Carl Gottlieb Grote

G. definierte 1765 nicht nur erstmals den Begriff der „Forstwissenschaft“ als Fachdisziplin, er leistete mit den beiden von ihm herausgegebenen Auflagen des „Forst-Calenders“ auch einen großen Beitrag zur Unterrichtung der unteren Forstbeamten im Erzgebirge – G. stammte aus einer gut situierten Bürgerfamilie in der kleinen Residenzstadt Lichtenstein bei Zwickau im Herrschaftsbereich der Grafen zu Schönburg-Lichtenstein. 1743 zunächst als Schüler der Lateinischen Stadtschule in Chemnitz belegt, besuchte er 1747 bis 1749 ebendort das Lyzeum am Jacobikirchplatz. Am 4.10.1749 schrieb sich G. an der Universität Leipzig im Fach Medizin ein. Seine Doktorarbeit über verschiedenartige Kolik-Anfälle verteidigte G. erfolgreich am 18.1.1762 bei dem Professor der Anatomie Philipp Adolph Böhmer an der Universität Halle/Saale. Danach praktizierte G., wie schon sein Vater, in seiner Geburtsstadt Lichtenstein. Zuletzt dürfte er in Zwickau gelebt haben und dort nach 1790 verstorben sein. – Neben seiner ärztlichen Tätigkeit hat sich G. sehr intensiv für Naturstudien und für das Forstwesen interessiert. Als Ergebnis seiner seit 1757 betriebenen forstlichen Forschungen erschien 1765 in Chemnitz sein Erstlingswerk „Entwurf der Forstwissenschaft, besonders in Absicht der Tangelwaldungen“. Hier formulierte G. erstmals auch den Begriff „Forstwissenschaft“ und definierte diese als eine Fachdisziplin, die auf wissenschaftlicher Grundlage die Prinzipien ergründet, nach denen ein Forst im Blick auf einen angemessenen Holzbestand pfleglich und wirtschaftlich zu nutzen ist. In seinem ein Jahr später veröffentlichten „Verzeichniß der in Deutschland in freyer Luft wachsenden Bäume und Sträucher zur Beförderung einer anzulegenden Sammlung dieser Holzsaamen“ hat er alle Arten von Nadelbäumen („Tangelbäume“), also Kiefer, Fichte, Tanne, Lärche, Wacholder, Sadebaum, Eibe, Zypresse, Zeder, Thuja und Tamariske zusammengestellt. – G. war Ehrenmitglied der 1764 gegründeten Leipziger Ökonomischen Societät und hat sich in dieser Stellung sehr eifrig an wohltätigen Hilfen dieser Gelehrtenvereinigung für Schulen und Versorgungsanstalten beteiligt. 1773 avisierte die Gesellschaft die jährliche Fortsetzung eines 1764 erstmals aufgelegten „Forst-Calenders“ mit Zusammenstellungen der über das Jahr verteilten forstlichen Arbeiten, der große Verbreitung und gute Kritiken unter den Förstern gefunden hatte. G. wurde als Ehrenmitglied der Gesellschaft mit der Herausgabe des Kalenders beauftragt. Das Ergebnis war eine „Zweyte, viel vermehrte Auflage“, die allerdings erst zur Ostermesse 1781 in Leipzig und Frankfurt/Main auf den Markt kam. G. hat hier den wichtigsten einheimischen Baumarten jeweils ein besonderes Kapitel gewidmet sowie ein Kapitel „Von der Ausmessung und Taxirung einer Waldung“ eingefügt. An das Ende trat ein Abschnitt zur Holzverkohlung. 1793 folgte wiederum unter G.s Herausgabe eine dritte, erneut vermehrte Auflage im Auftrag der Leipziger Gesellschaft. Hier ergänzte G. forstliche Nebennutzungen, soweit sie mit einer pfleglichen Forstwirtschaft vereinbar waren. Auch das von G. eingefügte Kapitel „Von dem Dürrewerden, oder der Wurmtrockniß der Fichten“ war ihm sehr wichtig, da seit etlichen Jahren über das Dürrewerden ganzer Fichtenreviere im Harz und in Kursachsen viel diskutiert werde, wie G. die Aufnahme dieses Abschnitts begründete. – Wenn die zeitgenössischen Rezensionen gleich nach dem Erscheinen des „Entwurfs der Forstwissenschaft …“ fast einstimmig darauf zielten, dass G. schon längst bekanntes forstliches Wissen mitteile, wurde das seiner Arbeit nicht gerecht. Als „Seiteneinsteiger“ im Forstwesen hatte er den lobenswerten Versuch unternommen, die zu seiner Zeit aktuellen Erkenntnisse forstlicher Tätigkeit besonders für die Bedingungen der Nadelholzforsten seiner erzgebirgischen Heimat zusammenzustellen. Ihm ging es vorrangig um die bessere Unterrichtung der unteren Forstbeamten, die meist nur holzgerechte Jäger waren und wenig Gelegenheit hatten, sich entsprechend weiterzubilden. Diese Aufgabe übernahmen die Forstkalender, die sich zu einem kurzen, leicht fasslichen und preisgünstigen Handbuch entwickelten.

Quellen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsarchiv, Rep. 3, Nr. 489, Verzeichnis der Disputationen und Promotionen 1762-1805, Rep. 46, Nr. 4, Matrikel 1741-1767, Nr. 191 („Carolus Gottlieb G., Lichtensteina - Misnicus, Stud. med.“); Ev.-luth. St. Laurentius-Kirche Lichtenstein, Kirchenarchiv, Kirchenbuch, Nr. III, Getaufte 1641-1704, S. 630, 715, 749, Nr. IV, Getaufte 1706-1768, S. 390, Nr. 25, S. 774, Nr. 56, Nr. V, Getaufte 1769-1799, S. 2, Nr. 25; Stadtarchiv Chemnitz, Matrikelbuch Lyceum Chemnitz, Blatt 27b: G., Nr. 159/1747; Johann Georg Hager, Zuverlässige Nachricht von der gegenwärtigen Verfassung der lateinischen Stadtschule zu Chemnitz ..., Chemnitz 1755; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig, hrsg. von Georg Erler, Bd. 3, Leipzig 1909, S. 125.

Werke Dissertatio Inavgvralis Medica De Colica …, Diss. Halle 1762; Entwurf der Forstwissenschaft, besonders in Absicht der Tangelwaldungen, Chemnitz 1765, ND Remagen-Oberwinter 2017; Verzeichniß der in Deutschland in freyer Luft wachsenden Bäume und Sträucher zur Beförderung einer anzulegenden Sammlung dieser Holzsaamen, in: Neue Oekonomische Nachrichten 3/1766, S. 685-692; (Hg.), Forst-Calender, oder Verzeichniß der Verrichtungen, die einem Forstmanne in einem jeden Monate des Jahres vorzüglich obliegen, Leipzig 21781, 31793.

Literatur Bernd Bendix, Einführung, in: Carl Gottlieb G., Entwurf der Forstwissenschaft, besonders in Absicht der Tangelwaldungen, hrsg. von Bernd Bendix, Remagen-Oberwinter 2017, S. V-XXXV. – DBA I; Johann Wilhelm Sigismund Lindner (Hg.), Das gelehrte Teutschland, Bd. 10, 2. Lieferung, Lemgo 1831, S. 466.

Bernd Bendix
25.01.2021


Empfohlene Zitierweise:
Bernd Bendix, Artikel: Carl Gottlieb Grote,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29176 [Zugriff 19.11.2024].

Carl Gottlieb Grote



Quellen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsarchiv, Rep. 3, Nr. 489, Verzeichnis der Disputationen und Promotionen 1762-1805, Rep. 46, Nr. 4, Matrikel 1741-1767, Nr. 191 („Carolus Gottlieb G., Lichtensteina - Misnicus, Stud. med.“); Ev.-luth. St. Laurentius-Kirche Lichtenstein, Kirchenarchiv, Kirchenbuch, Nr. III, Getaufte 1641-1704, S. 630, 715, 749, Nr. IV, Getaufte 1706-1768, S. 390, Nr. 25, S. 774, Nr. 56, Nr. V, Getaufte 1769-1799, S. 2, Nr. 25; Stadtarchiv Chemnitz, Matrikelbuch Lyceum Chemnitz, Blatt 27b: G., Nr. 159/1747; Johann Georg Hager, Zuverlässige Nachricht von der gegenwärtigen Verfassung der lateinischen Stadtschule zu Chemnitz ..., Chemnitz 1755; Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig, hrsg. von Georg Erler, Bd. 3, Leipzig 1909, S. 125.

Werke Dissertatio Inavgvralis Medica De Colica …, Diss. Halle 1762; Entwurf der Forstwissenschaft, besonders in Absicht der Tangelwaldungen, Chemnitz 1765, ND Remagen-Oberwinter 2017; Verzeichniß der in Deutschland in freyer Luft wachsenden Bäume und Sträucher zur Beförderung einer anzulegenden Sammlung dieser Holzsaamen, in: Neue Oekonomische Nachrichten 3/1766, S. 685-692; (Hg.), Forst-Calender, oder Verzeichniß der Verrichtungen, die einem Forstmanne in einem jeden Monate des Jahres vorzüglich obliegen, Leipzig 21781, 31793.

Literatur Bernd Bendix, Einführung, in: Carl Gottlieb G., Entwurf der Forstwissenschaft, besonders in Absicht der Tangelwaldungen, hrsg. von Bernd Bendix, Remagen-Oberwinter 2017, S. V-XXXV. – DBA I; Johann Wilhelm Sigismund Lindner (Hg.), Das gelehrte Teutschland, Bd. 10, 2. Lieferung, Lemgo 1831, S. 466.

Bernd Bendix
25.01.2021


Empfohlene Zitierweise:
Bernd Bendix, Artikel: Carl Gottlieb Grote,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29176 [Zugriff 19.11.2024].