Wilhelm Steinkopf
Nach einem Jahr Chemie- und Physikstudium in Heidelberg wechselte S. 1899 an die Technische Hochschule Karlsruhe, um dort 1905 sein Studium als Diplomingenieur abzuschließen. In diesen Jahren begann die Bekanntschaft mit den Chemikern
Fritz Haber und Roland Scholl. Der Promotion folgte 1909 die Habilitation an der Technischen Hochschule Karlsruhe, deren Chemischem Institut S. bis 1914 als außerordentlicher Professor angehörte. Als Freiwilliger nahm er am Ersten Weltkrieg teil, bis ihn Fritz Haber, nunmehr Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie und Elektrochemie, 1916 nach Berlin berief. In diesem Institut wurden ausschließlich militärische Projekte für die Heeresverwaltung bearbeitet und S.s Stellung war die eines höheren Militärbeamten. Er übernahm mit der Leitung der Abteilung D die Aufgabe, chemische Kampfstoffe für den Gaskrieg zu erforschen. Gemeinsam mit dem Industriechemiker
W. Lommel entwickelte er ein großtechnisches Verfahren zur Herstellung des Gelbkreuzgases LOST (Lommel/Steinkopf), eines Kampfstoffes, der 1886 in Göttingen durch
Victor Meyer erstmals hergestellt worden war. Der Umgang mit den hochtoxischen Stoffen hatte Folgen für S.s Gesundheit, er wechselte im März 1917 in eine neu eingerichtete Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts, deren Aufgabe die Überwachung der Produktion von Gasmunition werden sollte. Zudem übernahm er erneut einen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Karlsruhe. S. galt als renommierter Wissenschaftler und als rhetorisch wie auch organisatorisch begabter Hochschullehrer. Fritz Haber wollte ihn in Berlin halten, aber S. trat im Sommer 1919 die Nachfolge des nach Freiberg berufenen Reinhold von Walther als außerordentlicher Professor für Sondergebiete der Organischen Chemie an der Technischen Hochschule Dresden an. Hier widmete er sich offiziell neben der Erforschung organischer Arsenverbindungen der Entstehung des Erdöls und dem Gebiet der Thiophen-Verbindungen.
Ab 1924 gehörte S. einem Beirat des Heereswaffenamts an, der sich mit chemischen und biologischen Kampfstoffen befasste. Allerdings blieb diese Seite seiner Tätigkeit in Dresden weitgehend unbekannt – mit einer Sonderarbeitsgruppe forschte er unter strenger Geheimhaltung. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erfuhr der auch weiterhin parteilose S., der nach wie vor als außerordentlicher Professor angestellt war, wieder mehr Aufmerksamkeit. Der Reichswehrminister forderte vom sächsischen Volksbildungsministerium eine deutliche Anerkennung von S.s Verdiensten. Zum 1.1.1935 erhielt er als ordentlicher Professor den Lehrstuhl für Organische und Organisch-Technische Chemie und die Direktion des Organisch-Chemischen Instituts an der Technischen Hochschule Dresden. Im März 1940 trat er, schwer krank, in den Ruhestand. –
S. war auch als Verfasser von Gedichten, Erzählungen und Romanen tätig.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium für Volksbildung; Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv.
Werke Mitarbeit an H. J. Houben, Methoden der organischen Chemie, Leipzig 1921; Berglieder, Karlsruhe 1924; Ingeborg von der Linde, Berlin 1925; Der Riedershofbauer, 1930; Vom wunderbaren und sonderbaren Sterben meiner liebsten Frau, [Dresden] 1932; Eckberg der Flieger, Dresden 1938; Die Chemie des Thiophens, Dresden/Leipzig 1941.
Literatur M. Szöllösi-Janze, Fritz Haber 1868-1934, München 1998; W. Mahlberg, Dr.-Ing. habil. Wilhelm S., Belegarbeit Dresden 1978 [MS, Bestand Technische Universität Dresden, Kustodie]. – DBA II (P), III; DBE 9, S. 496f.; J. C. Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 7a, Teil 4, Berlin 1961, S. 521; D. Petschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln 2003, S. 935.
Karin Fischer
21.6.2004
Empfohlene Zitierweise:
Karin Fischer, Artikel: Wilhelm Steinkopf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17726 [Zugriff 24.11.2024].
Wilhelm Steinkopf
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium für Volksbildung; Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv.
Werke Mitarbeit an H. J. Houben, Methoden der organischen Chemie, Leipzig 1921; Berglieder, Karlsruhe 1924; Ingeborg von der Linde, Berlin 1925; Der Riedershofbauer, 1930; Vom wunderbaren und sonderbaren Sterben meiner liebsten Frau, [Dresden] 1932; Eckberg der Flieger, Dresden 1938; Die Chemie des Thiophens, Dresden/Leipzig 1941.
Literatur M. Szöllösi-Janze, Fritz Haber 1868-1934, München 1998; W. Mahlberg, Dr.-Ing. habil. Wilhelm S., Belegarbeit Dresden 1978 [MS, Bestand Technische Universität Dresden, Kustodie]. – DBA II (P), III; DBE 9, S. 496f.; J. C. Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 7a, Teil 4, Berlin 1961, S. 521; D. Petschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln 2003, S. 935.
Karin Fischer
21.6.2004
Empfohlene Zitierweise:
Karin Fischer, Artikel: Wilhelm Steinkopf,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17726 [Zugriff 24.11.2024].