Für ihr neues Heimatland galt das allerdings weniger, denn Spanien musste sich mit dem Zusammenbruch seines Kolonialreichs auseinandersetzen und erlebte eine Periode scharfer politischer Repression. M.s gedrückte Stimmungslage wurde aufgehellt, als ihr Vater Maximilian und ihre Schwester Amalia Ende 1824 zu einem mehrmonatigen Besuch in Spanien eintrafen. Die gemäßigt-konservative Partei am spanischen Hof wollte den Aufenthalt Maximilians nutzen, um ihre Position im Kampf mit den Ultraabsolutisten zu stärken und besonders auch die junge Königin auf ihre Seite zu ziehen. Auf entsprechende Vorstöße ging M. allerdings nicht ein, sondern hielt an ihrem Grundsatz fest, sich in die Regierungsgeschäfte nicht einzumischen. – Längere Zeit befasste sich M. mit literarischen Arbeiten. Bereits als Kind hatte sie Verse verfasst und darin beachtliche Fähigkeiten gezeigt. Nach 1819 entstanden zahlreiche Gedichte auf Spanisch, meist mit religiösen, teilweise auch politischen Inhalten. Ihr umfangreichstes Werk, ein rund 7.000-zeiliges Heldengedicht auf den mittelalterlichen König Ferdinand III. von Kastilien, stellte sie 1826 fertig. – Ihr stilles und zurückgezogenes Dasein mag M. einigermaßen zufriedengestellt haben, zumal es zwischen ihr und Ferdinand VII. an Vertrautheit und freundlichem Umgang nicht fehlte. Und dennoch: Dass sie ihrem Mann die gewünschten Nachkommen nicht schenken und die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen konnte, muss sie innerlich tief frustriert haben. Körperlich war M. seit 1819 kaum krank gewesen, und auch eine im Sommer 1822 aufgetretene depressive Störung hatte wohl keine bleibenden Folgen hinterlassen. Im Januar 1829 und, nach vorübergehender Erholung, nochmals Ende April brach jedoch eine schwere fiebrige Erkrankung aus, der M. am 17.5. nach kurzem Leiden erlag. – In Spanien hat M. als Königin wenig Bleibendes hinterlassen. Auch die Beziehungen Spaniens mit Sachsen intensivierten sich in jener Zeit kaum. Zwar wurde 1819 wieder eine sächsische Gesandtschaft in Madrid eingerichtet, die u.a. den Ankauf spanischer Gemälde für die Galerie in Dresden empfahl, doch blieben die Hoffnungen sächsischer Unternehmer auf eine Neubelebung des sächsischen Exporthandels nach Spanien und dessen Kolonien unerfüllt, da das Land bis 1824 fast seinen gesamten Kolonialbesitz verlor.
Werke A los voluntarios realistas de Madrid en el acto de entregarles la bandera y estandarte, Madrid 1824; Vida de San Fernando, Rey de Castilla y de León, en verso heróico, 1826.
Literatur Konrad Haebler, Maria Josefa Amalia. Herzogin zu Sachsen, Königin von Spanien, Dresden 1892; Wenceslao Ramírez de Villa-Urrutia, Las mujeres de Fernando VII, Madrid 1916; María José Rubio, Reinas de España. Siglos XVIII-XXI, de María Luisa Gabriela de Saboya a Letizia Ortiz, Madrid 2009; Emilio La Parra, Fernando VII. Un rey deseado y detestado, Barcelona 2018; Jörg Ludwig, Die gescheiterte Fürstin. Maria Josepha von Sachsen (1803-1829) als Königin von Spanien, in: Sächsische Heimatblätter 65/2019, H. 4, S. 357-362.
Porträt M., Johann Karl Rößler, 1819, Gemälde, Museo Provincial Santiago de Cuba (Kuba); M., Francisco Lacoma Sans, 1820, Gemälde, Museo del Prado Madrid; María Josefa Amalia de Sajonia, Detail, Luis de la Cruz y Ríos, um 1825, Öl auf Leinwand, Museo del Prado Madrid, Inventar-Nr. P003031 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; M., Vicente López Portaña, um 1828, Gemälde, Museo del Prado Madrid.
Jörg Ludwig
3.12.2021
Empfohlene Zitierweise:
Jörg Ludwig, Artikel: Maria Josepha von Sachsen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2790 [Zugriff 20.12.2024].
Maria Josepha von Sachsen
Werke A los voluntarios realistas de Madrid en el acto de entregarles la bandera y estandarte, Madrid 1824; Vida de San Fernando, Rey de Castilla y de León, en verso heróico, 1826.
Literatur Konrad Haebler, Maria Josefa Amalia. Herzogin zu Sachsen, Königin von Spanien, Dresden 1892; Wenceslao Ramírez de Villa-Urrutia, Las mujeres de Fernando VII, Madrid 1916; María José Rubio, Reinas de España. Siglos XVIII-XXI, de María Luisa Gabriela de Saboya a Letizia Ortiz, Madrid 2009; Emilio La Parra, Fernando VII. Un rey deseado y detestado, Barcelona 2018; Jörg Ludwig, Die gescheiterte Fürstin. Maria Josepha von Sachsen (1803-1829) als Königin von Spanien, in: Sächsische Heimatblätter 65/2019, H. 4, S. 357-362.
Porträt M., Johann Karl Rößler, 1819, Gemälde, Museo Provincial Santiago de Cuba (Kuba); M., Francisco Lacoma Sans, 1820, Gemälde, Museo del Prado Madrid; María Josefa Amalia de Sajonia, Detail, Luis de la Cruz y Ríos, um 1825, Öl auf Leinwand, Museo del Prado Madrid, Inventar-Nr. P003031 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz]; M., Vicente López Portaña, um 1828, Gemälde, Museo del Prado Madrid.
Jörg Ludwig
3.12.2021
Empfohlene Zitierweise:
Jörg Ludwig, Artikel: Maria Josepha von Sachsen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2790 [Zugriff 20.12.2024].