Georg Melhorn

M. wirkte als Rektor der Landesschule Schulpforta und als Superintendent in Waldenburg an der Festigung und organisatorischen Fortentwicklung des protestantischen Kirchenwesens in Kursachsen und den Schönburgischen Herrschaften mit. – Über M.s Abstammung und familiäre Verhältnisse ist nichts bekannt. Die gelegentliche Nennung von Altenberg als Geburtsort beruht auf einer Verwechslung mit seiner tatsächlichen Heimatstadt Altenburg. Obwohl sich M.s Name auch im Sommersemester 1544 in der Matrikel der Universität Leipzig findet, absolvierte er sein 1543 begonnenes Studium hauptsächlich in Wittenberg und kam dort v.a. mit Philipp Melanchthon in Berührung. Ein ihm 1549 angetragenes Rektorat in Großenhain scheint M. nur kurz übernommen zu haben. Am 11.2.1550 erwarb er in Wittenberg den Magistergrad und wurde im darauffolgenden Jahr wahrscheinlich auf Betreiben Melanchthons zum Rektor der noch jungen Landesschule Pforta berufen. Es zog ihn jedoch bereits 1552 wieder nach Wittenberg zurück, sodass sein Rektorat kaum Wirkung entfaltete. In mehreren Briefen vom November und Dezember 1552 empfahl Melanchthon M. der Stadt Augsburg als gelehrten und ehrenwerten Theologen. Die Fürsprache gestaltete sich erfolgreich, denn am 22.2.1553 wurde M. in Augsburg zum Prediger an der Barfüßerkirche ordiniert. Da sich M. von Melanchthons Vermittlungstheologie zunehmend löste und stattdessen eine strenge Abgrenzung des Luthertums forderte, blieb er dem reformiert beeinflussten kirchlichen Leben der Reichsstadt fremd. Seine schroffe Zurückweisung eines spiritualistisch-dualistischen Abendmahlsverständnisses gipfelte in einer brachialen Polemik gegen die Anhänger Kaspar von Schwenckfelds und Huldrych Zwinglis. Der v.a. schriftlich ausgetragene Richtungsstreit unter den Augsburger Theologen endete 1555 mit der Entlassung M.s. Noch im selben Jahr trat er eine Predigerstelle in Ravensburg an, doch wiederholten sich dort aufgrund des ähnlichen geistigen Milieus die Probleme mit M., sodass er auch diese Stadt im Februar 1559 wieder verließ. – Willkommen war M.s orthodoxes Luthertum in der schönburgischen Herrschaft Waldenburg, deren Besitzer Hugo I. von Schönburg M. noch im Frühjahr 1559 die neugeschaffene Superintendentur Waldenburg übertrug. Dazu waren die Kirchspiele der Herrschaften Waldenburg, Lichtenstein und Hartenstein von der bis dato einzigen schönburgischen Ephorie Glauchau abgetrennt worden. Um das Kirchenwesen der neuen Ephorie Waldenburg im Sinne des orthodoxen Luthertums zu festigen und die letzten Relikte katholischer Gebräuche zu beseitigen, hielt M. auf Befehl Hugos I. beginnend am 16.5.1559 jährliche Synoden mit den ihm unterstellten Geistlichen ab, deren Amtsführung und Bekenntnis fortan streng an der Augsburgischen Konfession geprüft wurde. Die Herrschaft Waldenburg entwickelte sich in diesem Zusammenhang zu einem Wirkungsort vieler Anhänger des für die Reinerhaltung der lutherischen Theologie kämpfenden Matthias Flacius. Den sich daraus ergebenden schweren Konflikt mit Kurfürst August von Sachsen, der 1568 u.a. Dienstentlassungen und Verhaftungen im schönburgischen Herrschaftsgebiet veranlasste, hat M. nicht mehr miterlebt, da er am 5.4.1563 starb.

Quellen Stadtarchiv Augsburg, Literaliensammlung, Melhorn-Selekt; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, II. Hauptteil, Bd. 16: Die Matrikel der Universität Leipzig, hrsg. von Georg Erler, Bd. 1, Leipzig 1895, S. 648, ebd. Bd. 2, Leipzig 1897, S. 679.

Literatur Paul Flemming, Beiträge zur Geschichte von Schulpforta in den Jahren 1548-1553, in: Festschrift zur Dreihundertfünfzigsten Jubelfeier der Königl. Sächs. Fürsten- und Landesschule Grimma, Naumburg/Saale 1900, S. 16; Fritz Heyer, Die Rektoren der Landesschule Pforta, in: Die Pforte. Zeitschrift des Pförtner-Bundes 19/1942, S. 13-16; Walter Hüttel, Zur Geschichte der Reformation im Schönburgischen, in: Herbergen der Christenheit 16/1987/1988, S. 61-75; Caroline Gritschke, ‚Via Media‘: Spiritualistische Lebenswelten und Konfessionalisierung. Das süddeutsche Schwenckfeldertum im 16. und 17. Jahrhundert, Berlin 2006, S. 269-272. – Carl Friedrich Heinrich Böttcher, Pförtner Album. Verzeichniß sämmtlicher Lehrer und Schüler der Königl. Preuß. Landesschule Pforta vom Jahre 1543 bis 1843, Leipzig 1843, S. 543; Hans Wiedemann, Augsburger Pfarrerbuch: Die evangelischen Geistlichen der Reichsstadt Augsburg 1524-1806, Nürnberg 1962, S. 29; Petra Dorfmüller, rectores portenses. Leben und Werke der Rektoren der Landesschule Pforta von 1543 bis 1935, Beucha 2006, S. 116f. (P).

Porträt Bildnis des Georg M., 1748, Schabkunst, in: Joseph Friedrich Rein, Das gesammte Augsburgische Evangelische Ministerium in Bildern und Schrifften, Augsburg 1748, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Graphische Sammlung (Paul Wolfgang Merkel'sche Familienstiftung), Inventar-Nr. MP 15776a, Kapsel-Nr. 275; M. Georg M., unbekannter Künstler, undatiert, Schabkunst, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Porträtsammlung, Inventar-Nr. PORT_00134595_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].

Michael Wetzel
19.10.2020


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Georg Melhorn,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29092 [Zugriff 20.12.2024].

Georg Melhorn



Quellen Stadtarchiv Augsburg, Literaliensammlung, Melhorn-Selekt; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, II. Hauptteil, Bd. 16: Die Matrikel der Universität Leipzig, hrsg. von Georg Erler, Bd. 1, Leipzig 1895, S. 648, ebd. Bd. 2, Leipzig 1897, S. 679.

Literatur Paul Flemming, Beiträge zur Geschichte von Schulpforta in den Jahren 1548-1553, in: Festschrift zur Dreihundertfünfzigsten Jubelfeier der Königl. Sächs. Fürsten- und Landesschule Grimma, Naumburg/Saale 1900, S. 16; Fritz Heyer, Die Rektoren der Landesschule Pforta, in: Die Pforte. Zeitschrift des Pförtner-Bundes 19/1942, S. 13-16; Walter Hüttel, Zur Geschichte der Reformation im Schönburgischen, in: Herbergen der Christenheit 16/1987/1988, S. 61-75; Caroline Gritschke, ‚Via Media‘: Spiritualistische Lebenswelten und Konfessionalisierung. Das süddeutsche Schwenckfeldertum im 16. und 17. Jahrhundert, Berlin 2006, S. 269-272. – Carl Friedrich Heinrich Böttcher, Pförtner Album. Verzeichniß sämmtlicher Lehrer und Schüler der Königl. Preuß. Landesschule Pforta vom Jahre 1543 bis 1843, Leipzig 1843, S. 543; Hans Wiedemann, Augsburger Pfarrerbuch: Die evangelischen Geistlichen der Reichsstadt Augsburg 1524-1806, Nürnberg 1962, S. 29; Petra Dorfmüller, rectores portenses. Leben und Werke der Rektoren der Landesschule Pforta von 1543 bis 1935, Beucha 2006, S. 116f. (P).

Porträt Bildnis des Georg M., 1748, Schabkunst, in: Joseph Friedrich Rein, Das gesammte Augsburgische Evangelische Ministerium in Bildern und Schrifften, Augsburg 1748, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Graphische Sammlung (Paul Wolfgang Merkel'sche Familienstiftung), Inventar-Nr. MP 15776a, Kapsel-Nr. 275; M. Georg M., unbekannter Künstler, undatiert, Schabkunst, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Porträtsammlung, Inventar-Nr. PORT_00134595_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].

Michael Wetzel
19.10.2020


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Georg Melhorn,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29092 [Zugriff 20.12.2024].